Entscheidungsstichwort (Thema)

Bürgschaft für mehrere Darlehensverträge. Anteilige Anrechnung auf Nettoerlös mehrerer Darlehensforderungen

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Anrechnung eines Verwertungserlöses auf mehrere Forderungen.

 

Normenkette

BGB § 366 Abs. 2

 

Verfahrensgang

OLG Hamm (Urteil vom 08.07.2002)

LG Bielefeld

 

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 31. Zivilsenats des OLG Hamm v. 8.7.2002 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens gegeneinander aufgehoben werden.

Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Beklagte.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die klagende Bank nimmt den Beklagten als Bürgen in Anspruch.

Die Klägerin gewährte der p. GmbH (im Folgenden: Hauptschuldnerin), deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Beklagte war, und einer anderen Gesellschaft am 13.6.1995 einen bis zum 31.5.1996 befristeten Kontokorrentkredit i. H. v. 1 Mio. DM. Zur Sicherung aller bestehenden und künftigen Ansprüche der Klägerin aus diesem Vertrag und der übrigen Geschäftsverbindung übernahm der Beklagte am 13.6.1995 eine selbstschuldnerische Höchstbetragsbürgschaft i. H. v. 500.000 DM. Zu demselben Zweck bestellte die Hauptschuldnerin eine Grundschuld über 500.000 DM an ihrem Betriebsgrundstück.

Am 5.7.1995 gewährte die Klägerin der Hauptschuldnerin ein Darlehen i. H. v. 344.949,56 DM, das durch Grundschulden über 1,5 Mio. DM und 1 Mio. DM sowie durch die Sicherungsübereignung von Maschinen gesichert wurde.

Durch Verträge v. 19./25.9.1995 gewährte die Klägerin der Hauptschuldnerin zwei Darlehen aus Mitteln der Kreditanstalt für Wiederaufbau i. H. v. 343.000 DM und 686.000 DM. Bestandteil dieser Verträge waren die Allgemeinen Bestimmungen für Investitionskredite - Endkreditnehmer - der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Zur Sicherung dieser Darlehensforderungen sowie sämtlicher Ansprüche der Klägerin aus der übrigen Geschäftsverbindung dienten die Grundschulden über 1,5 Mio. DM und 1 Mio. DM sowie die sicherungsübereigneten Maschinen.

Am 5./11.7.1996 schloss die Klägerin mit der Hauptschuldnerin einen weiteren Darlehensvertrag i. H. v. 390.000 DM. Zur Sicherung dieses Darlehens und sämtlicher Ansprüche der Klägerin aus der übrigen Geschäftsverbindung dienten die Sicherungsübereignung einer Isolierglaswaschmaschine und eines Rahmenbiegers. Ferner übernahm der Beklagte zur Sicherung dieses Darlehens am 11.7.1996 eine selbstschuldnerische Höchstbetragsbürgschaft i. H. v. 400.000 DM.

Außerdem gewährte die Klägerin der Hauptschuldnerin und einer anderen Gesellschaft am 5./11.7.1996, nachdem der Kontokorrentkredit v. 13.6.1995 am 31.5.1996 ausgelaufen war, einen neuen, bis zum 30.6.1997 befristeten Kontokorrentkredit i. H. v. anfänglich 1,15 Mio. DM. Zur Sicherung dieses Kredits und aller weiteren Ansprüche der Klägerin aus der übrigen Geschäftsverbindung dienten - ebenso wie zur Sicherung des Kontokorrentkredits v. 13.6.1995 - die Grundschuld i. H. v. 500.000 DM sowie die Bürgschaft des Beklagten v. 13.6.1995.

Zur Neuordnung des Kontokorrentkredits schlossen die Klägerin und die Hauptschuldnerin am 8./9.6.1998 einen Vertrag über 850.000 DM. Dieser Kredit sowie alle weiteren Ansprüche der Klägerin aus der übrigen Geschäftsverbindung wurden durch die Grundschuld über 500.000 DM, eine Globalzession und die Sicherungsübereignung des Warenlagers gesichert. Ferner übernahm der Beklagte zur Sicherung dieses Kontokorrentkredits am 9.6.1998 eine selbstschuldnerische Höchstbetragsbürgschaft i. H. v. 750.000 DM.

Nachdem der Beklagte am 15.10.1998 die Eröffnung der Gesamtvollstreckung über das Vermögen der Hauptschuldnerin beantragt hatte, kündigte die Klägerin sämtliche Kredite gegenüber der Hauptschuldnerin. Sie bezifferte ihre offenen Forderungen aus dem Darlehen v. 5.7.1995 auf 137.979,56 DM, aus den beiden Darlehen v. 19./25.9.1995 auf 235.810 DM und 686.000 DM, aus dem Darlehen v. 5./11.7.1996 auf 170.625 DM und aus dem Kontokorrentkredit auf 1.161.684,75 DM.

Im Mai 1999 verkaufte die Klägerin die sicherungsübereigneten Maschinen für 290.000 DM zzgl. 16 % Mehrwertsteuer. Der Beklagte als Liquidator der Hauptschuldnerin teilte der Klägerin am 14.7.2000 mit, der Erlös solle auf die Restforderungen aus den Darlehen v. 5.7.1995 und v. 5./11.7.1996 verrechnet werden.

Die Klägerin nimmt den Beklagten mit einer Teilklage auf Zahlung von 300.000 DM (= 153.387,56 EUR) nebst Zinsen in Anspruch. Sie stützt die Klage auf die Bürgschaft v. 13.6.1995 in Verbindung mitder Restforderung i. H. v. 137.979,56 DM aus dem Darlehen v. 5.7.1995 und auf die Bürgschaft v. 11.7.1996 in Verbindung miteinem erstrangigen Teilbetrag von 162.020,44 DM aus dem Darlehen v. 5./11.7.1996, hilfsweise auf die Bürgschaft v. 13.6.1995 in Verbindung miteinem erstrangigen Teilbetrag aus dem Darlehen v. 19./25.9.1995 über 686.000 DM. Die Vorinstanzen haben der Klage teilweise auf Grund des Hauptanspruchs und im Übrigen auf Grund des Hilfsanspruchs stattgegeben. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat im Ergebnis keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Klägerin habe gegen den Beklagten auf Grund der Bürgschaft v. 13.6.1995 in Verbindung mitden Darlehensverträgen v. 5.7.1995 und v. 19./25.9.1995 einen Anspruch auf Zahlung von 300.000 DM. Die Bürgschaft v. 13.6.1995 sichere auf Grund ihrer weiten Zweckerklärung alle Ansprüche der Klägerin aus ihrer Geschäftsverbindung mit der Hauptschuldnerin. Eine Beschränkung des Sicherungszwecks auf die Kredite v. 13.6.1995 und v. 5./11.7.1996, in denen die Bürgschaft ausdrücklich als Sicherheit genannt werde, lasse sich den Verträgen und den Umständen, unter denen sie geschlossen worden seien, nicht entnehmen.

Die Klägerin müsse sich allerdings auf die Restforderungen aus den Darlehen v. 5.7.1995 und v. 5./11.7.1996 den Erlös aus dem Verkauf der sicherungsübereigneten Maschinen anrechnen lassen. Anzusetzen sei nur der Nettoerlös, weil die Klägerin nach § 18 Abs. 8 UStG in Verbindung mit§ 51 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStDV 1993 die von der zahlungsunfähigen Hauptschuldnerin als Sicherungsgeberin für die Herausgabe des Sicherungsguts zu entrichtende Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen habe.

Die Anrechnung richte sich nach § 366 Abs. 2 BGB, weil eine wirksame Tilgungsbestimmung i. S. d. § 366 Abs. 1 BGB nicht vorliege. Die Bestimmung im Schreiben der Hauptschuldnerin v. 14.7.2000 sei nicht bei der Leistung erfolgt. Die Hauptschuldnerin selbst habe keine Leistungshandlung vorgenommen und außerdem die Bestimmung zeitlich erst nach der Verwertung erklärt. Die Darlehensverträge v. 19./25.9.1995 und die darin in Bezug genommenen Allgemeinen Bestimmungen für Investitionskredite - Endkreditnehmer - der Kreditanstalt für Wiederaufbau enthielten auch keine Tilgungsvereinbarung zu Gunsten dieser beiden Darlehen.

