Leitsatz (amtlich)

Die gesetzliche Regelung, nach der bei Eintragung von Volkseigentum in das Grundbuch der wirkliche Eigentümer sein Eigentum nach Ablauf einer Ausschlussfrist verliert, ist nicht verfassungswidrig.

 

Normenkette

EGBGB Art. 237 § 2 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Erfurt

Thüringer OLG

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 23.11.2005; Aktenzeichen 1 BvR 2558/03)

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Thüringer OLG in Jena v. 18.3.2003 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Beklagte ist alleinige Erbin nach dem am 18.12.1969 in Weimar verstorbenen P. A. L. .

Nach dessen Tod stellte das Staatliche Notariat Weimar durch Beschl. v. 17.8.1970 fest, dass - nachdem alle bekannt gewordenen Erben die Erbschaft ausgeschlagen hätten - ein anderer Erbe als die Deutsche Demokratische Republik nicht vorhanden sei. Zum Nachlass von P. A. L. zählten mehrere Grundstücke, für die am 3.10.1990 in das Grundbuch Eigentum des Volkes in Rechtsträgerschaft einer LPG eingetragen war. Am 19.6.1997 wurde das Eigentum auf Ersuchen des Präsidenten der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben auf die Klägerin umgeschrieben.

Nachdem der Beklagten am 24.3.1999 ein Erbschein erteilt worden war, wurde mit Beschluss des AG Weimar v. 8.2.2001 der das Fiskuserbrecht betreffende Beschluss des Staatlichen Notariats Weimar v. 17.8.1970 aufgehoben. Am 12.4.2001 wurde die Beklagte als Eigentümerin der Grundstücke in das Grundbuch eingetragen.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten, zur Berichtigung des Grundbuchs ihrer Eintragung als Eigentümerin der Grundstücke zuzustimmen. Sie ist der Ansicht, sie habe als Abwicklungsberechtigte gemäß Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB das Eigentum an den Grundstücken erworben. Das LG hat der Klage stattgegeben, das OLG die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer von dem OLG zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte das Ziel der Klageabweisung weiter.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Klägerin auf Berichtigung des Grundbuchs (§ 894 BGB). Sie habe als Abwicklungsberechtigte auf Grund des - auch im gegebenen Fall einer unwirksamen Fiskuserbschaft anwendbaren - Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB das Eigentum an den Grundstücken erworben. Zwar sei die Beklagte als Erbin Eigentümerin der Grundstücke gewesen, sie habe es aber versäumt, ihre Rechte in der vorgeschriebenen Form vor Ablauf der Ausschlussfrist gerichtlich geltend zu machen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB seien nicht begründet.

Dies hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.

II.

1. Das Berufungsgericht hat der Klägerin zu Recht einen Anspruch auf Grundbuchberichtigung gem. § 894 BGB zugesprochen. Das Grundbuch ist unrichtig, weil es für die im Streit befindlichen Grundstücke entgegen der tatsächlichen Rechtslage die Beklagte und nicht die Klägerin als Eigentümerin ausweist. Zwar ist die Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zunächst Alleinerbin nach P. A. L. und damit auch Eigentümerin der zum Nachlass zählenden Grundstücke geworden, sie hat ihr Eigentum jedoch mit Ablauf der Ausschlussfrist nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB an die Klägerin als Abwicklungsberechtigte verloren.

