Entscheidungsstichwort (Thema)

elterliche Sorge. Alltagssorge. Angelegenheit der Betreuung. Sachverständiger. Erläuterung, mündliche

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Verpflichtung, den Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung des Gutachtens zu laden, trifft das Gericht auch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

2. Die Befugnis des umgangsberechtigten Elternteils in Angelegenheiten der Betreuung zu entscheiden, betrifft einen engeren Zuständigkeitsbereich als ihn der (dauernde) Obhüters hat. Etwa bei längeren Aufenthalten oder eine Betreuungssituation, die sich aufgrund ihrer konkreten Gestaltung dem sogenannten Doppelresidenzmodell annähert, ist diese Befugnis aber durchaus variabel.

3. Die Beachtung der Verantwortung des jeweils anderen Elternteils sowie die hervorgehobene Stellung des Alleinsorgeberechtigten gewährleistet die Pflicht zum Wohlverhalten, deren Einhaltung durch beide Eltern das Familiengericht überwacht. Zur Umschreibung dieser beiderseitigen elterlichen Positionen dienen familiengerichtliche Anordnungen.

 

Normenkette

BGB §§ 1626, 1671, 1684, 1687, 1687a; ZPO §§ 397, 402

 

Verfahrensgang

AG Bad Dürkheim (Beschluss vom 19.02.1999; Aktenzeichen 3 b F 216/97)

AG Bad Dürkheim (Beschluss vom 19.02.1999; Aktenzeichen 3 b F 302/97)

 

Tenor

I. Die befristete Beschwerde gegen den Beschluss vom 19. Februar 1999 – 3 b F 302/97 – (Sorgerechtsentscheidung) wird zurückgewiesen.

II. Auf die befristete Beschwerde wird der die Vereinbarung der Parteien vom 18. Oktober 1996 abändernde Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Bad Dürkheim vom 19. Februar 1999 – 3 b F 216/97 – (Umgangsregelung) geändert:

  1. Die Antragstellerin darf das Kind A. jeweils Montags und Donnerstags zwischen 12.00 Uhr und 19.00 Uhr, außerdem an jedem zweiten Wochenende von Freitag 15.00 Uhr bis Sonntag 19.00 Uhr zu sich nehmen.
  2. Die Regelung an Feiertagen, in den Ferien und anlässlich familiärer Anlässe, wie Geburtstagen, Muttertag und ähnliches, stimmen die Eltern unter Beachtung der Bedeutung dieser Anlässe für die Beziehungen des Kindes untereinander ab, wobei der Elternteil, der die Teilnahme des Kindes an einem bestimmten Anlass wünscht, auf den anderen Elternteil rechtzeitig zukommt.
  3. Das Holen und Bringen des Kindes regeln die Eltern untereinander.
  4. Zur Ausübung dieses Umgangsrechts wird angeordnet:

    1. Der Antragsgegner hat es zu unterlassen, auf eine Entfremdung des Kindes von der Antragstellerin hinzuwirken, insbesondere indem er dieses in Bezug auf die Person des Ehemannes der Antragstellerin beeinflusst.
    2. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, der Antragstellerin bei der Ausübung des Umgangsrechts eigene, ihrer Stellung als Mutter des Kindes entsprechende elterliche und erzieherische Verantwortung einzuräumen, deren Wahrnehmung zu gestatten und deren Erfolgsaussicht nicht durch eigenes entgegengesetztes oder parallel wirkendes Handeln zu vermindern.
    3. Der Antragstellerin wird aufgegeben, ihr Handeln als Mutter in Verantwortung für das Kind an der Erziehungsverantwortung des Antragsgegners zu orientieren und diesem nicht aufgrund einseitiger Bewertung zu wider zu handeln.

III. Gerichtsgebühren werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Außergerichtliche Auslagen sind nicht zu erstatten.

IV. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf

5.000 DM

betreffend den Sorgerechtsantrag und auf

2.500 DM

betreffend den Umgangsrechtsantrag und auf

7.500 DM

seit der Verfahrensverbindung zur Entscheidung festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Das betroffene Kind ist als einziges aus der am 27. September 1991 geschlossenen und am 11. November 1996 geschiedenen Ehe der Kindeseltern hervorgegangen. Beide Elternteile sind wiederverheiratet. Die Antragstellerin wohnt in S., der zwölf Jahre ältere Antragsgegner in F.. An beiden Orten besteht für das Kind eine Wohnmöglichkeit und sind Freizeitaktivitäten, wie Musikunterricht, Sport, Ballett, organisiert. Das Kind leidet an Neurodermitis, als deren Ursache die von beiden Eltern nicht genommene psychische Belastung angesehen wird.

Die Antragstellerin hat seit Mai 1999 aus der neuen Ehe ein weiteres Kind.

Die elterliche Sorge wurde auf übereinstimmenden Antrag beider Eltern durch das Ehescheidungsverbundurteil des Amtsgerichts – Familiengericht – B. vom 18. Oktober 1996 dem Vater übertragen. Die Antragstellerin befand sich damals noch in der Ausbildung und war zeitlich sehr beschränkt. Aber auch der Vater musste wegen seiner auswärtigen Arbeitstätigkeit das Kind von einem Au Pair-Mädchen, seiner jetzigen aus Chile stammenden und zu Beginn der Ehe sich noch im Studium befindlichen Ehefrau, betreuen lassen. Das Umgangsrecht war nach der Trennung zunächst ungeregelt geblieben. Später wurde eine gerichtliche Umgangsregelung getroffen, die zu Lasten der Antragsgegnerin nochmals geändert wurde (beim Senat Verfahren 5 UF 40/99) und detailliert auch familiäre Anlässe (Geburtstage, Muttertag) einbezieht. Der Streit um die Ausübung des Umgangs, insbesondere auch an Feiertagen und in den Ferien, sowie Differenzen um die Gesundheitsfürsorge...

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