Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 09.10.2014; Aktenzeichen 11 O 15/14)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Stuttgart vom 9.10.2014 (11 O 15/14) wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages erbringt.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 100.000 EUR

 

Gründe

I.1. Die Klägerin, einer der weltweit führenden Automobilhersteller, begehrt von dem Beklagten, einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt, es zu unterlassen, von einem Reporter des Beklagten auf ihrem Betriebsgelände heimlich mit versteckter Kamera aufgenommenes Bildmaterial, welches von dem Beklagten im Rahmen einer im A.-Programm "D. E." am 13.5.2013 erstmals ausgestrahlten Reportage "Hungerlohn am Fließband - Wie Tarife ausgehebelt werden" verwendet wurde, erneut zu veröffentlichen, zu verbreiten und/oder veröffentlichen oder verbreiten zu lassen.

Zu diesem Zweck ließ der Reporter R. des Beklagten sich von der Firma D. P. GmbH anstellen. Als deren Angestellter wurde er im Rahmen eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags an die Fa. P ... GmbH & Co. KG (i. F: Fa. P ...) entliehen, die ihn vom 05.03. - 18.3.2013 als Arbeitskraft in der Betriebshalle 141 der Klägerin in S ...-U... einsetzte. Die Klägerin hatte bei der Fa. P ... im Rahmen eines mit dieser geschlossenen Vertrages über die Erbringung logistischer Leistungen die Einzelleistung "Absetzen (Verpacken) von CKD-Umfängen M271 Zylinderköpfe (ZK)" abgerufen. Das Absetzen und Verpacken von CKD-Zylinderköpfen wurde erstmals zum Januar 2011 von der Klägerin auf die Fa. P ... ausgelagert.

Die Aufgabe des Herrn R. bestand darin, mit einem gelben Punkt gekennzeichnete Zylinderköpfe von einem Fließband abzuheben, mit einer Schutzhülle zu überziehen, in Kartons einzulegen und diese nach vollständiger Befüllung zu verschließen. Während seiner Tätigkeit auf dem Betriebsgelände der Klägerin fertigte er heimlich mit vier versteckten Kameras Videoaufnahmen, die später teilweise für die am 13.5.2013 erstmals ausgestrahlte Reportage verwendet wurden.

Die Klägerin hat vorgetragen, der Reporter habe das Bildmaterial durch Täuschung und gegen ihren ausdrücklichen Willen, somit widerrechtlich erlangt. Die Ausstrahlung von widerrechtlich gewonnenen Filmaufnahmen sei grundsätzlich unzulässig. Eine Zulässigkeit komme nur in Ausnahmefällen in Betracht, wenn sie Zustände oder Verhaltensweisen offenbarten, die rechtswidrig seien. Dabei müsse das Filmmaterial selbst den Nachweis des rechtswidrigen Verhaltens erbringen. Diese Voraussetzungen seien vorliegend nicht gegeben. Eine unzulässige, rechtswidrige Arbeitnehmerüberlassung oder ein anders gearteter Verstoß gegen das Arbeitsrecht sei nicht gegeben gewesen und werde durch das verwertete Bildmaterial auch nicht aufgezeigt.

Der Beklagte hat vorgetragen, da der Reporter R. erst am 13.3.2013 über das bestehende Fotografierverbot belehrt und zu diesem Zeitpunkt das Material weitgehend fertiggestellt worden sei, habe er nicht gegen ein explizites Verbot verstoßen. Die Ausstrahlung der heimlich angefertigten Bildaufnahmen sei zulässig gewesen, da durch die Berichterstattung auf einen Missstand von erheblicher Bedeutung hingewiesen worden sei. Eine Veröffentlichung rechtswidrig erlangter Informationen sei nicht nur zulässig, wenn in der Berichterstattung ein rechtswidriger Zustand offenbart werde, sondern auch, wenn innerbetriebliche Missstände aufgedeckt würden, durch welche die Öffentlichkeit betroffen sei. Für die Zulässigkeit der Veröffentlichung heimlicher Filmaufnahmen sei nicht erforderlich, dass sich der dargestellte Missstand allein aus dem Bildmaterial ergebe.

In der Reportage gehe es nicht maßgeblich oder in erster Linie um den Vorwurf der unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung, sondern zentrales Thema sei das Aushebeln von Tarifen. Sie zeige auf, wie durch werkvertragliche Konstruktionen der Steuerzahler und die Sozialkassen die Arbeitsleistung des werkvertraglich beschäftigen Leiharbeitnehmers mitfinanzieren müssten.

Für die Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens in erster Instanz einschließlich der Antragstellung wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil verwiesen, § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.

2. Das LG hat die Klage als unbegründet abgewiesen.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Der ausschließlich auf die Unterlassung der konkreten Verletzungsform gerichtete Klagantrag sei unbegründet, weil der Klägerin diesbezüglich kein Anspruch auf Unterlassung zustehe. Die Verbreitung des Bildmaterials im Rahmen der Sendung "Hungerlohn am Fließband - Wie Tarife ausgehebelt werden" stelle keinen rechtswidrigen Eingriff in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Kl...

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