Leitsatz (amtlich)

1. Der vertragliche Anspruch einer Krankenkasse auf Ersatz von Aufwendungen für die Heilung von Gesundheitsschäden, die Bewohner von Pflegeheimen infolge Stürzen erlitten haben, nach einem Teilungsabkommen mit dem Haftpflichtversicherer des Heimträgers setzt einen adäquaten Ursachenzusammenhang zwischen dem Schadensfall und der versicherten Betriebshaftpflicht voraus. Das folgt aus den so lautenden Bestimmungen des § 1 Abs. 2 sowie § 1 Abs. 8 TA, wonach das Teilungsabkommen nur insoweit anwendbar ist, als die Haftpflichtversicherung für den Schadensfall Versicherungsschutz zu gewähren hat.

2. Damit ist der innere Zusammenhang zwischen dem Schadensfall und dem versicherten Wagnis gemeint, der für die Grenze der Anwendbarkeit des Teilungsabkommens maßgebend ist (vgl. BGH, Urt. v. 16.12.1981 - IV a ZR 181/80, BGH v. 16.12.1981 - IVa ZR 181/80, MDR 1982, 557 = VersR 1982, 333). Das ist nicht gleichbedeutend mit der haftungsbegründenden Kausalität, weil § 1 Abs. 1 TA den Verzicht auf die Prüfung der Haftungsfrage vorsieht.

3. Die Krankenkasse genügt ihrer Darlegungslast nicht durch den bloßen Vortrag, dass die bei ihr versicherten Personen, deren Heilungskosten sie mit dem Pauschalsatz nach dem Teilungsabkommen ersetzt verlangt, jeweils in einem - bei der Beklagten haftpflichtversicherten - Pflegeheim gestürzt sind und sich hierbei verletzt haben. Allein auf Grund dieses räumlichen Zusammenhangs kann nicht unterschieden werden, ob sich in dem konkreten Sturzgeschehen das allgemeinen Lebensrisiko des Heimbewohners ausgeprägt hat, oder das Haftpflichtrisiko des Heimbetreibers für den nicht ordnungsgemäßen Heimbetrieb, für dessen Folgen die beklagte Haftpflichtversicherung einstehen muss. Deshalb erfordert schlüssiges Vorbringen der klagenden Krankenkasse zumindest die Mitteilung der Umstände, unter denen sich der Sturz ereignet hat.

4. Der Krankenkasse kommen hierbei keine Erleichterungen nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungs- und Beweislast zugute. Denn Anhaltspunkte, nach denen die Klägerin zum Vortrag konkreter Umstände des Sturzgeschehens außerstande war, weil sie - wie auch die Beklagte - außerhalb des Geschehensablaufes stand und zudem keine Kenntnis von dem maßgebenden Tatsachen erlangen konnte, während sie der anderen Partei bekannt und dieser ergänzende Angaben zuzumuten sind, sind nicht mitgeteilt.

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Urteil vom 04.04.2006; Aktenzeichen 10 O 2276/05)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 01.10.2008; Aktenzeichen IV ZR 285/06)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 4.4.2006 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des LG Magdeburg - Einzelrichter - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

Die Parteien streiten um die Anwendbarkeit eines Rahmen-Teilungsabkommens.

Die Klägerin ist eine allgemeine Ortskrankenkasse. Zwischen ihr und der Beklagten, einem Haftpflichtversicherer, gilt unstreitig ein Rahmen-Teilungsabkommen (im Folgenden: TA), das am 3.4.1985 geschlossen worden ist.

Das Teilungsabkommen enthält u.a. folgende Regelungen:

"§ 1

(1) Kann eine diesem Abkommen beigetretene Krankenkasse ("K") gegen eine natürliche oder juristische Person, die bei der "H" haftpflichtversichert ist, gem. § 116 SGB X Ersatzansprüche aus Schadensfällen ihrer Versicherten oder deren mitversicherten Familienangehörigen (Geschädigte) geltend machen, so verzichtet die "H" auf die Prüfung der Haftungsfrage.

(2) Voraussetzung für die Anwendung des Abkommens ist,... bei der allgemeinen Haftpflichtversicherung ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen dem Schadensfall und dem versicherten Haftpflichtbereich.

(3) Die Leistung der "H" entfällt, wenn schon aufgrund des unstreitigen Sachverhaltes unzweifelhaft und offensichtlich ist, dass eine Schadensersatzpflicht des Haftpflichtversicherten gar nicht in Frage kommt ...

(4) Ferner findet in der Allgemeinen Haftpflichtversicherung das Abkommen keine Anwendung, wenn nach dem unstreitigen Sachverhalt kein objektiver Verstoß gegen Sorgfalts- und Verhaltensvorschriften vorliegt ...

(8) Das Abkommen ist nur insoweit anwendbar, als die "H" für den Schadensfall Versicherungsschutz zu gewähren hat ...

(9) Die "H" ersetzt der "K"

a)...

b) in übrigen Fällen der Allgemeinen Haftpflichtversicherung 45 % der von ihr zu gewährenden Leistung im Rahmen des § 4 dieses Abkommens." (vgl. Bl. 9/10 d.A.)

Die Klägerin beansprucht hier von der Beklagten den Ersatz von 45 % der Heilungskosten, die sie für 16 bei ihr versicherte Personen aufgewandt hat. Sie trägt hierzu lediglich vor, dass diese Personen jeweils in einem Pflegeheim gestürzt sind und sich verletzt haben. Diese Pflegeheime sind bei der Beklagten betriebshaftpfl...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge