Verfahrensgang

OLG München (Entscheidung vom 25.07.2002)

 

Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 25. Juli 2002 wird zurückgewiesen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 125.266,51 EUR.

 

Tatbestand

Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist nach Auffassung des Senats nicht veranlaßt.

 

Entscheidungsgründe

Das Landgericht B. hat eine Sache, in der ein Realkreditvertrag zur Finanzierung des Kaufpreises einer Eigentumswohnung aufgrund einer Haustürsituation abgeschlossen worden sein soll, ohne Aufklärung des Sachverhalts dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften mit Beschluß vom 29. Juli 2003 (WM 2003, 1609 ff.) vorgelegt. Seiner Ansicht nach gebietet der in der Haustürgeschäfterichtlinie verankerte Grundsatz der Effektivität des Verbraucherschutzes eine richtlinienkonforme Auslegung des § 3 Abs. 1 HWiG dahingehend, daß der Darlehensnehmer die kreditgebende Bank generell auf etwaige Ansprüche gegen den Wohnungskäufer verweisen kann. Dem ist nicht zu folgen.

Art. 7 der Richtlinie 85/577 EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (ABl Nr. L 372/31 vom 31. Dezember 1985, „Haustürgeschäfterichtlinie”) überläßt die Regelung der Rechtsfolgen des Widerrufs ausdrücklich dem „einzelstaatlichen Recht, insbesondere bezüglich der Rückerstattung von Zahlungen für Waren oder Dienstleistungen und der Rückgabe empfangener Waren”. Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in seinem „H.-Urteil” (WM 2001, 2434, 2437) in Kenntnis der Rückabwicklungsprobleme im Zusammenhang mit verbundenen Geschäften unter Nr. 35 mit folgenden Worten hervorgehoben: „Für alle Fälle sei hinzugefügt, daß zwar ein Kreditvertrag wie der im Ausgangsverfahren fragliche somit unter die Haustürgeschäfterichtlinie fällt, sich die Folgen eines gemäß dieser Richtlinie erfolgten etwaigen Widerrufs dieses Vertrages für den Kaufvertrag über die Immobilie und die Bestellung des Grundpfandrechts aber nach nationalem Recht richten.” Dies legt den Schluß nahe, daß der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften – auch unter Beachtung der praktischen Wirksamkeit der Richtlinie (effet utile) – nicht verlangt, daß der Darlehensnehmer die direkt an den Wohnungsverkäufer ausgezahlte Darlehensvaluta im Falle eines Widerrufs des Darlehensvertrages nach der Haustürgeschäfterichtlinie nicht zurückzahlen muß, sondern er die kreditgebende Bank auf etwaige Ansprüche gegen den Wohnungsverkäufer verweisen kann. Hinzu kommt, daß die Haustürgeschäfterichtlinie keinerlei Vorschriften über verbundene Geschäfte enthält, sondern in Art. 3 Abs. 2 a bestimmt, daß sie für Verträge über den Kauf von Immobilien nicht gilt. Die Richtlinie 87/102 EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten über den Verbraucherkredit (ABl Nr. L 42/48 vom 12. Februar 1987, „Verbraucherkreditrichtlinie”) regelt in Art. 2 Abs. 1 a in gleicher Weise, daß sie auf Kreditverträge nicht anwendbar ist, die hauptsächlich zum Erwerb von Eigentumsrechten an einem Grundstück bestimmt sind. Angesichts dessen erscheint es aus Sicht des Senats ausgeschlossen, daß der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zu dem Ergebnis gelangen könnte, nach einem wirksamen Widerruf des Darlehensvertrages sei der finanzierte Wohnungskaufvertrag auch bei Nichtvorliegen eines verbundenen Geschäfts in die Rückabwicklung einzubeziehen.

Dessen ungeachtet wäre es nach deutschem Recht, dem die Haustürgeschäfterichtlinie die Regelung der Rechtsfolgen eines Widerrufs explizit überläßt, auch nicht möglich, eine abweichende Ansicht des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften im Wege richtlinienkonformer Auslegung umzusetzen. Nach der eindeutigen Regelung des § 3 Abs. 1 HWiG haben die Vertragsparteien nach einem Widerruf „die empfangenen Leistungen zurückzugewähren”. Diese Rechtsfolge tritt nach geltendem Recht nur dann nicht ein, wenn der Kreditnehmer die Darlehenssumme durch Zahlung der finanzierenden Bank an den Wohnungsverkäufer nicht empfangen hat oder wenn Darlehens- und Wohnungskaufvertrag nach dem erkennbaren Willen der Vertragsparteien verbundene Geschäfte sind. Davon kann im vorliegenden Streitfall aus den im Berufungsurteil dargelegten Gründen nicht ausgegangen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2835601

DB 2003, 2644

BauR 2004, 386

EWiR 2003, 1195

WM 2003, 2186

WuB 2004, 249

ZIP 2003, 2064

ZfIR 2004, 152

ZGS 2003, 475

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