Der Nettoerlös i. H. v. 290.000 DM sei zunächst anteilig auf die offene Restforderung i. H. v. 170.625 DM aus dem Darlehen v. 5./11.7.1996 zu verrechnen, weil dieses im Verhältnis zu den übrigen Krediten die geringste Sicherheit biete. Der verbleibende Betrag von 119.375 DM sei auf die Restforderung aus dem Darlehen v. 5.7.1995i. H. v. 137.979,56 DM zu verrechnen, das höher als die beiden Darlehen v. 19./25.9.1995 zu verzinsen und deshalb die lästigere Schuld sei. Nur der Restbetrag von 18.604,56 DM könne der Bürgschaft v. 13.6.1995 unterlegt und auf den Hauptanspruch zuerkannt werden. Gleichwohl sei der Klage in voller Höhe stattzugeben, weil sie hilfsweise auf die Bürgschaft v. 13.6.1995 in Verbindung mitdem Darlehen v. 19./25.9.1995 gestützt werde, das noch in voller Höhe von 686.000 DM valutiere.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Die verbürgten Darlehensforderungen, die der Klage zu Grunde liegen, sind wegen der Akzessorietät der Bürgschaft selbstständige Teile des Streitgegenstandes (BGH v. 18.11.1993 - IX ZR 244/92, BGHZ 124, 164 [166] = MDR 1994, 1040; Urt. v. 5.4.1990 - IX ZR 111/89, MDR 1990, 914 = WM 1990, 969 [970]). Die teilweise Geltendmachung dieser Darlehensforderungen in einem Eventualverhältnis ist deshalb als Verfolgung eines Haupt- und eines Hilfsanspruchs anzusehen. Die Abweisung des Hauptanspruchs i. H. v. 281.395,44 DM (162.020,44 DM aus der Bürgschaft v. 11.7.1996 in Verbindung mitdem Darlehen v. 5./11.7.1996 und 119.375 DM aus der Bürgschaft v. 13.6.1995 in Verbindung mitdem Darlehen v. 5.7.1995) durch das Berufungsgericht unterliegt keiner revisionsrechtlichen Überprüfung, weil die Klägerin sie mit der Revision nicht angegriffen hat. Die Verurteilung des Beklagten auf Grund des Hauptanspruchs i. H. v. 18.604,56 DM ist rechtsfehlerhaft. Seine Verurteilung auf Grund des Hilfsanspruchs i. H. v. 281.395,44 DM ist rechtlich nicht zu beanstanden.

2. Das Berufungsgericht hat den Hauptanspruch i. H. v. 18.604,56 DM zu Unrecht als begründet angesehen.

a) Das Berufungsgericht ist allerdings rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Bürgschaft des Beklagten v. 13.6.1995 auf Grund der weiten Zweckerklärung nicht nur den Kontokorrentkredit vom selben Tag, sondern alle Ansprüche der Klägerin aus ihrer Geschäftsverbindung mit der Hauptschuldnerin sichert. Formularklauseln, die die Bürgschaft von Geschäftsführern oder Alleingesellschaftern, die für Verbindlichkeiten ihrer Gesellschaft einstehen wollen, über die Anlassforderung hinaus auf alle bestehenden Ansprüche gegen die Hauptschuldnerin erstrecken, verstoßen in aller Regel weder gegen § 3 AGBG noch gegen § 9 AGBG (BGH v. 18.5.1995 - IX ZR 108/94, BGHZ 130, 19 [30] = MDR 1996, 133; v. 28.10.1999 - IX ZR 364/97, BGHZ 143, 95 [100 f.] = MDR 2000, 342; Urt. v. 23.5.2000 - XI ZR 214/99, MDR 2000, 1143 = WM 2000, 1328 [1329], jew. m. w. N.).

Die besonderen Umstände des vorliegenden Falles rechtfertigen keine andere Beurteilung. Die Revision beruft sich ohne Erfolg auf die Finanzierungszusage der Klägerin v. 1.6.1995, die mehrere Kredite an die Hauptschuldnerin betrifft und die Bürgschaft des Beklagten als Sicherheit für den Kontokorrentkredit v. 13.6.1995 vorsieht. Dieses Schreiben bezeichnet lediglich die Sicherheiten, von deren Beibringung die Klägerin die Vergabe der Kredite abhängig machte. Es dient ersichtlich nicht der genauen Festlegung des Sicherungszwecks und bot dem Beklagten keinen Grund zu der Annahme, die Bürgschaft v. 13.6.1995 werde die bei Geschäftskrediten sonst übliche (BGH, Urt. v. 23.5.2000 - XI ZR 214/99, MDR 2000, 1143 = WM 2000, 1328 [1329]) weite Sicherungszweckerklärung nicht enthalten. Mit dieser weiten Zweckerklärung musste der Beklagte vielmehr auch deshalb rechnen, weil er am 13.6.1995 nicht nur die Bürgschaft, sondern als Geschäftsführer der Hauptschuldnerin auch den Kontokorrentkreditvertrag unterzeichnete, der ausdrücklich seine Haftung als Bürge für alle Ansprüche der Klägerin aus der gesamten Geschäftsverbindung mit der Hauptschuldnerin vorsah. In den späteren Kreditverträgen bedurfte die Bürgschaft keiner Erwähnung mehr.

