Entscheidungsstichwort (Thema)

Gleichwirkung bei abgewandelten Mitteln

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Annahme der Gleichwirkung müssen sämtliche erfindungsgemäßen Wirkungen der beanspruchten Merkmale erzielt werden, so dass nicht zwischen erfindungswesentlichen und zusätzlichen Wirkungen zu unterscheiden ist.

Erzielen abgewandelte Mittel eine für die Annahme der Gleichwirkung erforderliche Wirkung nicht in vollem Umfang, ist zu prüfen, welche praktische Bedeutung dem im Rahmen eines bestimmungsgemäßen Gebrauchs zukommt.

Auskunftsansprüche haben gegenüber Schadensersatzansprüchen einen Hilfscharakter und verjähren deshalb gleichzeitig mit diesen.

Auf Gutglaubensschutz kann sich nicht berufen, wer bei Kenntnis einer fehlerhaften Übersetzung der Patentschrift aufgrund der Beschreibung nicht zu dem Schluss hätten kommen dürfen, dass der Anspruch auf einen vom tatsächlich geschützten Gegenstand abweichenden Gegenstand gerichtet ist.

 

Normenkette

PatG §§ 14, 69, 141 S. 1; IntPAtÜbkG § 3 Abs. 5; BGB § 199 Abs. 1, 3 Nr. 1; EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 13.01.2015; Aktenzeichen X ZR 81/13)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 04.02.2010, Az. 21 0 7110/08, dahingehend abgeändert, dass in Ziff. II, III., V. und VI. des Tenors jeweils die Worte "des Klageantrags" entfallen, die Beklagten zur Auskunftserteilung (Tenor Ziff. IL, V.) jeweils seit dem 25.04.1998 verpflichtet sind und die Schadensersatzpflicht der Beklagten (Tenor Ziff. III., VI.) jeweils für Handlungen ab dem 25.04.1998 festgestellt wird.

Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

II. Die Beklagten haben die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu tragen.

III. Dieses Urteil und das mit der Berufung angefochtene Urteil (letzteres ohne den Tenor in Ziff. I. und IV.) sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung hinsichtlich Ziff. II. bzw. V. des landgerichtlichen Urteils jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,-EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit jeweils in gleicher Höhe leistet. Hinsichtlich der Kosten können die Beklagten die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagten im wiedereröffneten Berufungsverfahren wegen Patentverletzung auf Auskunftserteilung und Feststellung des Bestehens von Schadensersatzansprüchen in Anspruch.

Die Klägerin war Inhaberin des Europäischen Patents 0 481 303 betreffend Kochgefäße mit einem kapsularen Boden mit einem seitlichen profilierten Band, das am 04.10.1991 unter Inanspruchnahme der Priorität vom 19.10.1990 (IT 2197090) angemeldet und dessen Erteilung am 03.05.1995 bekannt gemacht wurde (Klagepatent, Anlage K 1a). Der deutsche Teil wurde beim Deutschen Patent- und Markenamt unter DE 691 09 436 T2 geführt (deutsche Übersetzung in Anlage K 1b). Auf Antrag der Klägerin vom 25.06.2009 wurde am 21.04.2011 eine berichtigte deutsche Übersetzung veröffentlicht (Anlage zum Protokoll vom 08.11.2012). Die Schutzdauer des Klagepatents ist am 04.10.2011 abgelaufen, woraufhin die Parteien im ersten Berufungsrechtszug den Rechtsstreit hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens übereinstimmend für erledigt erklärt haben.

Der einzige Patentanspruch lautet in der Verfahrenssprache:

A cooking pan (10) with a capsular base (18), characterised in that the lateral wall (26) of the protection covering (22) of said capsular base (18) is shaped with raised portions (28, 30) and/or depressions (32, 34) obtained by providing corresponding recesses and/or projections in the relative regions of the die of the mould used to produce said capsular base (18).

In deutscher Sprache lautet der Patentanspruch (gemäß der Patentschrift und der Übersetzung in Anlage K1b):

Kochgefäß (10) mit kapsularem Boden (18), dadurch gekennzeichnet, dass die Seitenwand (26) der Schutzabdeckung (22) des kapsularen Bodens (18) mit erhöhten Bereichen (28, 30) und/oder Vertiefungen (32, 34) geformt ist, die durch Vorsehen entsprechender Vertiefungen und/oder Vorsprünge im zugehörigen Bereich des zur Herstellung des kapsularen Bodens (18) verwendeten Gusswerkzeugs erhalten wurden.

Die berichtigte deutsche Übersetzung (Änderungen durch Unterstreichung hervorgehoben) lautet:

Kochgefäß (10) mit kapsularem Boden (18), dadurch gekennzeichnet, dass die Seitenwand (26) der Schutzabdeckung (22) des kapsularen Bodens (18) mit erhöhten Bereichen (28, 30) und/oder Vertiefungen (32, 34) geformt ist, die durch Vorsehen entsprechender Ausnehmungen und/oder Vorsprünge im zugehörigen Bereich der Matrize des zur Herstellung des kapsularen Bodens (18) verwendeten Presswerkzeugs erhalten wurden.

Die nachfolgend wiedergegebenen Figuren zeigen ein Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Kochgefäßes (Figur 1) sowie d...

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