Entscheidungsstichwort (Thema)

Disziplinare Bedeutung des Besitzes kinderpornografischer Schriften. vorläufige Dienstenthebung

 

Leitsatz (amtlich)

Zwischen dem sexuellen Missbrauch von Kindern und dem Besitz kinderpornografischer Schriften, dem ein sexueller Missbrauch notwendig vorausgegangen ist, besteht kein qualitativer Unterschied, der es rechtfertigt, Straftaten der letztgenannten Art aus disziplinarer Sicht grundsätzlich in einem milderen Licht als den Missbrauch als solchen zu sehen.

Ein Beamter, dem es obliegt, andere – wenn auch nur hinsichtlich bestimmter Rechtsbereiche – auf die Gesetzmäßigkeit ihres Handelns hin zu überprüfen, steht in besonderem Maße in der Pflicht, selbst nicht straffällig zu werden.

 

Normenkette

BDG § 38 Abs. 1 S. 1, Abs. 2

 

Verfahrensgang

VG des Saarlandes (Beschluss vom 25.07.2007; Aktenzeichen 4 L 491/07)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 25. Mai 2007 – 4 L 491/07 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

 

Gründe

Die vom Senat mit Beschluss vom 11.7.2007 – 7 B 311/07 – zugelassene Beschwerde ist unbegründet.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht den gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 BDG zulässigen Antrag auf Aussetzung der mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 15.3.2007 angeordneten vorläufigen Dienstenthebung des Antragstellers und Einbehaltung von 25 % seiner Dienstbezüge mangels Bestehens ernstlicher Zweifel im Sinne des § 63 Abs. 2 BDG an der Rechtmäßigkeit des Bescheids zurückgewiesen.

Das Verwaltungsgericht hat in seinem angefochtenen Beschluss im Einzelnen dargelegt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BDG, wonach die vorläufige Dienstenthebung und die Einbehaltung von bis zu 50 % der monatlichen Dienstbezüge angeordnet werden können, im Fall des Antragstellers erfüllt sind. Ferner lasse die aus dem Bescheid erkennbare Ermessensbetätigung keine Ermessensfehler erkennen.

Der Antragsteller hält der Argumentation des Verwaltungsgerichts zunächst entgegen, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes sei es bei Vorliegen eines außerdienstlichen Vergehens erforderlich, dass dieses Auswirkungen auf die Kernpflichten des Beamten haben müsse, um eine Entfernung aus dem Dienst zu rechtfertigen.

Dieser Einwand verkennt, dass es bezogen auf ein außerdienstliches Fehlverhalten in Gestalt der Beschaffung und des Besitzes kinderpornografischen Materials einen Rechtsgrundsatz behaupteten Inhalts nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht gibt. Weder in seiner grundlegenden Entscheidung zur disziplinaren Ahndung des Besitzes kinderpornografischer Schriften (BVerwG, Urteil vom 6.7.2000 – 2 WD 9/00 –, BVerwGE 111, 291 ff.) noch in den Folgeentscheidungen (BVerwG, Urteile vom 8.11.2001 – 2 WD 29/01 –, NVwZ 2002, 1378 f., vom 11.2.2003 – 2 WD 35/02 –, NVwZ-RR 2003, 573 f., vom 27.8.2003 – 2 WD 39/02 –, NVwZ 2004, 625 f., vom 17.2.2004 – 2 WD 15/03 –, DÖV 2005, 344 f. = NVwZ-RR 2006, 553, und vom 28.4.2005 – 2 WD 25/04 –, juris) hat das Bundesverwaltungsgericht die Frage der Notwendigkeit einer Kernpflichtverletzung als Voraussetzung der Verhängung der Höchstmaßnahme problematisiert. Es knüpft vielmehr an seine ständige Rechtsprechung zum sexuellen Missbrauch eines Kindes oder Jugendlichen an, den es mit überzeugender Begründung als in hohem Maße persönlichkeits- und sozialschädlich beschreibt, weswegen als dessen disziplinare Ahndung regelmäßig die Höchstmaßnahme angemessen sei, und führt aus, dass Gleiches grundsätzlich auch für Fehlverhalten gelte, das der Beschaffung und dem Besitz von kinderpornografischen Schriften für sich oder einem Dritten diene. Denn auch der Konsument, der sich kinderpornografische Filme, Fotografien, Videofilme oder authentische Tonaufnahmen beschaffe, trage dazu bei, dass Kinder sexuell missbraucht werden. Daraus erwachse eine mittelbare Verantwortlichkeit des Verbrauchers für die Existenz eines entsprechenden Marktes und den mit seiner Versorgung verbundenen sexuellen Kindesmissbrauch. Denn gerade die Nachfrage schaffe erst den Anreiz, kinderpornografische Bilder herzustellen und die betroffenen Kinder beziehungsweise Jugendlichen zu missbrauchen. In die Maßnahmebemessung eines solchen Fehlverhaltens seien auch generalpräventive Erwägungen einzubeziehen. Denn Kinderpornografie stelle sich insbesondere im Zusammenhang mit der Globalisierung des Datenaustausches und der Datennutzung im Rahmen des Internet als ein sehr ernst zu nehmendes Gefahrenpotential dar, wie sich in vielen Einzelfällen erwiesen habe. Als generalpräventive Erwägungen seien vor allem die Warn- und Abschreckungswirkung zu berücksichtigen, die aus der Sicht eines vorurteilsfreien und besonnenen Betrachters die Ahndung nicht nur des unmittelbaren, sondern auch des mittelbaren rechts- und sittenwidrigen sexuellen Missbrauchs eines Kindes oder Jugendlichen im Wege der Beschaffung und des Besitzes von kinderpornografischen Schriften erfordere. (BVerwG, ...

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