a) Die Voraussetzungen des gesetzlichen Eigentumserwerbs nach dieser Vorschrift sind erfüllt. Zwar war zum Zeitpunkt des Ablaufs der Ausschlussfrist im Grundbuch nicht Eigentum des Volkes vermerkt. Dies ist jedoch unschädlich, weil es der Anwendung des Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB nicht entgegensteht, wenn der Abwicklungsberechtigte, zu dessen Gunsten der Eigentumserwerb erfolgt, selbst als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen ist (BGH, Urt. v. 14.3.2003 - V ZR 280/02, BGHReport 2003, 721= ZOV 2003, 171). Abwicklungsberechtigte ist hier die Klägerin. Wem diese Position zukommt, bestimmt sich nach den einschlägigen Vorschriften insbesondere des Vermögenszuordnungsgesetzes (Busche in MünchKomm/BGB, 3. Aufl., Art. 237 § 2 EGBGB Rz. 14). Die Klägerin ist als Tochtergesellschaft der - nach § 1 Abs. 6 TreuhG, §§ 3, 4 3. DVO z. TreuhG zuständigen (Busche, RVI, §§ 1 TreuhG Rz. 53, 23a TreuhG Rz. 4) - Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben von dieser mit der Verwaltung und Verwertung ehemals volkseigener landwirtschaftlicher Nutzflächen beauftragt (vgl. Pressemitteilung des BMF v. 20.3.2003, VIZ 2003, 322). Ihr konnte mithin nach § 7 Abs. 5 VZOG das Eigentum für die hier umstrittenen Flächen zugeordnet werden (BGH, Beschl. v. 27.3.2003 - V ZB 1/03, MDR 2003, 924 = BGHReport 2003, 931 = WM 2003, 1955), was nach den in den Tatsacheninstanzen getroffenen Feststellungen auch geschehen ist.

b) Die Beklagte hat die Buchposition der Klägerin bis zum Ablauf der Ausschlussfrist am 30.9.1998 nicht durch Klage oder einen Antrag auf Eintragung eines Widerspruchs angegriffen. Entgegen der Ansicht der Revision ist eine Ausnahme von der Ausschlussfrist zu Gunsten der Beklagten unter keinem Gesichtspunkt gerechtfertigt.

aa) Der Senat hat bereits die Aufhebung eines Beschlusses betreffend das Fiskuserbrecht vor dem 30.9.1998 als nicht ausreichend zur Fristwahrung angesehen (BGH, Urt. v. 14.3.2003 - V ZR 280/02, BGHReport 2003, 721= ZOV 2003, 171). Vorliegend kann nichts Anderes gelten, zumal diese Maßnahme - ebenso wie die Erteilung des Erbscheins zu Gunsten der Beklagten - hier sogar erst nach Ablauf der Ausschlussfrist erfolgt ist.

bb) Der von der Revision angesprochene Widerspruch zwischen der Ausschlussfrist und einem etwaigen Restitutionsanspruch nach dem Vermögensgesetz besteht nicht, vielmehr sind insoweit die Rechte der Beklagten durch Art. 237 § 2 Abs. 4 S. 2 EGBGB gewahrt. Hätte die Beklagte einen Anspruch nach dem Vermögensgesetz angemeldet und wäre dieses Verfahren noch nicht beendet, so wäre auf Grund der genannten Vorschrift der Ablauf der Ausschlussfrist gehemmt. Für eine solche Ablaufhemmung lässt sich indessen auch den Ausführungen der Revision, die lediglich auf einen etwa gestellten Restitutionsantrag hinweisen kann, nichts entnehmen.

cc) Die gesetzlich geregelte Ausschlussfrist bedarf auch nicht etwa zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes einer Verlängerung über den 30.9.1998 hinaus. Zwar durfte die Beklagte auf Grund der Senatsrechtsprechung (BGH v. 29.3.1996 - V ZR 326/94, BGHZ 132, 245 = MDR 1996, 1112; v. 11.7.1997 - V ZR 313/95, BGHZ 136, 228 = MDR 1997, 916) davon ausgehen, dass eine Ersitzung von Volkseigentum jedenfalls nicht vor dem 1.1.2006 drohte. Das Vertrauen auf eine ungefährdete Eigentümerposition war aber spätestens mit Verkündung des Wohnraummodernisierungssicherungsgesetzes am 23.7.1997 gegenstandlos geworden, das seither eine Heilung von Fehlern beim Erwerb zu Volkseigentum unter ersitzungsähnlichen Bedingungen ermöglicht. Dass der Beklagten im Anschluss daran zur Wahrung ihrer Rechte nur noch wenig mehr als ein Jahr Zeit verblieb, erscheint nicht unverhältnismäßig, wenn im Blick behalten wird, dass sie auch nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland auf Grund der unklaren Rechtslage keine gesicherte und damit uneingeschränkt schützenswerte Rechtsposition erlangen konnte (vgl. BVerfG v. 3.7.1998 - 1 BvR 13/98, WM 1998, 1631 [1633] für den Bestandsschutz nach Art. 237 § 1 Abs. 1 EGBGB).

