Leitsatz (amtlich)

1. Dem vom Gericht bestellten Ergänzungsnachlasspfleger fehlt nach Annahme des Amtes für die Einlegung der Beschwerde gegen seine Bestellung als Ergänzungsnachlasspfleger das erforderliche Rechtsschutzinteresse.

2. Für der Herstellung der Wirksamkeit einer nachlassgerichtlichen Genehmigung ist für die unbekannten Erben ein Verfahrenspfleger nach §§ 276 ff. FamFG und nicht ein Ergänzungsnachlasspfleger zu bestellen.

3. Die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft dient nicht dazu, den Erben bei der Abwicklung des Nachlasses oder der Begleichung der Nachlassverbindlichkeiten zu unterstützen. Vielmehr setzt die Anordnung der Nachlasspflegschaft das Bestehen eines Fürsorgebedürfnisses voraus; es bedarf konkreter Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Nachlasses.

4. Die Anordnung der Nachlasspflegschaft erfordert stets einer einzelfallbezogenen Darlegung der gesetzlichen Voraussetzungen. Eine floskelhafte Begründung unter Heranziehung von Textbausteinen genügt nicht.

 

Normenkette

BGB § 1821 Abs. 1 Nr. 1, § 1915 Abs. 1 S. 1, § 1960; FamFG § 276 ff.

 

Verfahrensgang

AG Gelsenkirchen (Aktenzeichen 9 VI 188/18)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 25.01.2019 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Nachlassgerichts - Eschweiler vom 14.01.2019, Az. 9 VI 188/18, wird verworfen.

2. Kosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

 

Gründe

1. Am 30.07.2017 verstarb Frau R. (nachfolgend: Erblasserin). Der Ehemann der Erblasserin ist bereits am 24.11.1981 vorverstorben. Erben des vorverstorbenen Ehemanns waren die Erblasserin zu einem *-Anteil, sowie die inzwischen ebenfalls verstorbenen drei Geschwister des Ehemannes zu je 1/16-Anteil.

Mit Schreiben vom 25.08.2017 hat das C. Seniorenzentrum beim Nachlassgericht Geilenkirchen die Erbenermittlung beantragt aufgrund von nicht unerheblichen offenen Posten bezüglich der Heimunterbringung der Erblasserin (Bl. 1 d. A.). Mit einem am 08.06.2018 erlassenem Beschluss ordnete die Rechtspflegerin die Nachlasspflegschaft mit dem Wirkungskreis "Sicherung und Verwaltung des Nachlasses und Ermittlung der Erben" an und bestellte den Beteiligten zu 2) zum Nachlasspfleger (Bl. 6 f. d.A.). Die Gründe für die Anordnung der Nachlasspflegschaft beschränken sich auf 2 Sätze: "Die Erben sind unbekannt bzw. die Erbenstellung ist noch nicht vollständig geklärt. Es ist sicherungsbedürftiger Nachlass in Form von Grundbesitz vorhanden."

Mit Schriftsatz vom 30.10.2018 hat der Beteiligte zu 2) beantragt, die nachlassgerichtliche Genehmigung für seinen in der Anlage beigefügten Antrag auf Teilungsversteigerung zum Zwecke der Erbauseinandersetzung zu erteilen (Bl. 58 ff. d. A.).

Mit Beschluss vom 14.01.2019 (Bl. 73 f. d.GA.) bestellte das Nachlassgericht den Beteiligten zu 1) zum Ergänzungsnachlasspfleger zur Vertretung der unbekannten Erben im Rahmen der Genehmigung der Stellung eines Antrags auf Teilungsversteigerung einschließlich Entgegennahme der Entscheidung und eventuellen Einlegung eines Rechtsmittels. Am 24.01.2019 hat sich der Beteiligte zu 1) zur Annahme des Amtes bereit erklärt und ist vom Nachlassgericht als Ergänzungsnachlasspfleger verpflichtet worden (Bl. 80 d. A.).

Mit Schriftsatz vom 25.01.2019 hat der Beteiligte zu 1) gegen den Beschluss vom 14.01.2019 Beschwerde eingelegt und diese im Wesentlichen damit begründet, die Voraussetzungen für eine Ergänzungsnachlasspflegschaft seien nicht gegeben. Es fehle an einer rechtlichen oder tatsächlichen Verhinderung des Nachlasspflegers (Bl. 85 ff. d. A.).

Mit am 17.04.2019 erlassenen Beschluss hat die Nachlassrechtspflegerin der Beschwerde des Beteiligten zu 1) nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 92 f. d.A.).

2. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig zu verwerfen.

Der Beschwerdeführer hätte die Möglichkeit gehabt, die mit dem angegriffenen Beschluss übertragene Ergänzungsnachlasspflegschaft abzulehnen. Er hat sich jedoch am 24.01.2019 zur Annahme des Amtes als Ergänzungsnachlasspfleger bereit erklärt. Damit fehlt es an dem für die Beschwerde gegen die Anordnung der Ergänzungsnachlasspflegschaft und seiner Bestellung als Ergänzungsnachlasspfleger erforderlichen Rechtsschutzinteresse.

3. Die Verfahrensweise des Nachlassgerichts bei Anordnung der Nachlasspflegschaft und der weiteren Anordnung einer Ergänzungsnachlasspflegschaft gibt dem Senat jedoch Veranlassung zu folgenden zusätzlichen Bemerkungen für das weitere Verfahren:

a) Es lagen bereits die Voraussetzungen für eine Anordnung der Nachlasspflegschaft nicht vor.

Gem. § 1960 Abs. 1 und 2 BGB kann das Nachlassgericht dem unbekannten Erben einen Nachlasspfleger bestellen, soweit hierfür ein Bedürfnis besteht. Ob der Erbe "unbekannt" ist und ob ein Fürsorgebedürfnis besteht, ist vom Standpunkt des Nachlassgerichts bzw. des im Beschwerdeverfahren an seine Stelle tretenden Beschwerdegerichts aus zu beurteilen (Senat, FamRZ 1989, 547 (548); BayObLG, Rpfleger 1990, 257), wobei der...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge