Entscheidungsstichwort (Thema)

Marken. Rechtsangleichung. Richtlinie 89/104/EWG. Artikel 2. Markenformen. Zeichen, die sich grafisch darstellen lassen. Riech- oder Geruchszeichen

 

Beteiligte

Sieckmann

Ralf Sieckmann

Deutsches Patent- und Markenamt

 

Tenor

1. Artikel 2 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ist dahin auszulegen, dass ein Zeichen, das als solches nicht visuell wahrnehmbar ist, eine Marke sein kann, sofern es insbesondere mit Hilfe von Figuren, Linien oder Schriftzeichen grafisch dargestellt werden kann und die Darstellung klar, eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv ist.

2. Bei einem Riechzeichen wird den Anforderungen an die grafische Darstellung weder durch eine chemische Formel noch durch eine Beschreibung in Worten, die Hinterlegung einer Probe des Geruchs oder die Kombination dieser Elemente genügt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom deutschen Bundespatentgericht in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

Ralf Sieckmann

gegen

Deutsches Patent- und Markenamt

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 2 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1)

erlässt

DER GERICHTSHOF

unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodríguez Iglesias, der Kammerpräsidenten M. Wathelet, R. Schintgen und C. W. A. Timmermans, der Richter C. Gulmann, D. A. O. Edward, A. La Pergola und V. Skouris, der Richterinnen F. Macken (Berichterstatterin) und N. Colneric sowie des Richters J. N. Cunha Rodrigues,

Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer

Kanzler: D. Louterman-Hubeau, Abteilungsleiterin

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

  • des Patentanwalts R. Sieckmann, der sich selbst vertritt,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch R. Magrill als Bevollmächtigte im Beistand von D. Alexander, Barrister,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch K. Banks als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt W. Berg,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen von Herrn Sieckmann und der Kommission in der Sitzung vom 2. Oktober 2001,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. November 2001,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1.

Mit Beschluss vom 14. April 2000, eingegangen beim Gerichtshof am 10. Juli 2000, hat das Bundespatentgericht gemäß Artikel 234 EG zwei Fragen nach der Auslegung von Artikel 2 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1, im Folgenden: Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2.

Diese Fragen stellen sich im Rahmen einer Klage von Herrn Sieckmann gegen die Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts (im Folgenden: DPMA), mit dem dieses die Anmeldung einer Geruchsmarke (Riechmarke) für verschiedene Dienstleistungen der Klassen 35, 41 und 42 des Abkommens von Nizza vom 15. Juni 1957 über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken in seiner revidierten und geänderten Fassung zurückgewiesen hat.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsregelung

3.

Die Richtlinie hat gemäß ihrer ersten Begründungserwägung zum Zweck, die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken anzugleichen, um Unterschiede zu beseitigen, die geeignet sind, den freien Warenverkehr und den freien Dienstleistungsverkehr zu behindern und die Wettbewerbsbedingungen im Gemeinsamen Markt zu verfälschen. Ihrer dritten Begründungserwägung zufolge zielt sie nicht auf die vollständige Angleichung dieser Rechtsvorschriften ab.

4.

In der siebten Begründungserwägung der Richtlinie heißt es:

„Die Verwirklichung der mit der Angleichung verfolgten Ziele setzt voraus, dass für den Erwerb und die Aufrechterhaltung einer eingetragenen Marke in allen Mitgliedstaaten grundsätzlich gleiche Bedingungen gelten. Zu diesem Zweck sollte eine Beispielliste der Zeichen erstellt werden, die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden, und die somit eine Marke darstellen können. …”

5.

Artikel 2 der Richtlinie enthält eine beispielhafte Aufzählung von Markenformen. Er lautet:

„Marken können alle Zeichen sein, die sich grafisch darstellen lassen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen und die Form oder Aufmachung der Ware, soweit solche Zeichen geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.”

6.

Absatz 1 des Artikels 3 der Richtlinie, der die Überschrift „Eintragungshindernisse – Ungültigkeitsgründe” trägt, bestimmt:

„Folgen...

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