Verfahrensgang

LG Essen (Entscheidung vom 02.02.2011; Aktenzeichen 41 O 69/10)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 02. Februar 2011 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 40.000,- EUR abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I.

Der Kläger ist ein Verein zur Wahrung der Interessen seiner gewerblichen Mitglieder, insbesondere zur Durchsetzung der Regeln des lauteren Wettbewerbs. Ihm gehören - wie gerichtsbekannt ist - auch Hersteller und Vertreiber von Naturheilmitteln, pharmazeutischen Produkten sowie Lebensmittelunternehmer an. Die Beklagte warb in der Zeitschrift "Freizeit & Rätsel Magazin" Nr. 9 vom 9.9.2010 auf Seite 19 unter anderem für das der Nahrungsergänzung dienende Mittel "Collagen-Lift-Drink" mit der im Klageantrag näher bezeichneten Aussage (Bl. 10).

Der Kläger mahnte die Beklagte wegen dieser Aussage mit Schreiben vom 31.8.2010 erfolglos ab und verlangte eine Abmahnkostenpauschale in Höhe von 166,60 Euro.

Er hat gemeint, die Werbung sei irreführend und verstoße gegen § 11 Abs. S. 2 Nr. 2 LFGB. Soweit die Beklagte behaupte, dass der in ihrem Produkt enthaltene Bestandteil Collagenhydrolysat die körpereigene Synthese von Collagen stimulieren könne und insoweit die Haut glatter und fester mache sowie die Spannkraft der Sehnen unterstütze, sei dies wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung von gesetzlichen Ordnungsmitteln zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das Mittel "Collagen-Lift-Drink" zu werben:

"Der Collagen-Lift-Drink versorgt den Organismus mit reinem Collagenhydrolysat. Dieser Stoff kann die körpereigene Synthese von Collagen stimulieren, einem Eiweißkörper im Bindegewebe, der unter anderem die Haut glatt und fest macht sowie die Spannkraft der Sehnen unterstützt."

und dies geschieht, wie in der Werbung gemäß Anlage K 1 (Bl. 10);

2. an den Kläger 166,60 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.10.2010 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, die Aussagen über die Wirkung von Collagen seien wissenschaftlich abgesichert. Die dagegen vom Kläger angeführten Gutachten seien weder einschlägig noch hinreichend aktuell. Die Beklagte hat sich zudem auf Studien und Abhandlungen bezogen, die bereits Gegenstand des vom dem Senat geführten Verfahrens 4 U 31/10 (bzw. 41 O 13/09 LG Essen) waren. Im Übrigen hat die Beklagte gemeint, § 11 LFGB trete hinter der Health-Claims-VO (Verordnung Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel, EG-Abl. Nr. L 12 vom 18. Januar 2007, S. 3 i.d.F. der VO vom 30. Juli 2009, ABl. EU Nr. L 198 vom 30. Juli 2009, s. 87 - nachfolgend: HCVO) zurück, weil die Aufnahme von Collagenhydrolysat in die Liste nach Art. 13 HCVO beantragt worden und über diesen Antrag noch nicht entschieden sei. Würde die Behauptung nunmehr auf Basis von § 11 LFGB verboten, so greife man der Entscheidung der EU-Kommission unzulässigerweise vor. Die Beklagte hat hilfsweise beantragt, die Frage dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß auf Grundlage des § 11 Abs. 1 Nr. 2 LFGB verurteilt, weil der dem Produkt durch die Werbebehauptung zugeschriebene Zusammenhang, dass durch Zuführung des Stoffes die Glättung von Haut und die Erhöhung der Spannkraft der Sehnen bewirkt werde, nicht wissenschaftlich gesichert sei. Das Landgericht hat sich im Wesentlichen auf die Bewertung durch den Senat im Urteil vom 17.8.2010 - 4 U 31/10 bezogen und sich der dortigen Ansicht angeschlossen, dass die vorgelegten Studien nicht hinreichend wissenschaftlich abgesichert seien. Auch die dem Adressaten vorgespiegelte Behauptung, dass die Zuführung von Collagenhydrolysat neben der Nahrungsaufnahme erforderlich oder hilfreich sei, sei nicht hinreichend gesichert. Hierzu hat sich das Landgericht insbesondere auf eine Studie von Pentzien aus dem Jahr 2005 bezogen, wonach sich ein gesunder Erwachsener bei täglicher Zufuhr von 32g hochwertigem Protein im Stickstoffgleichgewicht befinde und durch eine durchschnittliche westeuropäische Ernährung täglich ca. 100g Protein zugeführt würden, so dass eine weitere Zuführung zur durchschnittlichen Nahrung nicht erforderlich sei. Das Landgericht hat die Werbung auch vor dem Hintergrund der HCVO für wettbewerbswidrig gehalten. Denn auch Art. 5 der HCVO verbiete gesundheitsbezogene Angaben, bei denen nicht wissenschaftlich nachgewiesen sei, dass diese eine physiologische Wirkung hätten. Im Übrigen dürften Angaben, welche die Bedeutung eines Nährstoffs für Körperfunktionen hera...

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