Leitsatz (amtlich)

1. Um Fragen zum anwendbaren ausländischen Recht zu klären (hier: polnischen Internationales Privatrecht, Ehegüterrecht), kann das Grundbuchamt auch im Antragsverfahren nicht durch Zwischenverfügung aufgeben, ein Rechtsgutachten vorzulegen.

2. Zur Grundbucheintragung von Eheleuten polnischer Staatsangehörigkeit als Erwerber zum Miteigentum zu gleichen Teilen, wenn diese im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft leben.

 

Normenkette

FamFG § 26; GBO § 13 Abs. 1, § 18 Abs. 1, 3, § 47 Abs. 1; RPflG § 5 Abs. 2-3

 

Verfahrensgang

AG Augsburg

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 4 wird die Zwischenverfügung des AG Augsburg - Grundbuchamt - vom 15.10.2015 aufgehoben.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1 und 2 als Eigentümer zu je 1/2 verkauften zu notarieller Urkunde vom 17.6.2015 an die Beteiligten zu 3 und 4 als Erwerber "zum Miteigentum zu gleichen Teilen" ein bebautes Grundstück. Die Auflassung wurde erklärt, die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch bewilligt und beantragt (Ziff. VII. 2. der Urkunde). Bei den Erwerbern handelt es sich um in Deutschland wohnhafte polnische Eheleute, die keinen Ehevertrag geschlossen haben.

Die Rechtspflegerin des Grundbuchamts hat - nach Richtervorlage gemäß § 5 Abs. 2 RPflG und Rückgabe zur weiteren Bearbeitung - im Hinblick auf das Gemeinschaftsverhältnis, in dem die Beteiligten zu 3 und 4 als Grundstückseigentümer einzutragen sind, zuletzt mit fristsetzender Zwischenverfügung vom 15.10.2015 Nachweise in Form eines vorzulegenden Rechtsgutachtens dazu verlangt, ob bei fehlender Rechtswahl das polnische Zivilrecht eine Rückverweisung auf das deutsche Recht oder eine Weiterverweisung enthalte, ferner - falls dies zu verneinen sei - ob und in welcher Form Ehegatten (gemeinsames) Eigentum erwerben würden.

Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel des Notars, das im Wesentlichen wie folgt begründet wird:

Es sei anerkannt, dass das Grundbuchamt nur dann eine Eintragung von Eheleuten als Bruchteilseigentümer ablehnen dürfe, wenn es aufgrund von Tatsachen zu der sicheren Überzeugung gekommen sei, dass das Grundbuch hierdurch unrichtig werde; bloße Zweifel genügten nicht. Eine Zwischenverfügung allein zu dem Zweck, Aufklärung zum Internationalen Privatrecht zu betreiben, sei nicht zulässig. Anders sei dies nach dem Legalitätsprinzip nur, wenn das Grundbuchamt sichere Kenntnis davon habe, dass durch die Eintragung der beantragten Erwerbsverhältnisse das Grundbuch unrichtig würde. Sei Kenntnis vom ausländischen Güterstand vorhanden, könne das Grundbuchamt die Erwerber in diesem (ausländischen) Güterstand eintragen, weil es sich dann um eine amtsbekannte Tatsache handele.

Vorzuziehen sei - bei nicht eindeutig bekannten Verhältnissen - jedenfalls die Eintragung von ausländischen Käufern als Bruchteilseigentümer. Sollte sich nämlich herausstellen, dass die Käufer tatsächlich in einem ausländischen Gemeinschaftsgüterstand leben, so hätte von Anfang an kraft Gesetzes ein derartiger Erwerb stattgefunden. Dann wäre das Grundbuch nur unrichtig und könne ohne weiteres auf Antrag berichtigt werden. Ergebe sich bei einer Eintragung in einem speziellen ausländischen Güterstand später aber, dass die Käufer doch nach deutschem Recht in einem anderen ausländischen Güterstand verheiratet sind, so sei die Auflassung unwirksam erklärt, daher nichtig und müsste, um ihr Wirksamkeit zu verschaffen, wiederholt werden. Dies bilde die deutlich riskantere Alternative.

Das Grundbuchamt hat unter dem 4.11.2015 nicht abgeholfen und die Akten dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Rechtsmittel ist als Beschwerde gegen die Zwischenverfügung statthaft (§ 11 Abs. 1 RPflG, § 18 Abs. 1, § 71 Abs. 1 GBO). Sie ist auch zulässig eingelegt (§§ 73, 15 Abs. 2 GBO). Ohne nähere Angaben des Notars sind Beschwerdeführer sämtliche Personen, die antragsberechtigt sind (Demharter GBO 29. Aufl. § 15 Rn. 20), hier also alle an der Beurkundung des Geschäfts als Veräußerer und Erwerber beteiligten Personen.

1. Die Beschwerde hat Erfolg. Die Zwischenverfügung ist (ersatzlos) aufzuheben, weil das monierte Eintragungshindernis in Form eines fehlenden Rechtsgutachtens nicht besteht. Über den Eintragungsantrag selbst ist an dieser Stelle nicht zu entscheiden (vgl. Demharter § 77 Rn. 15 m.w.N.); dies ist vielmehr Sache des Grundbuchamts, an das die Akten zurückgegeben werden (Bay ObLG NJW-RR 1991, 465).

a) Die Zwischenverfügung hat schon deshalb keinen Bestand, weil das Grundbuchamt auch im Antragsverfahren nach § 13 Abs. 1 GBO sich die maßgebliche Kenntnis etwa anwendbaren ausländischen Rechts und von dessen konkreter Ausgestaltung in der ausländischen Gerichtspraxis regelmäßig selbst verschaffen muss (BGH NJW-RR 1991, 1211; MDR 2002, 899; 2003, 1128; Rpfleger 2007, 210; Demharter § 13 Rn. 5; Hügel/Zeiser GBO 2. Aufl. Internationale Bezüge Rn. 17) und hier auch kann (zu den Quellen z.B. Hügel/Zeiser Rn. 19). Das dazu Erforderliche hat das Grundbuchamt von Amts wegen zu veranlassen; eine Nachwe...

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