Leitsatz (amtlich)

1.) Bei einer Kfz-Haftpflichtversicherung mit einer oHG als Versicherungsnehmerin sind die einzelnen Gesellschafter mitversicherte Personen. Die Rechtsprechung des BGH für den Bereich der Kaskoversicherung (VersR 2008, 274) ist insoweit auf die Kfz-Haftpflichtversicherung übertragbar.

2.) Ein Regress des Haftpflichtversicherers gegen den mit leichtester Fahrlässigkeit handelnden Arbeitnehmer des Versicherungsnehmers scheidet nach den vom BAG entwickelten Grundsätzen der beschränkten Arbeitnehmerhaftung (zuletzt BAG NJW 2011, 1096, 1097) aus, es sei denn, für den Arbeitnehmer besteht eine gesetzliche Pflichtversicherung. Dem ist es nicht gleichzustellen, wenn der Arbeitgeber eine Betriebshaftpflichtversicherung abgeschlossen hat, in der der betreffende Arbeitnehmer mitversichert ist.

 

Verfahrensgang

LG Detmold (Urteil vom 19.11.2010; Aktenzeichen 12 O 326/08)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 19.11.2010 verkündete Urteil der Zivilkammer II des LG Detmold wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

 

Gründe

A. Die Klägerin nimmt die Beklagten im Wege des Regresses auf Ersatz von ihr erbrachter Zahlungen und auf Feststellung weitergehender Erstattungspflicht in Anspruch.

Die Klägerin war Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer der Sattelzugmaschine MAN und des Aufliegers Schwarzmüller, deren Halter die Fa. G oHG war, deren Gesellschafter im Jahr 2004 der Beklagte zu 1) war. Der Beklagte zu 2) war im Jahr 2004 als Angestellter der oHG für die technische Sicherheit der Fahrzeuge zuständig.

Am 25.6.2004 verunfallte das Gespann in Kerkrade (Niederlande), als der Fahrer M auf abschüssiger Strecke die Kontrolle über sein mit 24,86 t Stahl beladenes Fahrzeug verlor und das Gespann ungebremst in einen Supermarkt fuhr. Durch den Aufprall des Sattelschleppers und das dadurch ausgebrochene Feuer wurden der Fahrer M und zwei niederländische Staatsangehörige getötet; es entstand erheblicher Sachschaden.

Wegen des erstinstanzlichen Vortrags der Parteien wird auf das Schlussurteil des LG Bezug genommen.

Das LG hat die Klage gegen beide Beklagten abgewiesen.

Der Klägerin stehe kein Regressanspruch gegen den Beklagten zu 1) aus § 3 Nr. 9 Satz 2 PflVG a.F. i.V.m. § 426 BGB, der einzig in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage, zu. Einen Rückgriff könne der Versicherer nur gegen eine mitversicherte Person oder gegen den Versicherungsnehmer nehmen. Als ein solcher sei der Beklagte zu 1) als Gesellschafter der Halterin anzusehen. Die von der Rechtsprechung des BGH für die Kaskoversicherung vorgenommene Berücksichtigung der innergesellschaftlichen Interessenlage gelte auch für die Kfz-Haftpflichtversicherung. Auch hier gelte der Rechtsgedanke, dass der Gesellschafter die Erwartung hegen könne, nicht in haftungsrechtliche Auseinandersetzungen mit der Gesellschaft verwickelt zu werden.

Die Klägerin sei deshalb nur dann von ihrer Leistungspflicht befreit, wenn der Beklagte zu 1) vorsätzlich gehandelt hätte, was jedoch nicht der Fall sei. Schlüssig und unter Beweisantritt dargelegt habe die Klägerin nur die Kenntnis des Beklagten zu 1) von der technischen Unsicherheit des Fahrzeugs. Hieraus lasse sich jedoch nichts für das voluntative Vorsatzelement ableiten, so dass die Klägerin mit ihrer Behauptung, der Beklagte zu 1) habe den Schadensfall billigend in Kauf genommen, beweisfällig geblieben sei. Zwar mag ein Gesellschafter einer Spedition daran interessiert sein, bei einem Minimum an Wartungskosten ein Maximum an Touren zu fahren, nicht aber das Fahrzeug zu verlieren.

Ein Anspruch der Klägerin nach § 426 Abs. 2 BGB bestehe nicht, weil der Beklagte zu 2) weder nach § 823 BGB noch nach anderen Anspruchsgrundlagen hafte. Soweit die Klägerin ihren Regressanspruch auf Leistungen stütze, die sie an die Hinterbliebenen des Fahrers M erbracht habe, sei die Haftung des Beklagten zu 2) nach § 105 Abs. 1 SGB VII ausgeschlossen. Der Beklagte zu 2) habe durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall bezogen auf den Fahrer verursacht. Ein Ausschluss der Haftungsbeschränkung nach § 105 Abs. 1 SGB VII sei nicht gegeben. Denn für die Annahme vorsätzlichen Handelns des Beklagten zu 1) fehle es an substantiiertem Sachvortrag der Klägerin.

Der Beklagte zu 2) hafte auch für die von der Klägerin regulierten Schäden Dritter nicht. Denn er könne der Klägerin entgegen halten, dass ihm gegen sein Arbeitgeber im Innenverhältnis entsprechend §§ 670, 675 BGB ein Freistellungsanspruch zustehe. Blieben die Freistellungsansprüche des Beklagten zu 1) im Verhältnis zur Klägerin unberücksichtigt, würde die Haftungsbeschränkung leer laufen. Da die Tätigkeit des Beklagten betrieblich veranlasst war und diese...

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