Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts B. vom 04. März 2010 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts B. zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Das Amtsgericht R. verurteilte den Angeklagten am 27.05.2008 wegen öffentlichen Zurschaustellens von Bildnissen ohne Einwilligung des Abgebildeten in zwei Fällen zu den Gesamtgeldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 20 Euro. Seine unbeschränkt eingelegte Berufung verwarf das Landgericht B. mit Urteil vom 04.03.2010. Nach den getroffenen Feststellungen stellte der Angeklagte als verantwortlicher Domaininhaber in der Zeit zwischen dem 13.08.2005 und Juni 2007 unter www.Jugendamt-Opfer.de und in der Zeit nach dem 08.12.2007 bis 13.02.2008 unter www.Jugendamt-Opfer.eu jeweils ein zunächst nur als geschwärzte Silhouette erscheinendes, durch Überstreichen des Bildes mit dem Mauszeiger sichtbar zu machendes Lichtbild seines am 25.10.2001 geborenen Enkels P. M. in das Internet ein, obwohl er wusste, dass das Jugendamt der Stadt R., welchem vom Amtsgericht R. mit Beschluss vom 10.09.2004 (10 F 50/04) das Recht der Personensorge für das Kind übertragen worden war, hiermit nicht einverstanden war. Die Einstellung des Lichtbildes erfolgte im Zusammenhang mit von dem Angeklagten auf den genannten Internetseiten veröffentlichen Berichten und Darstellungen über das aus dessen Sicht ungerechtfertigte Verhalten des Jugendamtes der Stadt R. und dessen Auseinandersetzungen mit dieser Behörde.

II. Das zulässige, form- und fristgemäß eingelegte Rechtsmittel ist begründet, weil die Urteilsgründe lückenhaft sind.

1. Zu Recht geht die Strafkammer allerdings zunächst davon aus, dass die dem Angeklagten vorgeworfenen Straftaten noch verfolgbar sind, da der nach § 33 Abs.2 KUG notwendige Strafantrag jeweils form- und fristgerecht gestellt wurde. Antragsberechtigt war hier die Stadt R., welcher mit Beschluss des Amtsgerichts R. vom 10.09.2004 (10 F 50/04) die Personensorge über P. M. übertragen wurde (§ 77 Abs.3 StGB; Fischer, StGB, 58. Auflage 2011, § 77 Rn. 14). Auch die dreimonatige Strafantragsfrist war jeweils gewahrt, denn diese beginnt bei Dauerdelikten erst mit der Kenntnis von der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes (RGSt 43, 285; BayObLG NJW 1965, 2862; Schönke-Schröder-Stree/Sternberg-Lieben, 28. Aufl. 2010, § 77 b Rn. 8), was bei der Tat Ziffer 1, bezüglich der Strafantrag am 05.11.2007 gestellt wurde, durch Abschalten der Homepage zwischen dem 05.09.2007 und dem 10.02.2008 und bei der Tat Ziffer 2, bezüglich der Strafantrag am 15.01.2008 gestellt wurde, durch Abschalten der Homepage am 13.02.2008 frühestens der Fall war. Dass die Strafkammer bezüglich der Tat Ziffer 1 unter III 1 der Urteilsgründe (UA S. 5) lediglich einen Tatzeitraum von 13.08.2005 bis Juni 2007 und nicht bis zum Abschalten der Homepage zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt zwischen dem 05.09.2007 und dem 10.02.2008 zugrunde gelegt hat, ist im Hinblick auf den frühestens mit der Beseitigung des rechtswidrigen Dauerzustandes - hier als frühestens ab dem 05.09.2007 - möglichen Beginn der Dreimonatsfrist rechtlich unerheblich.

2. Zutreffend ist der Tatrichter auch davon ausgegangen, dass der Angeklagte durch Einstellen des Lichtbildes auf den Homepages ein Bildnis des Kindes P. M. im Sinne der §§ 33 Abs.1, 22 KUG öffentlich zur Schau gestellt hat, denn er hat hierdurch dieses "den Blicken anderer ausgesetzt". Insoweit ist es unerheblich, ob die Homepages des Angeklagten tatsächlich von Nutzern besucht wurden und dass das Bild erst nach Überstreichen mit der Maustaste sichtbar gemacht werden konnte, denn es reicht aus, dass hierzu jeweils die Möglichkeit bestand (VerfGH Berlin NJW-RR 2007, 1686; Dreier, in: Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetze, 3. Aufl. 2008. § 22 KUG Rn. 3,11). Frei von Rechtsfehlern ist auch die Annahme des Landgerichts, dass ausschließlich das Jugendamt der Stadt R. als Inhaber der Personensorge zur Entscheidung über die Einwilligung zur Veröffentlichung von Lichtbildern des zu den Tatzeiten 4 bis 7 Jahre alten Kindes berechtigt (vgl. Dreier, aaO., § 22 KUG, Rn. 25,26) und dem Angeklagten in subjektiver Hinsicht bekannt und bewusst war, dass das Jugendamt mit einer solchen Veröffentlichung nicht einverstanden war.

3. Nicht in seine Prüfung mit einbezogen hat der Tatrichter jedoch die Möglichkeit einer Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung des Lichtbildes im Internet durch den Angeklagten. Nach § 33 Abs. 1 KUG wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe nämlich nur bestraft, wer "entgegen §§ 22, 23 ein Bildnis verbreitet oder öffentlich zur Schau stellt". Die Vorschrift stellt damit nicht nur auf den Tatbestand des § 22 KUG ab, sondern bezieht auch die Ausnahmetatbestände des § 23 Abs.1 KUG ein. Da es einer Einwilligung nach § 23 Abs.1 Nr.1, Abs. 2 KUG aber dann nicht bedarf, wenn es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte ...

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