Entscheidungsstichwort (Thema)

Medienfonds. Fehlerhafte Anlageberatung. Empfehlung zur Beteiligung an Medienfonds. Rückvergütung. Aufklärung über Innenprovision. Aufklärungspflicht über Rückvergütung. Vertrieb von Medienfonds durch Bank

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Aufklärungspflicht einer beratenden Bank über erhaltene Rückvergütungen bei dem Vertrieb von Medienfonds (Fortführung von BGHZ 170, 226 [234 f.] Tz. 22 f.).

 

Normenkette

BGB § 276

 

Verfahrensgang

OLG Naumburg (Urteil vom 10.10.2007; Aktenzeichen 2 U 96/07)

LG Magdeburg (Entscheidung vom 19.06.2007; Aktenzeichen 11 O 165/07)

 

Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des 2. Zivilsenats des OLG Naumburg vom 10.10.2007 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 41.150 EUR.

 

Gründe

I.

[1] Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung in Anspruch.

[2] Dem Kläger wurde von einem Mitarbeiter der Beklagten in einem Beratungsgespräch, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist, empfohlen, sich an dem von der C. Beteiligungsgesellschaft mbH (im Folgenden: C.) herausgegebenen Medienfonds C. Fonds Nr. (im Folgenden: Fonds) zu beteiligen. Aufgrund dieser Empfehlung beteiligte sich der Kläger am 22.5.2001 mit einer Kommanditeinlage i.H.v. 50.000 EUR nebst 5 % Agio an dem Fonds. Nachdem dieser in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, veräußerte der Kläger seinen Fondsanteil für 11.350 EUR.

[3] Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von 41.500 EUR nebst Zinsen in Anspruch. Zur Begründung hat er u.a. unter Berufung auf das Senatsurteil vom 19.12.2006 (BGHZ 170, 226 ff.) vorgetragen, der Mitarbeiter der Beklagten habe ihn anlässlich des Beratungsgesprächs nicht darüber aufgeklärt, dass das Agio, das nach dem Prospekt an die C. zu zahlen war, aufgrund einer Vermittlungsvereinbarung in voller Höhe als Rückvergütung an die Beklagte zurückgeflossen sei und zusätzlich noch weitere Provisionen an die Beklagte gezahlt worden seien.

[4] Das LG hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt: Zur Aufklärung über die Innenprovision sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, weil diese weniger als 15 % ausgemacht habe (vgl. BGH, Urt. v. 22.3.2007 - III ZR 218/06, Rz. 9).

[5] Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde, mit der er insb. einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG geltend macht, weil das Berufungsgericht seinen Vortrag zu verdeckt geflossenen Rückvergütungen völlig außer Acht gelassen habe.

II.

[6] Das angefochtene Urteil ist gemäß aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen mündlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

[7] 1. Das angegriffene Urteil verletzt den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör aus .

[8] a) verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (, 249; 65, 293, 295 f.; 70, 288, 293; 83, 24, 35; BVerfG NJW-RR 2001, 1006 [1007]). Ein Verstoß gegen setzt dabei eine gewisse Evidenz der Gehörsverletzung voraus, das heißt, im Einzelfall müssen besondere Umstände vorliegen, die deutlich ergeben, dass das Vorbringen der Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen worden ist (, 274; 79, 51, 61; 86, 133, 146; 96, 205, 216 f.;).

[9] b) Nach diesen Maßstäben ist hier verletzt.

[10] aa) Der Kläger hat in der Berufungsbegründung (GA II 143 ff.) konkrete Ausführungen zu einer Rückvergütungsvereinbarung zwischen der C. und der Beklagten betreffend das nach dem Prospekt vom Kläger an die C. zu zahlende Agio gemacht und dabei auf das Senatsurteil vom 19.12.2006 (BGHZ 170, 226 [234 f.] Tz. 22 f.) verwiesen. Das Berufungsgericht hat sich jedoch mit keinem Wort mit diesem Vortrag befasst, sondern unter Berufung auf das Urteil des III. Zivilsenats des BGH vom 22.3.2007 (III ZR 218/06, WM 2007, 873, 874 Tz. 9) lediglich in einem Satz ausgeführt, zu einer Aufklärung über die Innenprovision sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, weil die Provision weniger als 15 % ausgemacht habe. Behandelt hat das Berufungsgericht damit lediglich die Informationspflicht aus einem Anlagevermittlungs- und Auskunftsvertrag. Zwischen den Parteien ist aber, wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat und beide Parteien übereinstimmend vorgetragen haben, nicht lediglich ein Anlagevermittlungs- und Auskunftsvertrag, sondern ein Beratungsvertrag zustande gekommen, der zu einer Aufklärung über Rückvergütungen entsprechend den Grundsätzen des Senatsurteils vom 19.12.2006 (BGHZ 170, 226 [234 f.] Tz. 23) verpflichtet. Dass das Berufungsgericht diese vom Kläger breit dargestellte Sach- und Rechtslage völlig übergangen hat, lässt sich nach den Umständen des Falles nur damit erklären, dass es das Vorbringen des Klägers bei seiner Entscheidung überhaupt nicht erwogen hat.

