Leitsatz (amtlich)

1. Geht von einer Parkettversiegelung monatelang ein starker Lösungsmittelgeruch aus, so stellt dieser Umstand für sich allein einen Werkmangel gem. § 633 BGB a.F. dar, selbst wenn gesundheitliche Beeinträchtigungen damit nicht einhergehen und die festgelegten Schadstoffbelastungskennzahlen nicht überschritten werden.

2. Für die Nutzbarkeit einer Wohnung sind das Schlafzimmer und das Wohnzimmer von so zentraler Bedeutung, dass bei einer gravierenden Einschränkung des Gebrauchs dieser Räume durch Geruchsemissionen Anspruch auf Nutzungsentschädigung besteht.

 

Normenkette

BGB § 633 a.F.

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Aktenzeichen 8 O 585/00)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 16.4.2002 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Aachen – 8 O 585/00 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Unter Abweisung der weitergehenden Klage wird der Beklagte verurteilt, an den Kläger 3.392,84 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 29.9.2000 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 2/3 und der Beklagte 1/3 mit Ausnahme der Kosten der Beweisaufnahme und des selbstständigen Beweisverfahrens 9 H 6/98 AG Aachen, die dem Beklagten zur Last fallen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger zu 1/3 und dem Beklagten zu 2/3 auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Beklagte führte im Mai 1998 im Auftrag des Klägers in dessen Haus an den im Schlaf-, Wohn- und Kaminzimmer verlegten Parkettböden Versiegelungsarbeiten aus. Mit seiner Klage hat der Kläger den Beklagten auf Schadensersatz i.H.v. 14.882,68 DM sowie ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld wegen von der Versiegelung ausgehender Geruchsemissionen in Anspruch genommen. Durch Urt. v. 16.4.2002 (Blatt 164 ff. d.A.), auf das hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen in vollem Umfang Bezug genommen wird, hat das LG der Klage i.H.v. 5.438,01 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 29.9.2000 stattgegeben. Mit seiner Berufung erstrebt der Beklagte die Abweisung der Klage insgesamt. Er behauptet, er habe für die Versiegelungsarbeiten ein handelsübliches Kunstharzprodukt der Firma C. & T. mit dem Namen LT-Export glänzend verwandt. Bei der Verarbeitung des Mittels hätten sich nach Geruch und Aussehen keine Anzeichen dafür ergeben, dass es anders ausgefallen sei als üblich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst den überreichten Urkunden Bezug genommen. Die Beiakten 9 H 6/98 AG Aachen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

II. Die zulässige Berufung des Beklagten hat im erkannten Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Schadensersatzanspruch gem. § 635 BGB a.F. i.H.v. 6.635,82 DM (= 3.392,84 Euro) zu.

Das LG hat zu Recht einen Mangel der vom Beklagten durchgeführten Parkettversiegelung i.S.v. § 633 BGB a.F. wegen des Lösungsmittelgeruchs bejaht. Der Sachverständige Q. hat in dem selbstständigen Beweisverfahren aufgrund der von ihm durchgeführten Riechprobe zweifelsfrei festgestellt, dass erhebliche Geruchsbelästigungen vorhanden waren und diese von dem vom Beklagten aufgebrachten Versiegelungslack stammten. Dass der Sachverständige dies mit der Nase und nicht durch analytische Untersuchungen festgestellt hat, ist nicht zu beanstanden; denn der gerügte Mangel besteht in der Geruchsbelästigung, die mit der Nase wahrgenommen wird. Das menschliche Riechorgan ist im allgemeinen auch fein genug, um die Herkunft des Geruchs von einem bestimmten Gegenstand und die Gleichartigkeit eines Geruchs feststellen zu können. Insofern bestehen keine Bedenken gegen die Feststellung des Sachverständigen, dass der Lösungsmittelgeruch von dem Versiegelungslack im Wohnzimmer und im Kaminzimmer ausging und dieser identisch war mit der Probe aus dem ihm zur Verfügung gestellten Gebinde des verwendeten Lacks. Bestärkt wird diese Feststellung dadurch, dass im Schlafzimmer, in dem der Kläger zwischenzeitlich eine Ersatzvornahme mit einem wasserlöslichen Versiegelungslack hatte durchführen lassen, der betreffende Geruch nicht mehr wahrnehmbar war. Die Zeugen R., J. und A.B. haben auch glaubhaft bekundet, dass der Geruch sowohl im Schlafzimmer als auch im Wohn- und Kaminzimmer vorhanden gewesen war und durch die jeweilige Ersatzvornahme beseitigt worden ist. Bei den Zeugen handelt es sich zwar um die Familienangehörigen des Klägers. Dies entwertet aber nicht ihre Aussage. Sie stimmt überein mit den Feststellungen des Sachverständigen Q.. Wenn Geruchsbelästigungen im Wohn- und Kaminzimmer noch zum Zeitpunkt des von dem Sachverständigen durchgeführten Ortstermins am 25.3.1999, also 10 Monate nach Durchführung der Arbeiten, wahrnehmbar waren, dann müssen solche auch im Schlafzimmer vorhanden gewesen sei; denn der Beklagte hat unstreitig in allen Räumen denselben Versiegelungslack verwendet. Den Zeugen kann auch abgenommen werde...

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