Entscheidungsstichwort (Thema)

"Acryl" und "Cotton" als Textilfaserkennzeichnung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Textilerzeugnis, die als deutsche Textilfaserbezeichnung anstelle des Begriffs gem. Anhang I Nr. 26 zur TextilKennzVO "Polyacryl" den Begriff "Acryl" bzw. "Acrylic" aufweist, verstößt gegen das Kennzeichnungsgebot gem. Artt. 5 Abs. 1, 9 Abs. 1, 15 Abs. 3, 16 Abs. 1, Abs. 3 TextilKennzVO. Dieser Verstoß ist auch geeignet, eine spürbare Beeinträchtigung für die Interessen der Verbraucher i.S.v. § 3a UWG hervorzurufen.

2. Die Regelung in Art. 16 Abs. 3 Unterabs. 1 TextilKennzVO, wonach die Etikettierung oder Kennzeichnung in der Amtssprache oder den Amtssprachen des Mitgliedstaats zu erfolgen hat, in dessen Hoheitsgebiet die Textilerzeugnisse dem Verbraucher bereitgestellt werden, stellt keine europarechtlich unzulässige Handelsbeschränkung dar.

3. In der deutschen Umgangssprache hat sich der englische Begriff "Cotton" als beschreibende Angabe für "Baumwolle" eingebürgert. Der Formaiverstoß durch Verwendung der Textilfaserbezeichnung "Cotton" anstelle des Begriffs gem. Anhang I Nr. 5 zur TextilKennzVO "Baumwolle" ist daher nicht geeignet, die Interessen von Verbrauchern i.S.v. § 3a UWG spürbar zu beeinträchtigen, da in diesem Fall ein Informationsdefizit zu Lasten des Verbrauchers nicht gegeben ist.

 

Normenkette

UWG §§ 3, 3a; TextilKennzVO Art. 5 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1, Art. 15 Abs. 3, Art. 16 Abs. 1, 3

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 11.04.2016; Aktenzeichen 4 HK O 2387/16)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des LG München I vom 11.04.2016, Az. 4 HK O 2387/16, abgeändert und in den Ziffern I. und II. wie folgt neu gefasst:

"I. Der Antragsgegnerin wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu vollziehen an einem Mitglied des Vorstandes der Komplementärin der persönlich haftenden Gesellschafterin der Antragsgegnerin, gem. § 890 ZPO verboten,

a) Jacken oder Shorties (Schlafanzüge mit kurzem Arm und kurzem Bein), die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80 % aufweisen, im Wege des elektronischen Fernabsatzes anzubieten, wenn diese jeweiligen Bekleidungsgegenstände nicht vor dem Kauf mit einer Angabe über Art und Gewichtsanteil der jeweils enthaltenen Textilfasern gekennzeichnet sind, insbesondere wenn dies geschieht wie aus den erstinstanzlichen Anlagen SNP 2 und SNP 3 ersichtlich ist;

((Abbildung))

b) Hosen, die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80 % aufweisen, im Wege des elektronischen Fernabsatzes anzubieten, wenn im Rahmen der Kennzeichnung der Faserzusammensetzung dieser Bekleidungsgegenstände Begriffe verwendet werden, die nicht in der deutschen Fassung des Anhang I der Textilkennzeichnungsverordnung (EU) Nr 1007/2011 vom 27.9.2011 (veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union vom 18.10.2011 - L272/1 unter Berücksichtigung der Berichtigung, die im Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 120/16 vom 05,05,2012 ver. öffentlicht wurde) aufgeführt sind, wenn dies geschieht wie aus den er. stinstanzlichen Anlagen SNP 5 ersichtlich ist und bei Hosen die Bezeichnung "Acryl" verwendet wird;

((Abbildung))

c) Hosen, Sweatshirts/Pullover/Hoodies oder Socken, die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80 % aufweisen, bereitzustellen, wenn hierbei nicht die in diesen Bekleidungsgegenständen jeweils enthaltenen Textilfaser(n) anhand der Textilfaserbezeichnungen benannt werden, welche in der deutschen Fassung des Anhang I der Textilkennzeichnungsverordnung (EU) Nr. 1007/2011 vom 27.9.2011 (veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union vom 18.10.2011 - L272/1 unter Berücksichtigung der Berichtigung, die im Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 120/16 vom 05.05.2012 veröffentlicht wurde) aufgezählt werden, wenn dies geschieht wie folgt:

((Abbildung))

II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 12.02.2016 wird im Übrigen zurückgewiesen."

II. Im Übrigen wird die Berufung der Antragsgegnerin zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Antragstellerin 68,75 % und die Antragsgegnerin 31,25 % zu tragen. Die Antragstellerin trägt zu 68,75 % die durch die Nebenintervention verursachten Kosten erster Instanz. Im Übrigen trägt die Nebenintervenientin die durch die Nebenintervention verursachten Kosten erster Instanz selbst. Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz haben die Antragstellerin 58,3 % und die Antragsgegnerin 41,7 % zu tragen. Die Antragstellerin trägt zu 58,3 % die durch die Nebenintervention verursachten Kosten zweiter Instanz. Im Übrigen trägt die Nebenintervenientin die durch die Nebenintervention verursachten Kosten zweiter Instanz selbst.

sowie folgenden

Beschluss:

1. Der Streitwert für das Verfahren erster Instanz wird unter Abänderung von Ziff. 111. des Tenors des Endurt...

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