[11] bb) Der Gehörsverstoß des Berufungsgerichts ist auch entscheidungserheblich.

[12] (1) Zutreffend ist die Ansicht der Beschwerdebegründung, dass das genannte Senatsurteil (BGHZ 170, 226 [234 f.] Tz. 23) auch auf den Vertrieb von Medienfonds durch eine Bank anwendbar ist. Bei der Offenlegung von Rückvergütungen geht es um die Frage, ob eine Gefährdungssituation für den Kunden geschaffen wird. Deshalb ist es geboten, den Kunden über etwaige Rückvergütungen aufzuklären und zwar unabhängig von der Rückvergütungshöhe. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Berater Aktienfonds oder Medienfonds vertreibt. Der aufklärungspflichtige Interessenkonflikt ist in beiden Fällen gleich. Der Senat hat zwar § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a.F. im Zusammenhang mit der Pflicht zur Vermeidung eines Interessenkonflikts angeführt (BGHZ 170, 226, 234 Tz. 23), seine Ausführungen zum Interessenkonflikt aber nicht auf den Anwendungsbereich des WpHG beschränkt. In § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a.F. ist lediglich der auch zivilrechtlich allgemein anerkannte Grundsatz der Vermeidung von vertragswidrigen Interessenkonflikten aufsichtsrechtlich für den Bereich des Wertpapierhandels normiert worden (vgl. KK-WpHG/Möllers § 31 Rz. 23 m.w.N.; auch Palandt/Sprau, BGB, 68. Aufl., § 654 Rz. 4).

[13] (2) Aufgrund des Beratungsvertrags war die Beklagte verpflichtet, den Kläger darüber aufzuklären, dass sie von der C. für die Vermittlung der Fondsanteile das Agio in voller Höhe bekam. Für die Berater der Beklagten bestand danach ein ganz erheblicher Anreiz, Anlegern gerade eine Fondsbeteiligung der C. zu empfehlen. Darüber und den damit verbundenen Interessenkonflikt musste die Beklagte den Kläger im Rahmen des Beratungsgesprächs informieren, um ihn in die Lage zu versetzen, das Umsatzinteresse der Beklagten einschätzen und beurteilen zu können, ob die Beklagte und ihr Berater die Fondsbeteiligung nur deshalb empfahlen, weil sie selbst daran verdienten (vgl. BGH BGHZ 170, 226 [234 f.] Tz. 23). Das gilt vorliegend umso mehr, als der Interessenkonflikt noch dadurch gesteigert wurde, dass die Beklagte für die Übernahme einer Platzierungsgarantie eine Vergütung von weiteren 3 % des Kommanditkapitals erhielt und für ihre Gebietsfilialen, die die für sie festgelegten Platzierungsquoten zu 100 % erfüllten, von der C. eine zusätzliche Vermittlungsgebühr von 100.000 EUR gezahlt wurde. Durch dieses gesteigerte Anreizsystem bestand eine erhöhte Gefahr, dass die im Kundeninteresse zu erfolgende anleger- und objektgerechte Beratung nicht oder nur unzureichend vorgenommen wurde.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2124025

BB 2009, 459

DB 2009, 844

DStR 2009, 649

NJW 2009, 1416

BGHR 2009, 500

EBE/BGH 2009

EWiR 2009, 193

JR 2010, 118

NZG 2009, 354

WM 2009, 405

WuB 2009, 375

ZIP 2009, 455

ZfIR 2009, 318

MDR 2009, 507

VersR 2009, 690

VuR 2009, 176

BKR 2009, 126

GWR 2009, 15

ZBB 2009, 136

Kreditwesen 2009, 695

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