Leitsatz (amtlich)

Ein Nichtabhilfebeschluss in einem Verfahren, das die Ablehnung eines Richters zum Gegenstand hat, ist aufzuheben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen, wenn der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden ist. Dies ist dann der Fall, wenn der Nichtabhilfebeschluss nicht hinreichend erkennen lässt, dass das Erstgericht das Beschwerdevorbringen zur Kenntnis genommen und sich damit auseinander gesetzt hat.

 

Verfahrensgang

AG Lebach (Beschluss vom 21.12.2009; Aktenzeichen 2 F 340/09 UEUK)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Kläger wird der Nichtabhilfebeschluss des AG - FamG - Lebach vom 21.12.2009 - 2 F 340/09 UEUK - aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das AG - FamG - Lebach zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt den Beklagten in dem Verfahren 2 F 340/09 UEUK des AG - FamG - Lebach auf Zahlung von Trennungs- und Kindesunterhalt in Anspruch.

Mit am 9./12.10.2009 eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin den für das Verfahren zuständigen Richter am AG Dr. W. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und hat dies im Einzelnen unter Schilderung verschiedener Vorfälle, wonach der abgelehnte Richter u.a. sie bzw. ihren Prozessbevollmächtigten angerufen bzw. sie bei Begegnungen im Gerichtsgebäude des AG Lebach - die Klägerin ist Rechtsanwältin - auf ihre eigene Unterhaltssache angesprochen und hierbei u.a. den Vorschlag unterbreitet habe, ohne Ladung einen -zwecks Vermeidung von zu viel Publizität für den Beklagten als Bürgermeister von N. - nichtöffentlichen Nachmittagstermin anzuberaumen, um ihr einmal mitzuteilen, was er von der Sache halte, der Beklagte habe sich mit einem solchen Termin einverstanden erklärt, begründet (Bl. 79 bis 81 d.A.). Mit seinem Verhalten habe der abgelehnte Richter gezeigt, im Interesse des Beklagten ein prozessuales Vorgehen durchzusetzen, welches mit dem Gesetz - Grundsatz der Öffentlichkeit - nicht vereinbar sei, er habe gewissermaßen "seine Robe schützend über den Beklagten zu halten" versucht.

Der abgelehnte Richter hat sich dienstlich geäußert (Bl. 82 bis 84 d.A.).

Die Klägerin hat zu der dienstlichen Äußerung Stellung genommen und ihr Ablehnungsgesuch aufrechterhalten (Bl. 92 bis 97 d.A.).

Das FamG - Direktor des AG H. als Vertreter des abgelehnten Richters am AG Dr. W. - hat mit Beschluss vom 15.11.2009 - 2 F 340/09 UEUK - den Befangenheitsantrag der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen (Bl. 104, 105 d.A.).

Gegen den ihr am 25.11.2009 zugestellten Beschluss hat die Klägerin mit am 27.11.2009 beim Saarländischen OLG eingegangenem Faxschreiben sofortige Beschwerde eingelegt und diese im Einzelnen unter Auseinandersetzung mit den in dem Beschluss vom 15.11.2009 dargelegten Erwägungen begründet (Bl. 197 bis 201 d.A. = Bl. 202 bis 206 d.A.).

Der Senat hat dem FamG die Gelegenheit gegeben zu prüfen, ob es der sofortigen Beschwerde abhilft (Bl. 207, 208 d.A.).

Mit Beschluss vom 21.12.2009 hat das FamG - Richter K. als geschäftsplanmäßiger Vertreter des abgelehnten Richters am AG Dr. W. (Bl. 195 d.A.) - der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Saarländischen OLG zur Entscheidung vorgelegt. Es hat hierzu ausgeführt, dass es das "Rahmen- und Randgeschehen" für die Frage der Befangenheit nicht für entscheidungserheblich halte, die sofortige Beschwerde aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen werde und die Begründung im Schriftsatz vom 27.11.2009 eine andere Beurteilung des Sachverhalts nicht zulasse (Bl. 211, 212 d.A.).

Die Klägerin hat zu dem Nichtabhilfebeschluss Stellung genommen und u.a. gerügt, dass sich der erkennende Richter nicht mit den von ihr vorgetragenen Gründen auseinandergesetzt habe (Bl. 215 ff. d.A.).

II. Der angefochtene Beschluss kann keinen Bestand haben. Der Nichtabhilfebeschluss verletzt die Klägerin in ihrem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf rechtliches Gehör, Art. 103 GG.

Der Nichtabhilfevermerk des FamG vom 21.12.2009, der sich in der Äußerung erschöpft, dass das "Rahmen -und Randgeschehen" für die Frage der Befangenheit nicht entscheidungserheblich sei, die sofortige Beschwerde aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückzuweisen sei und im Übrigen die Begründung im Schriftsatz vom 27.11.2009 eine andere Beurteilung des Sachverhalts nicht zulasse, lässt nicht hinreichend erkennen, dass das FamG das in der mehrseitigen umfassenden Begründung angebrachte Beschwerdevorbringen zur Kenntnis genommen, sich damit auseinandergesetzt oder es bei seiner Abhilfeentscheidung berücksichtigt hat, obwohl hierzu nach Lage der Akten insb. mit Blick auf die eingehende Begründung sowohl des Ablehnungsgesuchs als auch der sofortigen Beschwerde Anlass bestand.

Auf Grund dieser Verfahrensweise ist das rechtliche Gehör der Klägerin verletzt. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (BVerfG FamRZ 1992, 782). Art. 103 Abs....

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