Leitsatz (amtlich)

1. Zur Unverfallbarkeit einer Anwartschaft in einer Lebensversicherung, die der Arbeitgeber zugunsten eines Arbeitnehmers abschließt.

2. Die Tätigkeit bei einer ZBO kann auf die spätere Tätigkeit in einer GmbH angerechnet werden, wenn der Betrieb nach der Wende in dieser Rechtsform fortgeführt wurde.

3. Zur Anwendung des § 30 GmbHG bei Verpflichtungen aus dem Beschäftigungsvertrag.

 

Normenkette

BGB § 613a; GesO § 10 Abs. 1; BetrAVG § 1; GmbHG § 30

 

Verfahrensgang

LG Gera (Aktenzeichen 3 O 1011/99)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 22.04.2004; Aktenzeichen IX ZR 370/00)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Gera vom 24.11.1999–3 O 1011/99, wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer des Klägers beträgt 14.632,92 DM.

 

Tatbestand

(abgekürzt gem. § 543 Abs. 1 ZPO)

Mit der Klage verlangt der Kläger als Gesamtvollstreckungsverwalter von dem Beklagten nach Überleitung einer Kapitallebensversicherung aus einer Gruppenversicherung zur Sicherstellung der betrieblichen Altersversorgung die Rückerstattung des Rückkaufswertes. Die Gemeinschuldnerin war im Jahre 1990 im Wege einer Neugründung aus der … entstanden. Der Beklagte war in der ZBO seit 1977 als Bauleiter tätig. Diese Stellung hatte er nach Neugründung auch weiterhin bei der Gemeinschuldnerin, am Stammkapital der Gemeinschuldnerin von 50.000 DM war er mit 15,8 % beteiligt.

Die Gemeinschuldnerin hatte im Jahre 1992 zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung für ihre Arbeitnehmer in Gestalt einer Gruppenversicherung Lebensversicherungen abgeschlossen. Nach Ausscheiden des Beklagten überließ sie dem Beklagten im März 1997 den Anspruch auf die Versicherungsleistung. Er hat die Versicherung inzwischen gekündigt und den Rückkaufswert zur teilweisen Tilgung einer für die Gemeinschuldnerin eingegangenen Bürgschaftsverpflichtung verwandt.

Der Kläger ist der Auffassung, die Gemeinschuldnerin habe dem Beklagten die Rechtsstellung aus dem Versicherungsvertrag überlassen, ohne dazu verpflichtet zu sein. Er nimmt den Beklagten im Wege der Anfechtungsklage und aus § 30 GmbHG auf Rückzahlung zur Konkursmasse in Anspruch. Das LG hat die Klage abgewiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

Eine Anfechtung gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 GesO scheidet schon deshalb aus, weil die Gemeinschuldnerin verpflichtet war, dem Beklagten die Rechtsstellung des Versicherungsnehmers zu überlassen. Ihr war gesetzlich verboten, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Bezugsrecht aus der Lebensversicherung zu widerrufen, sie musste dem Beklagten deshalb gemäß den beiderseits akzeptierten Allgemeinen Bestimmungen für den Firmengruppenversicherungsvertrag (Ziff. V Nr. 4) die Rechtsstellung des Versicherungsnehmers übertragen.

Die durch den Abschluss der Direktversicherung begründete Anwartschaft auf Leistungen der Versicherung war unverfallbar i.S.v. § 1 Abs. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974 (BGBl., S. 3610) – BetrAVG. Ein Widerruf war schon deshalb nicht möglich.

Die Vorschriften der §§ 125 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974 sind am 1.1.1992 im Beitrittsgebiet mit der Maßgabe in Kraft getreten, dass §§ 1–18 auf die nach dem 31.12.1991 erteilten Zusagen Anwendung finden (Einigungsvertrag, Anl. I, Kap. VIII Nr. 16). Die Zusage erfolgte im Jahre 1992.

Gemäß § 1 Abs. 1 BetrAVG tritt Unverfallbarkeit ein, sofern der Arbeitnehmer mindestens das 35. Lebensjahr vollendet hat und entweder die Versorgungszusage für ihn mindestens zehn Jahre bestanden hat oder der Beginn der Betriebszugehörigkeit mindestens zwölf Jahre zurückliegt und die Versorgungszusage für ihn mindestens drei Jahre bestanden hat.

Die 2. Alt. ist vorliegend erfüllt, weil die Vorzeiten des Beklagten bei der … anzurechnen sind.

Nach der Rechtsprechung des BAG (Entscheidung vom 8.2.1983, abgedruckt in AP Nr. 35 zu § 613a) sind gem. § 613a BGB für die Erreichung der Unverfallbarkeit bei einem Betriebsinhaberwechsel die Beschäftigungszeiten beim Veräußerer und beim Erwerber zusammenzurechnen, selbst wenn der Betriebsveräußerer keine Versorgungszusage erteilt hatte. Auch für die spätere Versorgungszusage des Betriebserwerbers seien die Dienstjahre bei dem Betriebsveräußerer mitzuzählen, weil das Arbeitsverhältnis durch den Betriebsinhaberwechsel nicht unterbrochen werde. Dem hat sich das Sächsische LAG in einer Entscheidung vom 13.7.1999 angeschlossen (Urt. v. 13.7.1999 – 5 Sa 988/98, zusammenfassend wiedergegeben in NJ 1999, 613 f.). Der Senat sieht keine Veranlassung, von dieser arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen.

Für die Anwendung des § 613a BGB reicht es selbst aus, wenn auch nur ein Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber übergeht. Ein Betriebsübergang durch ein Rechtsgeschäft liegt auch dann vor, wenn nach der Wiedervereinigung ein Betrieb einer zwischenbetrieblichen Organisation durch...

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