Normenkette

AUB 88 § 7 Abs. 1, § 11 Abs. 4; VVG § 12 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 14 O 9649/97)

 

Tenor

I. 1. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des LG Nürnberg-Fürth vom 22.6.2001 abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger über den im Ersturteil zuerkannten Betrag von 194.250 DM (= 99.318,45 Euro) nebst 4 % Zinsen hieraus seit 16.2.1997 weitere 67.107,06 Euro nebst 5 % Zinsen hieraus über den Basiszinssatz nach § 1 des Diskontüberleitungsgesetzes (vom 9.6.1998) seit 21.3.2001 zu zahlen.

3. Im Übrigen (Zinsen) wird die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.

II. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 25 000 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheit kann auch durch unbedingte unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft eines in der Europäischen Union zum Garantiegeschäft zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 166.425,51 Euro (325.500 DM) festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Leistungsanspruch aus einer Unfallversicherung geltend, der die Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen i.d.F. der AUB 88 zugrunde liegen, und bei der eine Progressionsvereinbarung bis zu 300 % getroffen wurde.

Am 7.2.1994 erlitt der Kläger einen Unfall. Beim Aufpumpen des Rades eines Schubkarrens explodierte dieses, wodurch dem Kläger die Felge des Schubkarrens gegen die Stirn geschleudert wurde. Infolge dessen erlitt der Kläger im Bereich des Stirnbeines einen Knochendefekt mit freiliegendem Hirngewebe.

Die Unfallschadensanzeige des Klägers ging am 18.3.1994 bei der Beklagten ein. Nach Erhalt des sog. „ärztlichen Erstberichts” des Klinikums … der Stadt … vom 20.2.1995, in dem eine offene Rhinobasis-Stirnpolverletzung und die Dauerfolge Anosmie diagnostiziert wurde, erteilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 27.2.1995 eine Abrechnung für das Krankenhaustagegeld und das Genesungsgeld. In diesem Schreiben wurde dem Kläger mitgeteilt, dass die Beklagte das Klinikum … Mitte des Jahres 1995 bitten wird, eine Nachuntersuchung durchzuführen und ein Abschlussgutachten zu fertigen, um sicher beurteilen zu können, „ob und inwieweit der Unfall bei Ihnen einen Dauerschaden hinterlassen wird”. Mit weiterem Schreiben vom 18.4.1995 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass sie Ende Juli/Anfang August 1995 ein abschließendes Gutachten in Auftrag geben werde.

Im ärztlichen Bericht („zum Schreiben vom 14.11.1995”) der Klinik …, in der sich der Kläger bis 27.10.1995 in stationärer Rehabilitationsbehandlung befand, sind bei Entlassung folgende wesentliche Funktionsbeeinträchtigungen festgehalten: „Gedächtnisstörung, Gleichgewichtsstörung, Anosmie beidseitig …”.

Mit Schreiben vom 6.5.1996 rechnete die Beklagte die Unfallangelegenheit auf der Grundlage des von ihr in Auftrag gegebenen Gutachtens des Klinikums … vom 20.3.1996 und der ergänzenden Stellungnahme vom 24.4.1996 ab. Die Beklagte ging dabei entspr. diesem Gutachten von einer Beeinträchtigung der allgemeinen körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit (außerhalb der Gliedertaxe) i.H.v. 20 % und infolge des Verlustes des Geruchsinns i.H.v. 10 % aus.

Mit Schreiben vom 30.1.1997 an die Beklagte machte der Klägervertreter eine Gesamtbeeinträchtigung von 75 % geltend.

Der Kläger stützte sich dabei auf ein Rentengutachten für die Bau-Berufsgenossenschaft vom 23.8.1996 von Dr. … von der Neurochirurgischen Klinik der Stadt … und verlangte insgesamt 236.250 DM (abzgl. der von der Beklagten erbrachten Invaliditätsleistungen i.H.v. insgesamt 42.000 DM).

„Unter Berücksichtigung des für die … erstellten neurochirurgischen Gutachtens und erneuter Prüfung der Gesamtumstände” erklärte sich die Beklagte mit Schriftsatz vom 26.6.1997 ggü. dem Klägervertreter bereit, auf der Basis einer Gesamtentschädigung i.H.v. 100.000 DM abzurechnen. Nach Ablehnung eines weiteren Vergleichsangebots der Beklagten über 132.000 DM hat der Kläger am 27.10.1997 Klage erheben lassen.

Darin wird die Auffassung vertreten, dass die im Abrechnungsschreiben der Beklagten vom 6.5.1996 berücksichtigten Gesundheitsstörungen des Klägers zu einer 35 %-igen Beeinträchtigung geführt hätten – 10 % für den Verlust des Geschmackempfindens, 5 % für den Verlust des Geruchvermögens sowie 20 % für die Gefühlsstörungen im Mund- und Stirnbereich. Darüber hinaus hätten die zusätzlich von Dr. … festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen – u.a. linksseitige Lähmung in Form einer Hypästhesie und Hypalgesie, psychische Beeinträchtigungen mit Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, Doppelbilder – zu einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit von weiteren 40 % geführt.

Nach Eingang der erstinstanzlich vom LG erholten Gutachten hat der Kläger...

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