Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 31.05.2016; Aktenzeichen 8 O 329/15)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 31.05.2016, Az. 8 O 329/15, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Stuttgart ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 68.202,05 EUR festgesetzt.

Dies entspricht dem Wert der Vertragserfüllungsbürgschaft. Da vorliegend die Inanspruchnahme des Bürgen verhindert werden soll, ist der Wert der Bürgschaftsforderung anzusetzen (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 3 Rn. 16 - Bürgschaft, m.w.N.). Dem Hilfsantrag kommt kein gesonderter Wert zu, da derselbe Gegenstand gemäß § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG betroffen ist (vgl. Zöller - Herget, a.a.O., § 3 Rn. 16 - Eventual- und Hauptantrag; Binz/Dörndorfer - Dörndorfer, GKG, FamGKG, JVEG, 3. Aufl. 2014, § 45 GKG Rn. 18-20).

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Herausgabe einer Vertragserfüllungsbürgschaft aufgrund behaupteter ungerechtfertigter Bereicherung bzw. aus der Sicherungsabrede. Dabei streiten die Parteien um die Wirksamkeit der Vereinbarung einer Vertragserfüllungsbürgschaft.

Die Beklagte beauftragte die Klägerin, die einen Schreinereibetrieb führte, im Rahmen des Bauvorhabens "..." im "..." in D. Teile der Ladeneinrichtung im Untergeschoss zu errichten. Hierzu führten die Parteien ein Vergabegespräch am 31.07.2013 in S. (vgl. Verhandlungsprotokoll vom 31.07.2013, Anlage H 2, B 2, nach Bl. 108 d.A.). Mit E-Mail vom 06.08.2013 (Anlage B 3) erteilte die Beklagte der Klägerin den Auftrag unter Ankündigung einer "ordentlichen Beauftragung" in den nächsten Tagen. Die Klägerin begann noch am 06.08.2013 mit ihren Leistungen und stellte am 07.08.2013, 06.09.2013 und 30.09.2013 die Abschlagsrechnungen 1 bis 3 (Anlage B 9) gemäß des Verhandlungsprotokolls vom 31.07.2013, die die Beklagte in Höhe von über 613.000,00 EUR auch bezahlte. Erst am 30.09.2013 übersandte die Beklagte das Zuschlagsschreiben (Anlage H 1), welches die Klägerin jedoch nicht mehr unterzeichnete und nicht zurücksandte. Im Verhandlungsprotokoll vom 31.07.2013 ist festgehalten, dass der Bieter/Auftragnehmer sich bis zum 15.08.2013 an das vorgelegte Angebot gebunden halte.

Im Verhandlungsprotokoll zur Vergabe von Werk- und Bauleistungen vom 31.07.2013 ist aufgeführt:

"7.1 Vertragserfüllungssicherheit

Auftraggeber und Bieter/Auftragnehmer vereinbaren eine Vertragserfüllungssicherheit i.H.v. 10,00 % der Brutto-Gesamtvergütung. Näheres regeln § 14 Ziffer 3 und § 16 der Vertragsbedingungen der ... GmbH & Co. (Version 4.0), auf welche verwiesen wird."

In den "Vertragsbedingungen der Firma ... GmbH & Co. für Werk- und Bauleistungen" (künftig: "AGB") ist aufgeführt:

"§ 14 Rechnungslegung, Zahlungsbedingungen und Rechnungsarten sowie Vertragserfüllungssicherheit

(...)

3. Auftraggeber und Auftragnehmer vereinbaren eine Vertragserfüllungssicherheit in Höhe von 10 % der sich aus dem Zuschlagsschreiben (Auftragsschreiben) des Auftraggebers ergebenden Brutto-Gesamtvergütung (aus dem Zuschlagsschreiben ersichtliche vertragliche Gesamtvergütung nach Nachlass ohne Berücksichtigung des Abzugs der Umlagen für Strom/Wasser nach § 6 Ziffer 4, für die Bauwesenversicherung nach § 8 Ziffer 3 und für die Baureinigung nach § 6 Ziffer 5, sofern letztere durch den Auftraggeber durchgeführt werden soll, zzgl. gesetzlicher Mehrwertsteuer).

Der Auftraggeber ist berechtigt, jede geprüfte Abschlagsrechnung um 10 % zu kürzen (Vertragserfüllungseinbehalt), bis dieser Sicherungsbetrag erreicht ist. Die Sicherheit wird nach der Abnahme zurückgegeben.

§ 16 Vertragserfüllungsbürgschaft

Der Auftragnehmer hat das Recht, den in § 14 Ziffer 3 vereinbarten Vertragserfüllungseinbehalt durch Übergabe einer unbedingten, unbefristeten und unwiderruflichen selbstschuldnerischen Bürgschaft (Vertragserfüllungsbürgschaft) eines nach Maßgabe des § 17 Abs. 2 VOB/B tauglichen Bürgen abzulösen.

Die Vertragserfüllungsbürgschaft muss den Verzicht auf die Einrede der Vorausklage (§ 771 BGB), den Verzicht auf die Einrede der Anfechtbarkeit (§ 770 Abs. 1 BGB) und den Verzicht auf die Einrede der Aufrechnung (§ 770 Abs. 2 BGB) enthalten. Der Verzicht auf die Einrede der Aufrechnung (§ 770 Abs. 2 BGB) gilt nicht für unbestrittene, vom Auftraggeber anerkannte oder rechtskräftig festgestellte Forderungen des Auftragnehmers.

Die Vertragserfüllungsbürgschaft hat auch Überzahlungen des Auftraggebers abzusichern.

Die Kosten der Bürgschaft trägt der Auftragnehmer.

Die Vertragserfüllungsbürgschaft wird nach der Abnahme zurückgegeben.

Im Übrigen gilt § 17 VOB/B.

§ 17 Aufrech...

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