dd) Schließlich steht auch der Gesetzeszweck der Herbeiführung insbesondere von Rechtssicherheit der Anwendung der Ausschlussfrist im vorliegenden Fall nicht entgegen. Entscheidet sich der Gesetzgeber wie hier für eine Ausschlussfrist, so verwirklicht sich das Ziel der Rechtssicherheit in zeitlicher Hinsicht mit deren Ablauf. Dass die Beklagte als frühere Eigentümerin trotz des zwischenzeitlichen Fristablaufs ihre Eintragung als Eigentümerin in das Grundbuch erreichen konnte, bleibt demnach ohne Bedeutung. Anders liegen die Dinge selbstredend vor Ablauf der Ausschlussfrist; war am 30.9.1998 der tatsächliche Eigentümer - auch wenn er als Dritter auf Grund eines wirksamen Zwischenerwerbs Eigentum erlangt hatte (BGH, Urt. v. 14.3.2003 - V ZR 280/02, BGHReport 2003, 721= ZOV 2003, 171) - eingetragen, so fehlt es an den Voraussetzungen des Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB und im Übrigen wegen der bereits geklärten Rechtslage auch an einem Regelungsbedarf hinsichtlich der Eigentumszuordnung.

2. Die von der Revision vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Erwerbstatbestands aus Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB teilt der Senat nicht. Obwohl die Bestimmung entscheidungserheblich ist, kommt daher eine Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG nicht in Betracht.

a) Entgegen der Ansicht der Revision ist Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB nicht wegen Missachtung des Initiativrechts insbesondere des Bundesrates aus Art. 76 Abs. 1 GG formell verfassungswidrig.

aa) Zu Recht weist die Revision allerdings darauf hin, dass den Fachausschüssen des Bundestages kein Gesetzesinitiativrecht zukommt. Sie dürfen daher eine ihnen zur Beratung zugewiesene Gesetzesvorlage nicht in einer Weise umgestalten, die auf ein faktisches Initiativrecht hinausläuft und eine Beschneidung der in Art. 76 Abs. 1 GG geregelten Initiativrechte zur Folge hat (BonnerKomm-GG/Schmidt-Jorzig/Schürmann, Stand: November 1996, Art. 76 Rz. 133; BVerfG BVerfGE 72, 175 [189]; v. 7.12.1999 - 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297 [307] = FR 2000, 48 für den Vermittlungsausschluss nach Art. 77 Abs. 2 GG). Zwar stellt es keine Verletzung, sondern lediglich eine sachliche Beschränkung des Initiativrechts dar, wenn eine Gesetzesvorlage nach den Ausschussberatungen nur in wesentlich veränderter Form in das Plenum gelangt (BVerfG BVerfGE 1, 144 [155]). Das weit reichende Umgestaltungsrecht der Fachausschüsse findet seine Grenze aber in Änderungen, die zu einer "Denaturierung" der Gesetzesvorlage führen (BonnerKomm-GG/Schmidt-Jorzig/Schürmann, Stand: November 1996, Art. 76 Rz. 99; Bryde, JZ 1998, 115 [117]), weil diese in sachlicher und inhaltlicher Hinsicht nicht einmal mehr in ihren Grundzügen erhalten geblieben ist (BonnerKomm-GG/Schmidt-Jorzig/ Schürmann, Stand: November 1996, Art. 76 Rz. 99). Danach ist entscheidend, dass die Regelungsidee des Initianten gewahrt wird. Seine thematische Vorgabe, mithin die von dem Initianten als regelungsbedürftig eingeschätze Materie, darf nicht angetastet werden (BonnerKomm-GG/Schmidt-Jorzig/Schürmann, Stand: November 1996, Art. 76 Rz. 100).

bb) Die damit gezogene Grenze wurde jedoch - entgegen der Ansicht der Revision - während des Gesetzgebungsverfahrens, das zum Erlass des Wohnraummodernisierungssicherungsgesetzes (WoModSiG) und in dessen Rahmen auch zur Einstellung des Art. 237 § 2 Abs. 2 in das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche führte, noch eingehalten.

