Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzanfechtung nach § 129 InsO bzgl. Umsatzsteuerleistungen

 

Verfahrensgang

LG Detmold (Urteil vom 18.07.2009; Aktenzeichen 9 O 304/08)

 

Nachgehend

OLG Hamm (Urteil vom 11.06.2013; Aktenzeichen 27 U 4/13)

 

Tenor

Die Berufung des beklagten Landes gegen das am 18.7.2009 verkündete Urteil der Zivilkammer IV des LG Detmold wird zurückgewiesen.

Das beklagte Land trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

(abgekürzt gem. §§ 540 II, 313a ZPO) Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das LG hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der Kläger kann von dem beklagten Land die Zahlung i.H.v. 7.566,68 gem. §§ 129, 130 I 1 Nr. 2, 143 InsO verlangen.

1. Passivlegitimation

Das beklagte Land ist allein passivlegitimiert. Es ist auch insoweit alleiniger Gegner eines Insolvenzanfechtungsanspruchs, als die Steueransprüche dem Bund zustehen.

a. Aus dem Rückgewährverhältnis verpflichtet und damit richtiger Anfechtungsgegner ist der Empfänger des anfechtbar weggegebenen Gegenstands, also jeder, zu dessen Gunsten der Erfolg der konkret angefochtenen Rechtshandlung zu Lasten des Schuldnervermögens eingetreten ist (Münchener Kommentar - Kirchhof, InsO, 2. Aufl., § 143 Rz. 5).

b. Der Senat hat bereits durch Urteil vom 14.3.2006 (NZI 2006, 532 = ZIP 2006, 1104) entschieden, dass das beklagte Land Rückgewährschuldner auch hinsichtlich desjenigen Teils der empfangenen Umsatzsteuerforderung ist, der im Endergebnis dem Bund zusteht. Dazu hat der Senat ausgeführt, dass nicht das Innenverhältnis zwischen dem beklagten Land und dem Bund entscheidend ist, sondern die Tatsache, dass das beklagte Land die ausschließliche Empfangszuständigkeit für die geschuldeten Umsatzsteuern hat. Das Land tritt im Außenverhältnis zum Steuerschuldner als Vollrechtsinhaber auf; nur das Land übt Vollstreckungszwang aus, nur ihm gegenüber ist im Einspruchs- und gegebenenfalls finanzgerichtlichen Verfahren die Berechtigung der Steuerforderung nach Grund und Höhe zu klären, nur an das zuständige Finanzamt der Landesverwaltung kann befreiend auf die Steuerschuld geleistet werden. Diese Entscheidung des Senats ist vom BGH durch Beschluss vom 11.10.2007 (BGH NJW-RR 2008, 68) bestätigt worden. Der BGH hat dort keine Veranlassung gesehen, die Revision zu zulassen.

c. Die Ansicht des Senats, wonach das Bundesland, das Forderungen auf Umsatzsteuer beigetrieben hat, Rückgewährschuldner auch hinsichtlich des Umsatzsteueranteils, welcher der Bundesrepublik Deutschland zusteht ist, wird auch in der Literatur geteilt (Münchener Kommentar - Kirchhof, InsO, 2. Aufl., § 143 Rz. 5a).

d. Der Senat sieht keine Veranlassung von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des BGH vom 19.7.2007 (IX ZR 81/06). In dem dort entschiedenen Rechtsstreit ging es um die Frage, welcher Körperschaft ein aufrechenbarer Anspruch zusteht. Diese Frage ist nicht identisch mit der Frage nach dem Empfänger einer anfechtbaren Leistung.

2. Rechtshandlung i.S.v. § 129 InsO

Das beklagte Land hat die Erfüllung der Steuerschuld in Höhe der Klageforderung duch eine Rechtshandlung der Insolvenzschuldnerin i.S.v. § 129 InsO erlangt. Dabei ist auf die Genehmigung der vom beklagten Land getätigten Lastschrift abzustellen.

a. Die Steuerschuld ist nicht durch Zahlung oder Überweisung der Insolvenzschuldnerin erfüllt worden. Die Insolvenzschuldnerin hat vielmehr eine abstrakten Einzugsermächtigung erteilt. Diese Einzugsermächtigung ist aber noch keine Rechtshandlung i.S.v. § 129 InsO, die zur Erfüllung geführt hat, da diese abstrakt und für eine Mehrzahl von Steuervorgängen erteilt worden ist.

b. Die Erfüllung ist entgegen der Auffasung des beklagten Landes erst mit der Genehmigung der Lastschrift eingetreten.

(1) Der Senat geht mit der ständigen Rechtsprechung des BGH und der h.M. davon aus, dass erst mit der Genehmigung der Belastung durch den Schuldner die Erfüllung der eigentlichen Schuld eintritt. Zwischen der Gutschrift und der Genehmigung besteht ein Schwebezustand, in dem der Gläubiger statt Zahlung die Genehmigung der Lastschrift verlangen kann. Denn die Lastschrift selbst erfolgt grundsätzlich ohne Zutun des Schuldners und kann daher noch keine Erfüllung bewirken (BGH IX ZR 217/06, NJW 2008, 63).

(2) Der Senat sieht keine Veranlassung, von der Genehmigungstheorie abzuweichen. Der XI. Zivilsenat des BGH hat in seiner Entscheidung vom 10.6.2008 (BGH XI ZR 283/07, NJW 2008, 3348) zwar Bedenken gegen die Genehmigungstheorie angemeldet. Letztlich beruhen diese aber auf den vom IX. Zivilsenat gezogenen insolvenzrechtlichen Konsequenzen. Auf diese kommt es hier aber - wie nachstehend zu Ziff. 4. erläutert - nicht an. Im Ergebnis hat auch der XI. Zivilsenat in der vorgenannten Entscheidung die Genehmigungstheorie nicht verworfen.

(3) Soweit das beklagte Land der Ansicht ist, die Genehmigungstheorie sei auf die Einziehung von Steuerforderungen nicht anwendbar, vermag der Senat dem nicht zu folgen.

(a) Nach der Rechtsprec...

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