Entscheidungsstichwort (Thema)

Altenpflegeausbildung. Ausbildungsumlage. Sonderabgabe. Gruppenverantwortung. Gewerberecht einschl. der beruflichen Bildung (ohne Erwachsenenbildungsrechts)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die gem. § 25 Abs. 2 ThürAltPflG i. d. F. v. 16.8.93 erhobene Ausbildungsumlage stellt eine Sonderabgabe dar, die die vom Bundesverfassungsgericht an deren Rechtmäßigkeit gestellte Anforderungen nicht erfüllt.

2. Die Ausbildung nach dem ThürAltPflG dient in erster Linie dem Interesse der Allgemeinheit an der ordnungsgemäßen Versorgung älterer und pflegebedürftiger Menschen und der Qualitätssicherung in diesem Bereich der Gesundheitsvorsorge.

 

Normenkette

GG Art. 2-3, 20, 100; ThürAltPflG i.d.F. v. 16.08.1993 §§ 3-4, 25, 31

 

Tenor

1. Das Verfahren wird ausgesetzt.

2. Das Verfahren wird gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung der Frage vorgelegt, ob § 25 Abs. 2 des Thüringer Gesetzes über die Berufe in der Altenpflege vom 16.08.1993 (ThürGVBl. 1993, S. 490) mit Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG unvereinbar und damit verfassungswidrig ist.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger wendet sich gegen eine von dem Beklagten erhobene Ausbildungs-Umlageforderung.

Der Kläger betreibt ein Alten- und Pflegeheim in F_____. Mit Bescheid vom 13.06.1997 – zugestellt am 24.06.1997 – forderte der Beklagte den Kläger auf der Grundlage des § 25 Abs. 2 Thüringer Altenpflegegesetz v. 16.08.1993 (ThürAltPflG) i.V.m. § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Erstattung der Ausbildungsvergütung nach § 25 Thür AltPflG v. 22.11.1994 – geändert durch Verordnung vom 10.04.1997 – (ErstattungsVO) zur Zahlung der Jahresumlage zur Finanzierung der Ausbildungsvergütung für die Berufsgruppen Altenpfleger und Altenpflegehelfer in Höhe von 32.101 DM auf. Grundlage der Bemessung ist gem. § 1 Abs. 2 ErstattungsVO die Zahl der belegten Heimplätze.

Gegen den Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom 18.07.1997 Widerspruch.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 25.09.1998, zugegangen am 30.09.1998, zurück.

Zur Begründung führte er die Berechnung der von dem Kläger geforderten Ausbildungsumlage an. Der durch die Umlage zu finanzierende Gesamtbetrag von 11.924.242 DM wurde multipliziert mit der Zahl der in der Einrichtung des Klägers belegten Plätze (38) und der Zahl der Monate des Abrechnungszeitraumes (12 Monate). Das sich ergebende Produkt wurde geteilt durch das Produkt der Gesamtzahl der in Thüringen belegten Plätze und der Zahl der Monate des Abrechnungszeitraumes.

Eine Rechtsverletzung des Klägers sei auszuschließen, da gemäß § 25 Abs. 3 ThürAltPflG eine Refinanzierung der Umlagekosten vorgesehen sei.

Mit Schriftsatz vom 30.10.1998, eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung macht der Kläger die Unvereinbarkeit des § 25 Abs. 2 ThürAltPflG i.V.m. § 1 Abs. 2 der ErstattungsVO mit höherrangigem Recht geltend.

Die Ausbildungsumlage sei als Sonderabgabe im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu qualifizieren. Die Regelung genüge nicht den Anforderungen, die an eine rechtmäßige Sonderabgabe zu stellen seien.

Bei den Abgabeverpflichteten handele es sich nicht um eine homogene Gruppe, die aufgrund einer gemeinsamen Interessenlage verbunden sei. Nur ein Teil der Einrichtungen, die von der Altenpflegeausbildung profitierten, sei durch die Regelung des § 25 Abs.1, 2 ThürAltPflG belastet. Es fehle an der Identität des Kreises der Belasteten mit dem Kreis der Begünstigten.

Begünstigt würden sämtliche, nach § 4 Abs. 2, 6 Abs. 1 ThürAltPflG anerkannte Ausbildungsträger. Auch Einrichtungen, die nicht zur Zahlung der Umlage herangezogen würden, profitierten von der Ausbildung, namentlich Krankenhäuser mit psychiatrischen und geriatrischen Abteilungen.

Die Allgemeinheit habe unmittelbar einen Nutzen durch die Ausbildung. Dies werde auch aus der Einführung der Pflegeversicherung deutlich. Es sei der gesetzgeberische Wille erkennbar, dass die Kosten, die durch die Zunahme pflegebedürftiger alter Menschen entstünden, auf die Allgemeinheit der Pflegeversicherten umgelegt werden.

Eine Refinanzierung sei deshalb jedenfalls nicht vollständig möglich, weil Art. 49b Pflegeversicherungsgesetz eine Deckelung der Pflegeentgelte vorschreibe. Der Deckelungsbetrag werde bereits durch den notwendigen Ausgleich der Sachkosten erreicht, die Ausbildungsumlage könne insoweit nicht abgefangen werden. Das Risiko der fehlenden Finanzierbarkeit liege bei den Umlageverpflichteten.

Der Heranziehungsbescheid sei im Übrigen nicht ausreichend begründet und daher nichtig.

Der Kläger beantragt,

den Heranziehungsbescheid vom 13.06.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.09.1998 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

Zur Begründung führt der Beklagte aus, dass es sich bei der Umlage auch seiner Ansicht nach um eine Sonderabgabe nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts handele, die Anforderung an deren Rechtmäßigkeit seien jedoch erfüllt.

Die zur Umlage herangezogenen E...

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