(1) Träger der Gesetzesinitiative war der Bundesrat, der gemäß Art. 76 Abs. 1 GG den Entwurf eines Nutzerschutzgesetzes einbrachte. Der nach diesem Entwurf zu regelnde Sachbereich betraf Nachbesserungen auf dem Gebiet des Investitions- und Eigentumsrechts der neuen Bundesländer. Es sollten die Situation der Nutzer von Immobilien und die Investitionsmöglichkeiten auf anmeldebelasteten Grundstücken (vgl. § 3 Abs. 3 VermG) verbessert und durch Einfügung einer Heilungsvorschrift auch Schutz vor den Folgen zivilrechtlich unwirksamer oder zumindest zweifelhafter Handlungen insbesondere staatlicher Organe der DDR gewährt werden (Entwurfsbegründung, BT-Drucks. 13/2022, 8, 14 f.). Die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, an den der Entwurf nach der ersten Lesung im Bundestag überwiesen worden war, lautete dahin, den Gesetzentwurf des Bundesrates - nicht hingegen die von der Revision weiter angeführte Gesetzesvorlage der PDS - i. d. F. des Wohnraummodernisierungssicherungsgesetzes anzunehmen (Beschlussempfehlung, BT-Drucks. 13/7275, 4). Auch dieser Gesetzentwurf in der Ausschussfassung war nachfolgend Gegenstand der zweiten und dritten Lesung des Bundestages, wurde in der Schlussabstimmung angenommen und schließlich - mit Änderungen nach Anrufung des Vermittlungsausschusses - vom Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates als Wohnraummodernisierungssicherungsgesetz v. 17.7.1997 beschlossen. Nach Auffassung der Mehrheit der Abgeordneten im Rechtsausschuss waren zwar Regelungen zu Gunsten der Nutzer von Grundstücken in den neuen Bundesländern entbehrlich, weil deren Interessen durch die geltenden Vorschriften hinreichend Rechnung getragen sei. Gleichwohl wurden aber Neuregelungen im Bereich des Investitions- und Eigentumsrechts für notwendig gehalten, um insbesondere Schwierigkeiten bei der Modernisierung von Wohnraum auf anmeldebelasteten Grundstücken und Probleme im Zusammenhang mit zivilrechtlichen Mängeln bei der Überführung in Volkseigentum einer Lösung zuzuführen (Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 13/7275, 17, 21, 35). Danach ist im Zuge der Beratungen des Rechtsausschusses zwar die Absicht einer Verbesserung der Situation der Nutzer von Immobilien im Beitrittsgebiet aufgegeben worden, der zu regelnde Sachbereich hat gleichwohl gegenüber dem Entwurf eines Nutzerschutzgesetzes keine entscheidende Veränderung erfahren. Weiterhin wird die Materie des Investitions- und Eigentumsrechts in den neuen Bundesländern speziell auf den Sachgebieten der Aufwendungen zur Modernisierung von Wohnraum bzw. der Heilung zivilrechtlicher Mängel geregelt, wobei der Verzicht auf das Ziel des Nutzerschutzes lediglich zu inhaltlich weniger weit reichenden Vorschriften führte. So wurden die nach dem Entwurf für ein Nutzerschutzgesetz ohne inhaltliche Grenzen zulässigen Modernisierungen auf Fälle beschränkt, in denen der Anmelder das Objekt trotz entsprechenden Angebots nicht zurücknimmt, und für Modernisierungen im Erstattungsweg wurde eine betragsmäßige Obergrenze vorgesehen (Schmidt-Räntsch, VIZ 1997, 449 f.). Für die Heilung zivilrechtlicher Mängel wurde die umfassende - allein an dem Vertrauen auf den Bestand des Erwerbs in der DDR orientierte - Vorschrift des Entwurfs für ein Nutzerschutzgesetz (dort Art. 3 Nr. 2 lit. c, BT-Drucks. 13/2022) durch eine weniger weit gehende zweistufige Regelung in Form eines Bestandsschutzes mit Ausschlussfrist (Art. 2 Abs. 1 Nr. 3u. Abs. 2 Nr. 3 der Ausschussfassung, BT-Drucks. 13/7275, später unter Erweiterung des Bestandsschutzes als Art. 237 § 1 und § 2 EGBGB Gesetz geworden) ersetzt (Schmidt-Räntsch, VIZ 1997, 449 [452]).

