Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 13.01.2020; Aktenzeichen 37 O 29/19 KfH)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 12.05.2022; Aktenzeichen I ZR 203/20)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 13.01.2020, Az. 37 O 29/19 KfH, in Ziff. 2 des Tenors unter Abweisung der weitergehenden Klage wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 15.323,55 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 14.08.2019 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 212.000 EUR

 

Gründe

I. 1. Die Klägerin ist die Berufsvertretung der Apotheker im Bezirk N. Die Beklagte ist eine in den Niederlanden ansässige Versandapotheke, die darauf spezialisiert ist, ausschließlich in Deutschland zugelassene, verschreibungspflichtige Arzneimittel nach Deutschland zu liefern. Eine selbständige Niederlassung in Deutschland betreibt die Beklagte nicht.

Zu Beginn des Jahres 2019 warb die Beklagte in verschiedenen Werbespots mit dem Slogan "S.-Apotheke - Die beste Online-Apotheke Deutschlands". Die Werbung beruht auf der Verleihung des "W. Awards Germany 2018 - 2019 Online-Apotheke" der Q. B.V. Auf deren Internetseite wird zu dieser Bewertung u.a. Folgendes ausgeführt (Anlage K2 und Klageerwiderung S. 5):

"In einer Online-Befragung, durchgeführt durch Q. BV, wählen die Verbraucher in Deutschland jährlich die besten Handelsketten und Online-Shops in verschiedenen Kategorien. Qualitativ bewertet werden die Handelsketten nach folgenden Kriterien: Preisniveau, Aktionen und Angebote, Produktqualität, Zusammenstellung des Sortiments, Service, Fachkenntnisse Personal, Kundenfreundlichkeit Personal, Erscheinungsbild und Erfahrung, Atmosphäre, Vertrauenswürdigkeit. Die Ergebnisse werden ausgewertet und notariell überprüft."

"Um den Titel 'Händler des Jahres Deutschland' und / oder 'W. Awards Germany' zu tragen, muss Ihr (Online-)Geschäft nominiert sein. Sie brauchen hierfür 380 Beurteilungen. Diese Beurteilungen bekommen Sie durch Ihre Kunden, die können Sie online oder in den Geschäften zur Wahl aufrufen. Natürlich helfen wir Ihnen dabei. Darum stellen wir Ihnen die folgenden Werbematerialien zur Verfügung:

Gold 1.500 EUR

Silber 750 EUR

Bronze Gratis"

Im Rahmen der Online-Verbraucherbefragung in Deutschland im Zeitraum vom 15.05.2018 bis 03.09.2018 nahmen 57.700 Verbraucher teil und gaben in 20 Kategorien insgesamt 87.650 Bewertungen ab.

Mit Schreiben vom 22.03.2019 mahnte die Klägerin neben anderen Verstößen u.a. auch die oben erwähnte Werbung als irreführend ab (Anlage K7/B1). Die Beklagte gab daraufhin am 12.04.2019 eine Unterlassungserklärung ab (Anlage K3/B2), deren Ziff. 1.1 den abgemahnten Verstoß betraf. Zugleich verpflichtete sie sich, für jeden schuldhaften Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung gem. Ziff. 1.1 an die Klägerin eine angemessene Vertragsstrafe i.H.v. 6.000 EUR zu zahlen. Die Klägerin nahm die Unterlassungserklärung an. In Bezug auf zwei weitere, nicht streitgegenständliche Unterlassungserklärungen bat sie um Klarstellung, dass auch kerngleiche Verstöße umfasst seien (Anlage K4/B3).

Wegen der oben erwähnten Werbung wurde die Beklagte auch von der Wettbewerbszentrale abgemahnt.

Am 22.06.2019 gegen 22.30 Uhr auf K. und am 04.07.2019 um 22.45 Uhr auf A. warb die Beklagte erneut mit dem Slogan "S.-Apotheke - Die beste Online-Apotheke Deutschlands". Gegenüber der im März 2019 abgemahnten Werbung unterschied sich der Spot dadurch, dass unter der Aussage "Die beste Online-Apotheke Deutschlands" der durch einen roten Balken hervorgehobene Zusatz angebracht war "Von Verbrauchern gewählt!".

Mit Schreiben vom 05.07.2019 mahnte die Klägerin die Beklagte wegen der streitgegenständlichen Werbung ab (Anlage K5/B4). Mit Schreiben vom 12.07.2019 wies die Beklagte die geltend gemachten Ansprüche zurück (Anlage K6).

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Werbung unlauter sei, weil sie den Eindruck erwecke, dass die Auszeichnung auf einer unabhängigen Verbraucherbefragung beruhe. Dies sei nicht der Fall, weil nur solche Unternehmen an der Wahl zum Händler des Jahres teilgenommen hätten, die sich aktiv darum beworben hätten, und weil nicht bekannt sei, wie viele Händler tatsächlich an der Wahl teilgenommen hätten. Zudem handele es sich nicht um eine unabhängige Verbraucherbefragung, weil die betreffenden Unternehmen durch entsprechende Zahlungen für eine Bewertung ihres Unternehmens werben und damit ihr Abschneiden bei der Befragung verbessern könnten. Außerdem sei die Werbung irreführend, weil sie den Eindruck erwecke, die Beklagte habe ihren Sitz in Deutschland und es handele sich um ein deutsches Unternehmen.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es unter Androhung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, zu Zwecken des Wettbewerbs in Deutschland gegenüb...

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