b) Die Parteien haben die Haftung des Beklagten aus der Bürgschaft v. 13.6.1995, anders als die Revision meint, nicht einvernehmlich aufgehoben. Der Beklagte hat zwar am 9.6.1998 aus Anlass der Neuordnung des Kontokorrentkredits neue Bürgschaften übernommen. Diese enthalten aber keine ausdrückliche Aufhebung der Bürgschaft v. 13.6.1995. Der Annahme einer konkludenten Aufhebung, an die strenge Anforderungen zu stellen sind, steht das Gebot einer interessengerechten Auslegung entgegen (BGH, Urt. v. 15.1.2002 - X ZR 91/00, BGHReport 2002, 444 = MDR 2002, 749 = WM 2002, 822 [824]). Die Aufhebung der Bürgschaft v. 13.6.1995 widersprach ersichtlich dem Interesse der Klägerin. Das gilt besonders, da die Bürgschaften v. 9.6.1998, anders als die v. 13.6.1995, keine weiten Zweckerklärungen enthalten.

c) Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Restforderung aus dem Darlehen v. 5.7.1995, die die Klägerin der Bürgschaft v. 13.6.1995 unterlegt, sei durch die Anrechnung des Erlöses aus dem Verkauf der sicherungsübereigneten Maschinen i. H. v. 18.604,56 DM noch nicht getilgt.

aa) Die Anrechnung hat gem. § 366 Abs. 2 BGB zu erfolgen, weil weder eine Tilgungsvereinbarung noch eine wirksame Tilgungsbestimmung i. S. d. § 366 Abs. 1 BGB vorliegt.

(1) Die Klägerin und die Hauptschuldnerin haben zwar in den Darlehensverträgen v. 19./25.9.1995 die Geltung der Allgemeinen Bestimmungen für Investitionskredite - Endkreditnehmer - der Kreditanstalt für Wiederaufbau vereinbart, die in Nr. 6 Abs. 2 vorsehen, dass mit dem Erlös aus der Verwertung von Sicherheiten für Forderungen, die an die Kreditanstalt für Wiederaufbau abgetreten oder abzutreten sind, zuerst die Kreditanstalt für Wiederaufbau befriedigt wird. Diese Vereinbarung erfasst aber nicht den vorliegenden Fall, weil den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Sachvortrag der Parteien nicht zu entnehmen ist, dass die Ansprüche der Klägerin aus den Darlehensverträgen v. 19./25.9.1995 an die Kreditanstalt für Wiederaufbau abgetreten oder abzutreten waren, d. h. eine Verpflichtung der Klägerin dazu bestand.

(2) Die Tilgungsbestimmung der Hauptschuldnerin v. 14.7.2000 ist unwirksam, weil sie nicht bei der Leistung erfolgt ist (BGH v. 23.1.1999 - XI ZR 49/98, BGHZ 140, 391 [394] = MDR 1999, 701). Ob die Verwertung der Sicherheiten überhaupt als Leistung der Hauptschuldnerin angesehen werden kann, bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls ist die Tilgungswirkung entsprechend §§ 1247, 1288 Abs. 2 BGB (BGH BGHZ 58, 292 [295]) bereits mit dem Eingang des Erlöses bei der Klägerin im Mai und August 1999, d. h. elf Monate vor der Tilgungsbestimmung, eingetreten.

bb) Nach § 366 Abs. 2 BGB wurde mit dem Erlös, da alle Ansprüche der Klägerin gegen die Hauptschuldnerin fällig waren, die Schuld getilgt, die der Klägerin die geringste Sicherheit bot.