cc) Überdies würden die Veränderungen des Gesetzentwurfes des Bundesrates selbst dann nicht zur Nichtigkeit des Wohnraummodernisierungssicherungsgesetzes führen, wenn sie einen Mangel des Gesetzgebungsverfahrens begründen könnten. Im Unterschied zu inhaltlichen Fehlern ist ein Gesetz bei Verfahrensverstößen mit Rücksicht auf die Rechtssicherheit nur bei einem evidenten Mangel nichtig (BVerfG BVerfGE 34, 9 [25]; v. 11.10.1994 - 1 BvR 337/92, BVerfGE 91, 148 [175]). An der Evidenz fehlt es aber im vorliegenden Fall, weil sich die hier aufgeworfene Frage einer etwaigen Denaturierung der Gesetzesvorlage nur nach eingehender Prüfung des Gesetzgebungsverfahrens beantworten lässt.

b) Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB verstößt auch nicht seinem Inhalt nach gegen die Verfassung (Busche in MünchKomm/BGB, 3. Aufl., Art. 237 EGBGB Rz. 20 f.; a. A. Horst, DtZ 1997, 183 [185 f.]).

aa) Die Vorschrift steht insbesondere mit Art. 14 Abs. 1 GG in Einklang. Bei Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB handelt es sich nicht um eine Enteignung, sondern um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums i. S. d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG. Die Regelung stellt im Unterschied zur Enteignung, nicht auf die zukünftige Verwendung eines Objekts ab, sondern auf die tatsächliche und rechtliche Beziehung zu ihm (vgl. BVerfG v. 3.7.1998 - 1 BvR 13/98, WM 1998, 1631 [1632] für den Bestandsschutz nach Art. 237 § 1 Abs. 1 EGBGB). Die im Vergleich zur Bestandsschutzregelung des Art. 237 § 1 Abs. 1 EGBGB (vgl. zu deren Verfassungsmäßigkeit in Fällen zivilrechtlich fehlerhaften Ankaufs zu Volkseigentum BVerfG v. 3.7.1998 - 1 BvR 13/98, WM 1998, 1631 [1632 f.]; BGH, Urt. v. 10.10.1997 - V ZR 80/96, MDR 1998, 210 = WM 1998, 81 [82 f.]) weniger einschneidende Ausschlussfrist ist als Inhalts- und Schrankenbestimmung durch besonders gewichtige Gründe des öffentlichen Interesses gerechtfertigt und genügt auch im Übrigen den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit. Es soll für die Fälle des faktischen Übergangs in Volkseigentum für Grundbuchklarheit, Rechtssicherheit und Rechtsfrieden gesorgt werden (BGH, Urt. v. 14.3.2003 - V ZR 280/02, BGHReport 2003, 721= ZOV 2003, 171 [172]). Zur Erreichung dieser im besonderen öffentlichen Interesse liegenden Zwecke ist die Vorschrift geeignet, erforderlich und - mit Blick auf die bereits erwähnte ungesicherte Rechtsposition - den früheren Eigentümern auch zumutbar (BVerfG v. 3.7.1998 - 1 BvR 13/98, WM 1998, 1631 [1633]).

bb) Ebensowenig wird der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) durch Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB verletzt. Dem geregelten Sachbereich entspricht weder eine vergleichbare Rechtslage in den alten Bundesländern, noch war der Gesetzgeber durch das Fehlen sachlicher Gründe gehindert, die Regelung auf den aktuellen Bestand der noch offenen Rechtsbeziehungen zu beschränken (BVerfG v. 3.7.1998 - 1 BvR 13/98, WM 1998, 1631 [1633]; BGH, Urt. v. 10.10.1997 - V ZR 80/96, MDR 1998, 210 = WM 1998, 81 [82 f.]).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1070876

BGHR 2004, 145

FamRZ 2004, 192

VIZ 2004, 128

WM 2004, 1343

ZfIR 2004, 266

MDR 2004, 326

NJ 2004, 268

NJ 2006, 144

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