Verfahrensgang

LG S. (Urteil vom 30.09.2011; Aktenzeichen 12 148/10)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 30.9.2011 verkündete Urteil des LG S. - 12 O 148/10 - wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in derselben leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird festgesetzt auf 115.421,65 EUR.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten unter dem Gesichtspunkt der Arglistanfechtung um Ansprüche aus einem Rentenversicherungsvertrag und einem Lebensversicherungsvertrag. Beide Verträge hatte der verstorbene Ehemann der Klägerin, Herr M. K., mit der Beklagten geschlossen.

Im Rentenversicherungsvertrag (Versicherungsschein Nr., Bl. 37 d.A.) war für den Todesfall eine anfängliche Todesfallleistung von 80.000 EUR vereinbart, gemäß der Garantiewerttabelle betrug sie 76.921,65 EUR für den Zeitraum 1.2.2009 bis 1.2.2010. Als Bezugsberechtigte des Vertrags war die Klägerin benannt. Dem Rentenversicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten für die aufgeschobene R.-Rentenversicherung mit flexibler Todesfallleistung, Version 6U04, Stand 1.1.2008, zugrunde (im Folgenden AVB Rente, Bl. 44 d.A.).

Der Versicherungsnehmer stellte den Rentenversicherungsantrag am 25.1.2008. Das Antragsformular wurde ausgefüllt vom Zeugen J. (Betriebsstättenleiter der Bankfiliale B.) im Beisein des Zeugen B. (Versicherungsvertreter der Beklagten). Im Antragsformular waren Gesundheitsfragen gestellt (Bl. 126 d.A.). Die Frage zu Nr. 9 nach operativen Eingriffen war bejaht, erläuternd war unter Nr. 18 eingetragen: "Schilddrüsen-Operation, OP durchgeführt, 3 Tg in 10/04, Krankenh. K., Prof. Dr. K." (Bl. 76 d.A.; tatsächlich erfolgte die Operation im Oktober 2005, Bl. 94 d.A.). Die Frage Nr. 12 nach Krankheiten, Gesundheits- bzw. Funktionsstörungen oder Beschwerden "des Herzens, der Kreislauforgane oder der Gefäße (denken Sie auch an Bluthochdruck [...])" (Nr. 12a) oder "des Magens, des Darms, der Leber [...]" (Nr. 12c) wurde verneint, die Frage Nr. 13 nach ärztlichen Beratungen oder Untersuchungen innerhalb der letzten fünf Jahre - ohne Erläuterung - bejaht. Die Antwort "nein" war dann wieder angekreuzt bei der Frage 14 nach durchgeführten, verordneten oder empfohlenen Behandlungen, der Frage Nr. 15 nach der Erhebung von Laborwerten, der Frage Nr. 16 nach der Besprechung einzelner Laborwerte mit dem Arzt sowie der Frage Nr. 17 nach der Einnahme von Medikamenten.

Dem Antragsformular war ein "Hinweis auf die Rechtsfolgen der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht" beigefügt (Bl. 78 d.A.):

"Bestandteil des Antrags sind einige Fragen an die zu versichernde Person. Versicherungsnehmer und zu versichernde Person sind für die korrekte Beantwortung verantwortlich. Die Antworten sind Grundlage für die weitere Bearbeitung des Antrags und werden Bestandteil des Versicherungsvertrags.

Wichtig für uns ist die Angabe aller Ihnen bekannten Gefahrumstände, die unsere Entscheidung beeinflussen können, den Vertrag mit dem gewünschten Inhalt abzuschließen. Anzugeben sind auch Umstände, die möglicherweise für Sie keine oder nur eine geringe Bedeutung haben.

Bitte lesen Sie die Fragen sorgfältig und beantworten Sie diese wahrheitsgemäß und vollständig. Dazu sind Sie verpflichtet (vorvertragliche Anzeigepflicht).

Eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht berechtigt uns, vom Vertrag zurückzutreten. [...].

Bei arglistiger Täuschung über einen Anzeigeumstand können wir den Versicherungsvertrag auch anfechten. [...].

Bevor Sie unterschreiben, kontrollieren Sie bitte nochmals, ob alle Fragen vollständig und korrekt beantwortet sind, insbesondere wenn Ihnen eine andere Person beim Ausfüllen des Antrags geholfen hat."

Darunter war - abgesetzt und mit fett gedruckter Überschrift -eine "Entbindung von der Schweigepflicht für den Todesfall" vorformuliert:

"Im Falle meines Todes ermächtige ich Ärzte, Krankenhäuser und sonstige Krankenanstalten, Pflegeheime, bei denen ich in Behandlung oder Pflege war oder sein werde, Pflegepersonen, andere Personenversicherer und gesetzliche Krankenversicherer sowie Berufsgenossenschaften und Behörden auf Verlangen der Gesellschaft Auskunft über meine Gesundheitsverhältnisse vor meinem Tod, insbesondere über die Todesursache oder die Krankheiten, die zum Tode geführt haben, zu erteilen. Insoweit entbinde ich alle, die hiernach befragt werden, von der Schweigepflicht über meinen Tod hinaus."

Die Beklagte stellte in einem dem Versicherungsnehmer persönlich übersandten Formular "Ergänzungserklärung allgemein" Nachfragen (Bl. 129 d.A.) mit dem vorangestellten Bezug "Diagnose laut Antrag: Schilddrüsenoperation". Darunter heißt es:

"Bitte jede Frage beantworten! Detaillierte Angaben ersparen ggf. weitere Rückfragen. Bei diesem Fragebogen...

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