Leitsatz (amtlich)

1. Discountbroker unterliegen nur deutlich reduzierten Aufklärungspflichten, die sie in der Regel bereits durch Übermittlung standardisierter Informationen bei Aufnahme der Geschäftsbeziehungen erfüllen. Ein Anleger, der seiner Bank in Kenntnis der fehlenden Aufklärungsfähigkeit ohne ein gesondertes Aufklärungsbegehren eine gezielte Order erteilt, erklärt konkludent, dass er nicht aufklärungsbedürftig sei.

2. Credit Linked Notes (CLN's) stellen eine Kombination aus einer Anleihe und einem oder mehreren Kreditderivaten - in der Regel Credit Default Swaps (CDS) dar. Es handelt sich damit zwar um ein strukturiertes, kreditbezogenes Anlageinstrument, im Grundsatz bleibt es jedoch eine Anleihe.

3. Die Kurzbezeichnung "DZ Bank AG Deut. Zentral-Gen. COBOLD 62 Em. 3922 von 05 (10)" ohne ausdrücklichen Hinweis auf die genaue Variante bzw. den genauen Anleihetyp (CLN) stellt keine Pflichtver-letzung der Online-Bank dar. Die nicht gebräuchliche Bezeichnung "COBOLD" in der vorgenannten Kurzbezeichnung muss für den Anleger Anlass genug sein, ggf. weitere Produktinformationen bei Beratern oder beim Emittenten selbst einzuholen.

4. Die AGB-Haftungsreduzierung auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit in den Produktbezogenen Geschäftsbedingungen für das "Direct Brokerage" ist wirksam.

 

Normenkette

HGB §§ 383, § 383 ff., § 384 Abs. 2; WpHG § 31 Abs. 2 Nr. 2; BGB § 280

 

Verfahrensgang

LG Itzehoe (Urteil vom 22.12.2011; Aktenzeichen 10 O 159/10)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin vom 16.1.2012 gegen das am 22.12.2011 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des LG Itzehoe wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsrechtszuges.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die angefochtene Entscheidung ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die beklagte Direktbank wegen erlittener Verluste aus einer Anlage in sog. "Cobold 62" -Wertpapiere auf Schadensersatz in Anspruch.

Die Klägerin ist seit 1981 Mitarbeiterin der A-bank AG in Berlin. Nach einer in den Jahren 1996/97 absolvierten Bankausbildung war sie zunächst in der Buchhaltung und anschließend seit 2001 im Bereich "bankinterne Konten" und EDV tätig. Die Klägerin verfügt u.a. aus Schenkungen und Erbschaften über nicht unerhebliches Vermögen von mindestens 500 T EUR, das sie in der Vergangenheit hauptsächlich in Euro-Staatsanleihen und Anleihen deutscher Banken angelegt hat. Bei ihrer Arbeitgeberin, der A.-bank AG, erwirbt sie seit etwa 20 Jahren verzinsliche Bankanleihen.

Am 8.6.2003 eröffnete die Klägerin ein Wertpapierdepot bei der Beklagten.

In dem Depoteröffnungsantrag für das "Direct Brokerage" befand sich u.a. ein Einstufungsbogen zu Anlagestrategien und Wertpapierkenntnissen bzw. -erfahrungen. Die Klägerin stufte sich selbst in die Kenntnisstufe "C" von insgesamt sechs Kenntnisstufen (A - F) ein. Die Kenntnisstufe "C" umfasst die Anlage in Euro-Anleihen und Rentenfonds mit einer "moderat konservativen" Anlagestrategie.

In dem Depoteröffnungsantrag heißt es weiter:

"Die. bank AG führt Wertpapieraufträge ihrer Kunden lediglich aus. ("Execution only"). Die. bank AG bietet keine Anlageberatung an. Sofern die. bank AG dem Kunden über die Aufklärungspflichten des WpHG hinausreichende Informationen (Marktkommentare, Charts, Analysen usw.) zur Verfügung stellt ist dies keine Anlageberatung, sondern soll dem Kunden lediglich die selbständige Anlageentscheidung erleichtern."

Bei der Depoteröffnung am 8.6.2003 erhielt die Klägerin die Broschüre "Basisinformationen für Wertpapiervermögensanlagen" ausgehändigt. Diese lauten auszugsweise wie folgt:

"Neben den klassischen Anleihe-Sonderformen in der Gestalt von Wandel- und Optionsanleihen sowie den verschiedenen Ausprägungen innovativer, strukturierter Anleihen, wie sie Aktienanleihen und Anleihen mit indexorientierter Verzinsung darstellen, haben in jüngerer Zeit u.a. verschiedene Varianten "synthetischer" Anleihen Bedeutung erlangt. [...] Das größte Risiko synthetischer Anleihen [...] besteht in der Intransparenz der hinter der Anleihe stehenden Konstruktion. Diese hat unmittelbare Auswirkungen auf die Rück- und/oder Zinszahlungsverpflichtung der Emittentin und kann im Ergebnis zum Totalverlust des von Ihnen eingesetzten Kapitals führen. [...] Sie sollten sich daher vor dem Erwerb einer derartigen synthetischen Anleihe unbedingt mit den jeweiligen Verkaufsprospekten und Emissionsbedingungen intensiv auseinandersetzen, da die Wahrscheinlichkeit von Verlusten sehr hoch sein kann."

Auf der Internetseite der Beklagten, auf welcher diese Informationen zu Wertpapieren zur Verfügung stellt, wird auf deren spezielle Nutzungsbedingungen hingewiesen, die mit einem Klick auf die entsprechende Schaltfläche abgerufen werden können. Diese Nutzungsbedingungen lauten auszugsweise wie folgt:

"Deutsche Wertpapier-Kurse und Fonds-Preise werden von der Deutsche Börse AG, Wertpapier-Mitteilungen und den Fondsgesellschaften, andere Kursinformationen von IDC ComStock durch die Interactive D. M. S. AG zu...

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