Leitsatz (amtlich)

Für die Übertragung gemeinsamer Sorge kommt es nach dem Maßstab des § 1626a Abs. 2 BGB nicht darauf an, ob diese im konkreten Fall einen Gewinn für die Kinder darstellt.

 

Verfahrensgang

AG Konstanz (Beschluss vom 13.11.2014; Aktenzeichen 5 F 176/14)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Konstanz vom 13.11.2014 (5 F 176/14) wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

3. Der Verfahrenswert wird festgesetzt auf 3.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin wendet sich mit der Beschwerde gegen die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge auf beide Elternteile.

Der Antragsteller und die Antragsgegnerin sind die Eltern der jetzt 13 bzw. 9 ½ Jahre alten Kinder K. (geboren ...) und S. (geboren ...). Sie haben von 1998 bis Februar 2013 zusammen gelebt, ohne verheiratet zu sein.

Nach der Trennung blieben die Kinder bei der Mutter. K. lebte allerdings im Zeitraum von September 2013 bis Januar 2014 im Einverständnis mit der Mutter beim Vater in H..

Mit Hilfe des Jugendamts ... haben die Beteiligten eine Umgangsregelung getroffen, die vom Jugendamt im Schreiben vom 25.3.2014 (I 135) festgehalten wurde. Danach sind die Kinder in geraden Kalenderwochen von Freitagnachmittag bis Sonntagabend beim Vater. Außergerichtliche Bemühungen des Antragstellers um die Herbeiführung gemeinsamer Sorgeerklärungen, zuletzt mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 13.5.2014, blieben ohne Erfolg.

Der Antragsteller hat daraufhin mit Schriftsatz vom 29.7.2014 die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge beantragt. Er macht geltend, er habe eine enge und vertrauensvolle Beziehung zu beiden Kindern. Kommunikationsprobleme zwischen den Eltern könnten ausgeräumt werden. Es fänden immer wieder intensive Gespräche statt, bei denen man die Situation und Lösungsvorschläge diskutiere. Ihm sei erst bei der Trennung klar geworden, dass er keine Sorgebefugnisse habe. Den Eltern sei es auch nach der Trennung immer wieder gelungen, zu einem Konsens zu finden. Noch in einer E-Mail vom 15.9.2014 habe die Antragsgegnerin ein Treffen zu viert und gemeinsame Unternehmungen vorgeschlagen.

Die Antragsgegnerin tritt dem Antrag entgegen. Der Antragsteller sei in den letzten Jahren des Zusammenlebens allein mit seinem beruflichen Fortkommen, u.a. der Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung, beschäftigt gewesen und habe sich weder um die Kinder noch um sie gekümmert. Seinen Urlaub verwende er hauptsächlich für seine "neue" Familie. Es bestünden erhebliche Kommunikations- und Kooperationsschwierigkeiten über die die Kinder betreffende finanziellen Fragen, die Gestaltung und die Kosten des Umgangs und anderes. Der Antragsteller gebe ihr immer wieder die Schuld für die Trennung, beleidige sie und hetze die Kinder gegen sie auf. Monatelang habe er psychischen Druck in Form von "E-Mail Stalking" ausgeübt. Wichtige Entscheidungen könnten nicht gemeinsam und dem Wohl der Kinder förderlich getroffen werden. Eine gemeinsame Sorge könne sie sich vorstellen, wenn der Antragsteller sich bereit finde, bestehende Konflikte mit Hilfe einer Paartherapie zu bearbeiten. Die hierfür erforderliche vertrauensvolle Basis liege derzeit nicht vor. Wegen der unbearbeiteten, tiefgreifenden Paarkonflikte der Eltern bestünden begründete Zweifel, ob eine gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl diene.

Nach persönlicher Anhörung der Eltern und der Vertreterin des Jugendamts übertrug das AG mit Beschluss vom 13.11.2014 die elterliche Sorge auf beide Elternteile gemeinsam. Die Übertragung auf den Vater widerspreche nicht dem Kindeswohl. Gegen seine Erziehungseignung bestünden keine Bedenken. Zwar hätten die Eltern Schwierigkeiten, konfliktfrei miteinander zu kommunizieren und dem anderen zu vertrauen. Die bestehenden Probleme nähmen jedoch kein Ausmaß an, welches gegen die Einrichtung gemeinsamer elterlicher Sorge spreche.

Mit der Beschwerde verfolgt die Antragsgegnerin ihr erstinstanzliches Begehren auf Abweisung des Antrags unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags weiter. Auch das Jugendamt habe festgestellt, dass die Eltern Vertrauens- und Kommunikationsprobleme hätten und dass die Kinder durch die Situation belastet seien. Ein kinderpsychologisches Gutachten habe eingeholt und die Kinder hätten angehört werden müssen. Nur unter dem Druck des Verfahrens habe sich der Antragsgegner im Termin vom 6.11.2014 auf Beratungsgespräche eingelassen. Die gemeinsame elterliche Sorge stelle keinen Gewinn für die Kinder dar. Auch für das Jahr 2015 gebe es noch keine Regelung für den Umgang und die Umgangskosten. Es sei damit zu rechnen, dass der Antragsteller ihre Entscheidungen boykottiere, um ihr gegenüber Macht zu demonstrieren. Der Antragsteller habe sie herabgewürdigt und ihre Erziehungsfähigkeit in Frage gestellt.

Der Antragsteller tritt der Beschwerde unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags und unter Verteidigung der angefoch...

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