Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, wann eine gemeinsame Betriebsstätte von Versicherten i.S.d. § 106 Abs. 3 SGB VII vorliegt.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 22.11.2012; Aktenzeichen 3 O 353/11)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das am 22.11.2012 verkündete Urteil des LG Saarbrücken - 3 O 353/11 - wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, es sei denn, der Beklagte leistet zuvor Sicherheit in gleicher Höhe.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Der Kläger nimmt den Beklagten wegen eines Unfalls vom 23.3.2011, bei dem er schwer verletzt wurde, auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz sowie auf Feststellung seiner Ersatzpflicht für künftige Schäden in Anspruch.

Am Unfalltag belud der Beklagte als Mitarbeiter der gesondert in Anspruch genommenen, zwischenzeitlich in Insolvenz befindlichen Firma pp. den von dem Kläger gefahrenen Lkw der Spedition G. mittels eines Gabelstaplers der Fa. L.. Dabei fuhr er das Ladegut an den auf einer Seite geöffneten Lkw heran, der Lkw-Fahrer warf den an der gegenüberliegenden Wand befestigten Spanngurt für die Ladesicherung über die Paletten und der Gabelstaplerfahrer hob dann die Ladung in den Lkw hinein. Während er anschließend neue Ladung holte, spannte der Lkw-Fahrer üblicherweise die Gurte.

Zu dem Unfall kam es deshalb, weil der Beklagte, als die Ladung beim Hochfahren instabil wurde und der Gabelstapler nach vorne zu kippen drohte, bei dem Versuch, die Ladung schnell wieder abzusetzen, fälschlicherweise das linke Fußpedal drückte und damit eine schnelle Rückwärtsfahrt des Gabelstaplers einleitete. Dabei wurde der Kläger gegen die rückwärtige Wand gedrückt und lebensgefährlich verletzt.

Durch das angefochtene Urteil vom 22.11.2012 (GA 285 ff.), auf dessen tatsächliche und rechtliche Feststellungen vollumfänglich gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das LG die Klage mit der Begründung abgewiesen, dem Kläger stünden gegen den Beklagten aufgrund des Haftungsprivilegs der §§ 106 Abs. 3, 3. Alt., 104, 105 SGB VII keine Ansprüche zu, da die Parteien vorübergehend auf einer gemeinsamen Betriebsstätte tätig gewesen seien.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzlich erfolglos gebliebenes Klagebegehren weiter. Zu Unrecht habe das LG angenommen, dass die Haftung des Beklagten nach §§ 106 Abs. 3, Alt. 3, 105 Abs. 1 S. 1 SGB VII ausgeschlossen sei, denn es sei aufgrund unvollständiger und damit fehlerhafter Tatsachenfeststellung zu der Überzeugung gelangt, dass die Parteien bei dem Ladevorgang zusammenwirken. Tatsächlich habe der Beklagte den Lkw selbständig und ohne irgendeine Mitwirkung des Klägers beladen. Soweit der Kläger für die Sicherung der Ladung gesorgt habe, sei diese Tätigkeit unabhängig von dem Ladevorgang in Abwesenheit des Beklagten erfolgt. Es liege also auch keine "Gefahrengemeinschaft", die für die Annahme einer gemeinsamen Betriebsstätte erforderlich sei, vor.

Der Kläger beantragt (GA 319, 320/327, 328, 394), unter Abänderung des Urteils des LG Saarbrücken vom 22.11.2012 - 3 O 353/11 - den Beklagten zu verurteilen,

1. an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, das mindestens 50.000 EUR betragen sollte, zzgl. Zinsen hieraus i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.12.2011,

2. an ihn für den Zeitraum Mai 2011 bis September 2012 36.952 EUR brutto abzgl. des erhaltenen Verletztengeldes für den gleichen Zeitraum i.H.v. 24.234,49 EUR netto zu zahlen, zzgl. 5 %-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 12.9.2012,

3. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm alle zukünftig entstehenden Schäden aus dem Unfallereignis vom 23.3.2011 auf dem Betriebsgelände der Fa. pp. in ... zu ersetzen, soweit sie nicht gesetzlich auf den Träger der Sozialversicherung oder sonstige Dritte übergegangen sind,

4. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 3.612,84 EUR zu zahlen zzgl. Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.5.2012,

5. den Beklagten zu verurteilen, an ihn ab September 2012 monatlich zum 30. eines jeden Monats 2.173,68 EUR brutto minus Erwerbsunfähigkeitsrente i.H.v. 129,47 EUR netto zu zahlen.

Der Beklagte beantragt (GA 318, 394), die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines früheren Vorbringens.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf die Sitzungsniederschrift vom 26.3.2014 (GA 393 - 398) sowie auf den nicht nachgelassenen Schriftsatz des Beklagten vom 30.3.2014 (GA 399 ff.) Bezug genommen.

Die Ermittlungsakte 26 Js (07) 701/11 der Staatsanwaltschaft Saarbrücken war Gegenst...

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