Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Niederlassungsfreiheit. Dienstleistungsfreiheit. Glücksspiel. Urteil des Gerichtshofs, mit dem nationale Vorschriften über Konzessionen für die Annahme von Wetten für mit dem Unionsrecht unvereinbar erklärt wurden. Neuordnung des Systems durch eine Neuausschreibung. Unentgeltliche Gebrauchsüberlassung der im Eigentum stehenden materiellen und immateriellen Vermögensgegenstände, die die Infrastruktur der Spielverwaltung und -annahme bilden. Beschränkung. Zwingende Gründe des Allgemeininteresses. Verhältnismäßigkeit

 

Normenkette

AEUV Art. 49, 56

 

Beteiligte

Laezza

Rosanna Laezza

 

Tenor

Die Art. 49 AEUV und 56 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer einschränkenden nationalen Bestimmung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, nach der der Konzessionär verpflichtet ist, die in seinem Eigentum stehenden materiellen und immateriellen Vermögensgegenstände, die die Infrastruktur der Spielverwaltung und -annahme bilden, bei Beendigung der Tätigkeit aufgrund des Ablaufs der Konzessionsfrist einem anderen unentgeltlich zum Gebrauch zu überlassen, entgegenstehen, sofern diese Beschränkung über das hinausgeht, was zur Erreichung des mit dieser Bestimmung tatsächlich verfolgten Ziels erforderlich ist; dies zu prüfen ist Sache des vorlegenden Gerichts.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunale di Frosinone (Landesgericht Frosinone, Italien) mit Entscheidung vom 9. Juli 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 6. August 2014, in dem Strafverfahren gegen

Rosanna Laezza

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Zweiten Kammer M. Ilešič, in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Dritten Kammer, des Richters A. Arabadjiev, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin), sowie der Richter E. Jarašiūnas und C. G. Fernlund,

Generalanwalt: N. Wahl,

Kanzler: V. Giacobbo-Peyronnel, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. September 2015,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Frau R. Laezza, vertreten durch D. Agnello, R. Jacchia, A. Terranova, F. Ferraro und M. Mura, avvocati,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von P. Marrone und S. Fiorentino, avvocati dello Stato,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch J. Van Holm, L. Van den Broeck und M. Jacobs als Bevollmächtigte im Beistand von P. Vlaemminck, B. Van Vooren und R. Verbeke, advocaten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch E. Montaguti und H. Tserepa-Lacombe als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 26. November 2015

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 49 AEUV und 56 AEUV.

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Strafverfahrens gegen Frau Laezza wegen Verstoßes gegen die italienischen Vorschriften über die Annahme von Wetten.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 3

Art. 10 Abs. 9 octies und 9 novies des Gesetzesdekrets Nr. 16 über Eilbestimmungen zur Steuervereinfachung, zur Effizienzsteigerung und Verstärkung der Kontrollverfahren (decreto-legge – Disposizioni urgenti in materia di semplificazioni tributarie, di efficientamento e potenziamento delle procedure di accertamento) vom 2. März 2012 (GURI Nr. 52 vom 2. März 2012), mit Änderungen umgewandelt in Gesetz Nr. 44 vom 26. April 2012 (supplemento ordinario zur GURI Nr. 99 vom 28. April 2012) (im Folgenden: Gesetzesdekret von 2012) bestimmt:

„9 octies. Im Rahmen einer Neuordnung der Bestimmungen im Bereich des öffentlichen Glücksspiels, u. a. derjenigen auf dem Gebiet der Wetten auf sportliche Ereignisse einschließlich Pferderennen und auf andere Ereignisse, sollen die Bestimmungen des vorliegenden Absatzes diese Neuordnung durch eine erste Anpassung der Zeitpunkte, zu denen die Konzessionen für die Annahme dieser Wetten ablaufen, erleichtern, wobei der Notwendigkeit einer Anpassung der nationalen Rechtsvorschriften über die Auswahl der Personen, die im Auftrag des Staates Wetten auf sportliche Ereignisse einschließlich Pferderennen und auf andere Ereignisse annehmen, an die im Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 16. Februar 2012 in den Rechtssachen [Costa und Cifone (C-72/10 und C-77/10, EU:C:2012:80)] aufgestellten Grundsätze Rechnung zu tragen ist. Daher führt die autonome Staatsmonopolverwaltung [nunmehr Zoll- und Monopolagentur (Agenzia delle dogane e dei Monopoli, im Folgenden: ADM)] angesichts des bevorstehenden Ablaufs einer Reihe von Konzessionen für die Annahme dieser Wetten sofort und jedenfalls bis spätestens 31. Juli 2012 eine Ausschreibung zur Auswahl von Betreibern durch, die solche Wetten unter Berücksichtigung wenigstens der folgenden Voraussetzungen annehmen:

  1. Möglichkeit zur Teilnahme für Betreiber, die bereits die Tätigkeit der Annahme von Glücksspielen in einem der Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums, in dem sie...

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