Leitsatz (amtlich)

Zur Wahrung des Gebots des gesetzlichen Richters ist erforderlich, dass über Haftfragen - abgesehen von dem gesetzlich geregelten Fall der Haftprüfung bei der Urteilsfällung (§§ 268b und 120 Abs. 1 Satz 2 StPO) - stets außerhalb der mündlichen Verhandlung nur durch die Berufsrichter entschieden wird (Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung des Senats, SenE vom 13.2.1998, NStZ 98, 419).

 

Normenkette

StPO § 125 Abs. 2, § 126 Abs. 2 S. 4, § 229 Abs. 2, §§ 304, 309 Abs. 2; GVG § 30 Abs. 1-2, § 76 Abs. 1 S. 2, §§ 122, 122 Abs. 2 S. 1

 

Tenor

Die Beschwerde der Angeklagten I. K. gegen den Beschluss der 5. großen Strafkammer des Landgerichts K. vom 18.11.2008 wird auf deren Kosten verworfen.

Der Beschluss vom 7.10.2008 betreffend den Angeklagten S. K. wird aufgehoben. Insoweit wird das Verfahren zur erneuten Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Haftbefehls an das Landgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens betreffend S. K. und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten werden der Staatskasse auferlegt.

 

Gründe

I.

Beide Angeklagten sind am 6.11.2007 vorläufig festgenommen worden und befinden sich aufgrund der Haftbefehle des Amtsgerichts K. vom 7.11.2007 seit diesem Tag in Untersuchungshaft. Die Anklage der Staatsanwaltschaft K. vom 17.4.2008 wirft ihnen gemeinschaftlichen Mord vor. Seit September 2008 findet die Hauptverhandlung vor der 5. großen Strafkammer des Landgerichts K. statt. Weitere Hauptverhandlungstermine sind noch bis zum Februar 2009 vorgesehen. Der Senat hat mit Beschlüssen vom 2.9.2008 und 15.9.2008 die Fortdauer der Untersuchungshaft über 9 Monate hinaus angeordnet.

Mit Beschluss vom 7.10.2008 hat die Strafkammer unter Beteiligung der Schöffen die Fortdauer der Untersuchungshaft hinsichtlich des Angeklagten S. K. angeordnet. Im Hauptverhandlungstermin vom 2.12.2008 hat der Angeklagte S. K. Haftbeschwerde eingelegt, der die Kammer durch den im Hauptverhandlungstermin vom 11.12.2008 verkündeten Beschluss nicht abgeholfen hat.

Durch Schriftsatz ihres Verteidigers vom 31.10.2008 hat die Angeklagte I. K. außerhalb der mündlichen Verhandlung Haftprüfung beantragt. Die Strafkammer hat daraufhin am 12.11.2008 ohne Beteiligung der Schöffen einen nichtöffentlichen Haftprüfungstermin durchgeführt und mit Beschluss vom 18.11.2008 die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet. Der gegen diesen Beschluss durch Verteidigerschriftsatz vom 9.12.2008 eingelegten Beschwerde hat die Kammer ohne Beteiligung der Schöffen durch Beschluss vom 16.12.2008 nicht abgeholfen.

Beide Angeklagten meinen, es bestehe nach aktuellem Verfahrensstand kein dringender Tatverdacht gegen sie. Die Angeklagte I. K. lässt weiter rügen, dass die angefochtene Entscheidung ohne Beteiligung der Schöffen ergangen ist. Hierin liege ein Verstoß gegen den Grundsatz des gesetzlichen Richters. Die Sache sei deshalb an das Landgericht zurückzuverweisen. Hilfsweise sei sie zu verschonen.

II.

Die Beschwerden sind nach § 304 StPO zulässig, die Beschwerde der Angeklagten I. K. ist nicht begründet. Die Beschwerde des Angeklagten S. K. hat insoweit Erfolg, als die Sache zur erneuten Entscheidung über die Fortdauer der Untersuchungshaft an das Landgericht zurückzuverweisen ist.

1.

Die Strafkammer hat zu Recht über den Haftprüfungsantrag der Angeklagten I. K. ohne Beteiligung der Schöffen entschieden. Soweit der Senat in der Entscheidung vom 13.2.1998 - 2 Ws 717/97-, veröffentlicht in NStZ 98, 419 - zum Ausdruck gebracht hat, er neige dazu, dass nach Beginn der Hauptverhandlung die Schöffen in und außerhalb in der Hauptverhandlung an Entscheidungen über Haftfragen zu beteiligen seien, hält er daran nicht fest.

Auch zwischen Beginn und Ende der Hauptverhandlung sind nur die Berufsrichter mit der Haftsache befasst.

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 30.4.1997 (BGHSt 43, 91) ausgeführt, die Praxis der Oberlandesgerichte, bei erstinstanzlichen Verfahren in der Besetzung mit fünf Berufsrichtern entsprechend der Handhabung bei den Schöffengerichten und Strafkammern in Haftfragen in der Hauptverhandlung mit fünf Berufsrichtern und außerhalb der Hauptverhandlung mit drei Berufsrichtern zu entscheiden, trage dem Erfordernis des gesetzlichen Richters nicht Genüge. Wenn darauf abgestellt werde, ob der Antrag in oder außerhalb der mündlichen Verhandlung gestellt werde, werde es den Verfahrensbeteiligten in die Hand gegeben, zu bestimmen , in welcher Besetzung über die Haftfrage entschieden werde. Im Übrigen würde dieser Weg ohnehin versagen, wenn zu einer Haftfrage mehrere Anträge, teils in, teils außerhalb der mündlichen Hauptverhandlung gestellt würden. Es sei mit Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG nicht zu vereinbaren, wenn zwei unterschiedlich besetzte Spruchkörper mit möglicherweise unterschiedlichen Mehrheitsverhältnissen nebeneinander für die Entscheidung der gleichen Haftfragen zuständig seien, ohne dass eine hinreichende Vorausbestimmung des gesetzlichen Richters möglich sei. Bei zweifelhaften Sach- und...

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