Leitsatz (amtlich)

Bei einer vorformulierten strafbewehrten Unterlassungserklärung kann es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen des Unterlassungsgläubigers handeln.

Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn die in allgemeinen Geschäftsbedingungen geforderte Vertragsstrafe unter Berücksichtigung der maßgeblichen Faktoren (Schwere und Ausmaß der Zuwiderhandlung, Gefährlichkeit, Verschulden, Pauschalierung des zu erwartenden Schadens) ohne jegliche Differenzierung außergewöhnlich hoch ist.

 

Verfahrensgang

LG Erfurt (Entscheidung vom 21.07.2011; Aktenzeichen 3 O 1738/10)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 13.11.2013; Aktenzeichen I ZR 77/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 21.07.2011, Az. 3 O 1738/10, abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits insgesamt zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Der Kläger macht gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe geltend. Die Beklagte firmierte unter der Bezeichnung "Eigentum H " mit Sitz in W . Sie wurde wegen der Verwendung des Bestandteils "H " in ihrer Firmenbezeichnung vom Kläger abgemahnt (Anlage K 1) und gab daraufhin die der Abmahnung beigefügte Unterlassungserklärung ab (Anlage K 3). Die Beklagte firmierte in der Folgezeit im Einverständnis des Klägers um in "Eigentum H ". Der Kläger recherchierte später, dass die Beklagte unter ihrer alten Firma noch in öffentlichen Fernsprech- bzw. Branchenregistern im Internet aufzufinden war. Er machte daraufhin eine Vertragsstrafe von EUR 50.000,00 geltend, von denen er im hiesigen gerichtlichen Verfahren EUR 25.000,00 einklagt.

Der Kläger hat geltend gemacht, die Vertragsstrafevereinbarung sei wirksam und die Vertragsstrafe durch schuldhaftes Handeln verwirkt.

Die Beklagte hat vorgetragen, die Vertragsstrafenvereinbarung sei unwirksam. Außerdem habe sie solche Einträge nie aktiv veranlasst. Entsprechende Daten seien aus anderen öffentlichen Verzeichnissen ohne ihr Zutun übernommen worden. Daher fehle es am erforderlichen Verschulden. Zudem sei die geltend gemachte Vertragsstrafe überhöht.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes erster Instanz wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Sie beantragt,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet, weil dem Kläger kein Anspruch auf eine Vertragsstrafe (§ 339 Satz 2 BGB) zusteht.

1.

Die zwischen den Parteien geschlossene Vertragsstrafevereinbarung ist nach dem auch im kaufmännischen Verkehr anwendbaren § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. §§ 305 ff. BGB sind auch auf Unterlassungsverträge mit Vertragsstrafeversprechen anwendbar (BGH WRP 1993, 240 - Fortsetzungszusammenhang).

Bei der Vereinbarung, die Grundlage des geltend gemachten Vertragsstrafeanspruchs ist, handelt es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung des Klägers.

Die Unterlassungserklärung ist vom Kläger vorformuliert worden. Sie ist auch von diesem gestellt worden und inhaltlich nicht etwa zur individuell aushandelbaren Disposition der Beklagten gestellt worden. Dies ergibt sich bereits aus der Abmahnung des Klägers, die der Abgabe der Unterlassungserklärung vorausging. Dort führt der Kläger aus: "Wir fordern Sie auf, die anliegende Unterlassungserklärung bis spätestens 23.02.2006 vollständig unterzeichnet zurückzusenden. (...) Wir weisen darauf hin, dass nur die Abgabe der beigefügten Erklärung die Wiederholungsgefahr beseitigt (...)". Damit hat der Kläger, ohne Raum für eine andere Beurteilung und ohne, dass die Beklagte diese Forderung hinterfragen musste, zu erkennen gegeben, dass er eine andere Unterlassungserklärung, insbesondere auch eine niedrigere als die vorformulierte Vertragsstrafe nicht akzeptiert und nicht für ausreichend er-achtet.

Die Unterlassungserklärung ist auch ganz offensichtlich für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert. Dies ergibt sich, abgesehen von dem zugunsten der Beklagten anwendbaren Anscheinsbeweis (Palandt/Grüneberg § 305 BGB Rn. 22) bereits daraus, dass die Unterlassungserklärung jedenfalls auch für die Fälle vorformuliert worden war, in denen Dritte die Wort-/Bildmarke des Klägers benutzt haben (so auch BGH NJW 2009, 3717, 3718). Die Unterlassungserklärung ist also keinesfalls auf den individuellen Verletzungsfall durch die Beklagte zugeschnitten gewesen.

Handelt es sich also bei der Vertragsstrafenvereinbarung um all...

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