Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Verwirkung von Betriebskostenansprüchen des Vermieters von Gewerberäumen

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 25 O 537/07)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Der Berufungskläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.

 

Gründe

I. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entschei-dung rechtfertigen. Beides ist nicht der Fall.

1. Zu Recht und mit zutreffender Begründung geht das LG in der angefochtenen Entscheidung von der Aktivlegitimation der Klägerin und der Passivlegitimation des Beklagten aus. Der Beklagte stellt dies im zweiten Rechtszug auch nicht mehr in Frage.

2. Zu Recht geht das LG auch davon aus, dass der Beklagte insoweit an die von dem Zwangsverwalter erstellte Abrechnung "gebunden" ist, als diese einer von dem Beklagten selbst erstellten Abrechnung gleichzustellen ist. Insoweit unterscheidet sich die von einem Zwangs-verwalter erstellte Abrechnung nicht von einer Abrechnung, die z.B. eine Hausverwaltung im Auftrag eines Eigentümers erstellt und an den Mieter versandt hat.

3. Im Ergebnis zu Recht geht das LG auch davon aus, dass der Beklagte die von dem Zwangsverwalter erstellte Abrechnung nicht (mehr) berichtigen kann.

a) Entgegen der Ansicht des LG folgt dies allerdings nicht daraus, dass der Beklagte als Eigentümer an die Abrechnung, die der Zwangsverwalter während seiner Tätigkeit erteilt hat, "gebunden" ist. Die Bindungswirkung einer von einem Zwangsverwalter erstellten Abrechnung kann für den Eigentümer nicht weiter gehen als die Bindungswirkung einer von diesem selbst bzw. von einer Hausverwaltung erstellten Abrechnung.

b) Es ist deshalb zu fragen, ob der Beklagte die streitgegenständliche Abrechnung, wenn er sie selbst erstellt hätte, berichtigen könnte. Diese Frage ist zu verneinen.

aa) Folgt man Sternel (Mietrecht, 3. Aufl. 1998, III Rz. 376 ff.), so liegt in einer dem Mieter mitgeteilten Abrechnung, die ein Guthaben ausweist, ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis gem. §§ 781, 782 BGB, welches dazu führt, dass der Vermieter mit allen zur Zeit der Erklärung bekannten oder erkennbaren Einwendungen tatsächlicher oder rechtlicher Art ausgeschlossen ist. Eine gem. § 119 BGB mögliche Anfechtung wegen Irrtums scheitert vorliegend bereits daran, dass der Beklagte diese nicht unverzüglich nach Kenntnis von der Abrechnung im Oktober 2006 erklärt hat.

bb) Folgt man Langenberg (Betriebskostenrecht der Wohn- und Gewerberaummiete, 4. Aufl. 2006, VIII Rz. 183 ff.) so ist von Folgendem auszugehen:

Eine Berichtigung der Abrechnung scheitert vorliegend nicht daran, dass der Saldo der Abrechnung verbindlich geworden ist (vgl. hierzu Langenberg, a.a.O., Rz. 196). Eine solche Verbindlichkeit des Saldos kann sich entweder aus ausdrücklichen Erklärungen der Parteien oder aus einer Ausgleichung des Saldos ergeben. Vorliegend haben sich die Parteien aber weder auf eine solche Verbindlichkeit geeinigt noch wurde der sich aus der Abrechnung ergebende Saldo ausgeglichen.

Trotz fehlender Verbindlichkeit des Abrechnungssaldos ist der Beklagte vorliegend gleichwohl nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehindert, die streitgegenständliche Abrechnung zu berichtigen. Zwar ist dem Vermieter vor Verbindlichkeit des Saldos eine einseitige Korrektur der Abrechnung grundsätzlich ohne weiteres möglich. Einer Anfechtung der Abrechnung bedarf es nicht, da es sich nicht um eine Leistungsbestimmung i.S.d. § 316 BGB handelt. Kleinere Fehler kann der Vermieter mit einer ergänzenden Mitteilung beheben, bei größeren Fehlern muss der Vermieter, wenn er eine Abrechnung berichtigen will, dem Mieter eine neue Abrechnung zukommen lassen.

Diese Berichtigungsmöglichkeit besteht aber auch für den Vermieter von Gewerberaum nicht grenzenlos. Vielmehr ist auch der Vermieter von Gewerberäumen trotz Fehlens einer ausdrücklichen Vertragsbestimmung über die Abrechnung der Nebenkosten gehalten, in angemessener Frist eine Abrechnung zu erteilen. Für die gewerbliche Miete fehlt es allerdings im Gegensatz zum freifinanzierten (§ 556 BGB bzw. § 4 Abs. 1 Satz 2 MHRG) und zum preisgebundenen und öffentlich geförderten Wohnraum (§ 20 Abs. 4 Satz 2 NMVO 1970) an einer entsprechenden gesetzlichen Regelung. Müssen wie hier nach dem Vertrag Vorauszahlungen auf die Nebenkosten geleistet werden und steht wie hier die Höhe der Nebenkosten nicht von vornherein fest, so hat der Vermieter, der ebenso wie der Mieter für Klarheit über die gegenseitigen Ansprüche zu sorgen hat, die mietvertragliche Nebenpflicht, eine Abrechnung zu erteilen, aus der sich ergibt, ob der Mieter Nachzahlungen zu leisten oder Geld zurückzuerhalten hat (BGH NJW 1984, 1684). Im Interesse der Klarheit über das Bestehe...

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