Zu berücksichtigen sind dabei allerdings unabhängig davon, ob das Berufungsgericht § 366 Abs. 2 BGB rechtsfehlerfrei angewandt hat, nur Forderungen der Klägerin, über die in den Vorinstanzen noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist. Rechtskräftig aberkannt worden sind der Klägerin durch das von ihr nicht angefochtene Berufungsurteil der aus der Bürgschaft v. 11.7.1996 in Verbindung mit dem Darlehen v. 5./11.7.1996 geltend gemachte Anspruch i. H. v. 162.020,44 DM sowie der aus der Bürgschaft v. 13.6.1995 in Verbindung mit dem Darlehen v. 5.7.1995 weiter geltend gemachte Anspruch i. H. v. 119.375 DM. Zu Gunsten des Beklagten ist deshalb davon auszugehen, dass bei der Verrechnung des Verwertungserlöses gem. § 366 Abs. 2 BGB aus dem Darlehen v. 5./11.7.1996 nur noch ein Restbetrag von 8.604,56 DM (170.625 DM - 162.020,44 DM) und aus dem Darlehen v. 5.7.1995 nur noch ein solcher von 18.604,56 DM (137.979,56 DM - 119.375 DM) zu berücksichtigen ist.

Anders als das Berufungsgericht gemeint hat, ist der Verwertungserlös gem. § 366 Abs. 2 BGB nicht auf die Restforderung aus dem Darlehen v. 5./11.7.1996 zu verrechnen, weil diese Forderung für die Klägerin die geringste Sicherheit biete. Das Berufungsgericht hat verkannt, dass das Darlehen v. 5./11.7.1996 nicht nur durch die darin genannten Sicherheiten, d. h. die Bürgschaft des Beklagten v. 11.7.1996 und die Sicherungsübereignung der Isolierglaswaschmaschine und des Rahmenbiegers, sondern auf Grund der weiten Zweckerklärungen in den Darlehensverträgen v. 13.6.1995 sowie v. 19./25.9.1995 auch durch die darin genannten Sicherheiten, nämlich durch Grundschulden i. H. v. 1,5 Mio. DM, 1 Mio. DM und 500.000 DM sowie die Sicherungsübereignung der Maschinen, gesichert war. Hinzu kommt ferner die Bürgschaft des Beklagten v. 13.6.1995, die ebenfalls eine weite Zweckerklärung enthält.

Geringere Sicherheiten bestanden für das Darlehen v. 5.7.1995 und die beiden Darlehen v. 19./25.9.1995, für die die Bürgschaft des Beklagten v. 11.7.1996 nicht haftete. Diese Schulden waren ungeachtet der unterschiedlichen vertraglichen Zinssätze gleich lästig. Nach Kündigung der Kredite kann die Klägerin nämlich nicht mehr den vereinbarten Vertragszins, sondern nur einen einheitlichen Verzugszins verlangen (BGH, Urt. v. 18.3.2003 - XI ZR 202/02, BGHReport 2003, 676 = MDR 2003, 884 = WM 2003, 922 [924], für BGHZ vorgesehen, m. w. N.). Nach dem Alter der Forderungen war der Verwertungserlös, den das Berufungsgericht bereits i. H. v. 119.375 DM auf die Restforderung i. H. v. 137.979,56 DM aus dem Darlehen v. 5.7.1995 angerechnet hat, in Höhe weiterer 18.604,56 DM auf dieses Darlehen und im Übrigen verhältnismäßig auf die beiden Darlehen v. 19./25.9.1995 anzurechnen. Das Darlehen v. 5.7.1995 ist damit vollständig getilgt und kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht in Höhe eines Teilbetrages von 18.604,56 DM der Verurteilung des Beklagten zu Grunde gelegt werden.

3. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Hilfsanspruch, d. h. die Bürgschaftsforderung in Verbindung mit dem Darlehen über 686.000 DM v. 19./25.9.1995, sei i. H. v. 281.395,44 DM begründet, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Diese Darlehensforderung besteht auch nach teilweiser Anrechnung des Verwertungserlöses noch in einer diesen Betrag übersteigenden Höhe.

a) Anrechenbar ist nur der Nettoerlös. Die Umsatzsteuer ist nicht anzurechnen, weil die Klägerin sie nicht zu ihrer Befriedigung behalten kann, sondern gem. § 18 Abs. 8 UStG i. V. m. § 51 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStDV 1993 an das Finanzamt abzuführen hat. Diese Vorschriften gelten zwar nur für die Verwertung sicherungsübereigneter Gegenstände durch den Sicherungsnehmer außerhalb eines Konkursverfahrens, während im Konkursverfahren der Sicherungsnehmer den Bruttoerlös für sich beanspruchen kann (BGH BGHZ 58, 292 [295]; Ganter in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 95 Rz. 182). Die Revision rügt jedoch zu Unrecht, das Berufungsgericht habe nicht festgestellt, dass die Verwertung außerhalb eines Konkurs- bzw. Gesamtvollstreckungsverfahrens erfolgt sei. Der Beklagte will aus der Anrechnung der Umsatzsteuer auf die gesicherte Hauptschuld deren teilweises Erlöschen herleiten. Für das Erlöschen der Hauptschuld trägt er aber als Bürge die Darlegungs- und Beweislast (BGH, Urt. v. 18.5.1995 - IX ZR 129/94, MDR 1995, 1108 = WM 1995, 1229 [1230]). Er hat weder vorgetragen, dass im Zeitpunkt der Verwertung, d. h. im Mai 1999, ein Konkurs- oder Gesamtvollstreckungsverfahren anhängig war, noch bestritten, dass die Klägerin die Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt hat. Der Antrag des Beklagten v. 15.10.1998 auf Eröffnung der Gesamtvollstreckung reicht für die Annahme, im Mai 1999 sei ein Gesamtvollstreckungsverfahren anhängig gewesen, nicht aus, zumal der Beklagte im Juli 2000 als Liquidator der Hauptschuldnerin aufgetreten ist.

b) Der Verwertungserlös i. H. v. 290.000 DM ist i. H. v. 137.979,56 DM auf das Darlehen v. 5.7.1995 und sodann im Verhältnis 1 : 2,909 auf die Darlehen v. 19./25.9.1995i. H. v. 235.810 DM und 686.000 DM anzurechnen. Auf das der Klage hilfsweise zu Grunde gelegte Darlehen i. H. v. 686.000 DM entfällt demnach ein Erlösanteil i. H. v. 113.130,58 DM, so dass es noch i. H. v. 572.869,42 DM valutiert.

III.

1. Soweit das Berufungsgericht den Hauptanspruch i. H. v. 18.604,56 DM für gegeben erachtet hat, stellt sich seine Entscheidung auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der Hauptantrag ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründet.

2. Mit der Revision des Beklagten gegen seine Verurteilung aus dem Hauptanspruch ist aber auch der Hilfsanspruch der Revisionsinstanz angefallen (BGH, Urt. v. 24.1.1990 - VIII ZR 296/88, MDR 1990, 711 = WM 1990, 890 [892]; Urt. v. 24.9.1991 - XI ZR 245/90, MDR 1992, 46 = WM 1991, 1909 [1910]). Da die dem Hilfsanspruch zu Grunde liegende Darlehensforderung - wie dargelegt - noch in ausreichender Höhe valutiert, war der Beklagte auf Grund des Hilfsanspruchs in Höhe weiterer 18.604,56 DM nebst Zinsen zu verurteilen.

IV.

Die Revision war demnach als unbegründet zurückzuweisen, ohne dass die vollständige Abweisung des Hauptanspruchs eines ausdrücklichen Ausspruchs im Urteilstenor bedurfte.

Die Kostenentscheidungen der Vorinstanzen waren von Amts wegen zu berichtigen (BGH, Urt. v. 24.11.1980 - VIII ZR 208/79, WM 1981, 46 [48]). Die Kosten waren gegeneinander aufzuheben, weil der Hauptanspruch unbegründet und der gleichwertige Hilfsanspruch aus einem anderen Lebenssachverhalt begründet ist.

Die Kosten des Revisionsverfahrens, in dem über den Hauptanspruch nur i. H. v. 18.604,56 DM zu entscheiden war, sind gem. § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 97 Abs. 1 ZPO dem Beklagten auferlegt worden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1090844

DStZ 2004, 278

BGHR 2004, 387

NJW-RR 2004, 405

EWiR 2004, 533

NZG 2004, 237

WM 2004, 121

WuB 2004, 479

WuB 2004, 525

ZIP 2004, 554

MDR 2004, 404

ZBB 2004, 60

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