Entscheidungsstichwort (Thema)

Regressansprüche Haftpflichtversicherer

 

Leitsatz (amtlich)

Der Haftpflichtversicherer hat keine Regressansprüche gegen seinen nicht vorsätzlich handelnden Versicherungsnehmer oder den bei diesem Beschäftigten und ebenfalls nicht vorsätzulich handelnden Werkstattleiter.

 

Normenkette

PflVG a.F. § 3 Nr. 9 S. 2; BGB § 426 Abs. 1-2, § 823 Abs. 1-2

 

Nachgehend

OLG Hamm (Urteil vom 11.11.2011; Aktenzeichen I-20 U 3/11)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

 

Tatbestand

Die Klägerin macht Regressansprüche aus der Abwicklung des Unfallereignisses in K (Niederlande) vom 25.06.2004 geltend. Zum Unfallzeitpunkt war die Klägerin Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer der T OHG. Es bestanden Kraftfahrzeughaftpflichtversicherungsverträge für die in den Unfall verwickelte Sattelzugmaschine und den zugehörigen Auflieger.

Der Fahrer der T OHG, F, verlor auf dem Weg zu einem Kunden der Spedition bei K (Niederlande) auf abschüssiger Strecke die Kontrolle über sein mit 24,86 t Stahl beladenes Fahrzeug. Die Bremsen zeigten keine Wirkung mehr. Zum Zeitpunkt des Unfalls waren die rechte Vorderradbremse, die Bremsen an der Hinterachse der Zugmaschine und die Bremsen des Aufliegers außer Funktion. Nur die Bremse am linken Vorderrad der Zugmaschine funktionierte noch, war aber nicht ausreichend. Das Fahrzeug fuhr daraufhin ungebremst in einen Supermarkt. Durch den Aufprall des Sattelschleppers bzw. durch das anschließend ausgebrochene Feuer wurden der Fahrer des LKW, F, und zwei niederländische Staatsangehörige, die sich zu diesem Zeitpunkt im Gebäude befanden, getötet. Der Supermarkt wurde zerstört.

In Abwicklung der Schäden erbrachte die Klägerin Leistungen an die Hinterbliebenen der niederländischen Staatsangehörigen, den Gebäudeeigentümer und Betreiber des Supermarktes sowie die Berufsgenossenschaft.

Der Beklagte zu 1) war im Jahre 2004 Gesellschafter der T OHG. Der Beklagte zu 2) war als Werkstattleiter für die technische Sicherheit der Fahrzeuge zuständig. Der Beklagte zu 2) erledigte neben weiteren Mitarbeitern anfallende Reparaturen an den Fahrzeugen der Spedition. Der Beklagte zu 2) führte auch Kontrollen der Bremsanlagen durch. Da die Spedition nicht über einen eigenen Bremsenprüfstand verfügte, führte der Beklagte zu 2) die Kontrolle durch Probebremsungen bei Probefahrten durch.

War eine Reparatur notwendig und nicht in eigener Werkstatt möglich, veranlasste der Beklagte zu 2) die Reparatur in einer Fachwerkstatt.

Die letzte Hauptuntersuchung des verunfallten LKW erfolgte am 11.10.2003. Am 16.04.2004 wurden die Hinterradbremsen in der betriebseigenen Werkstatt erneuert, nachdem sich ein Haarriss an einer der Hinterradbremstrommeln der Sattelzugmaschine gezeigt hatte.

Die letzte Sicherheitsprüfung des Fahrzeugs fand am 29.04.2004 statt. Bremsscheiben und Bremsbeläge an der Vorderachse wurden wegen eines beginnenden Haarrisses an der Bremsscheibe vorne rechts ausgetauscht, wobei zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1) streitig ist, ob der Austausch am 29.04.2004 oder am 26.05.2004 vorgenommen wurde.

Am 19.06.2004 hinterließ der Fahrer des LKW am abgestellten Fahrzeug, für das es zwei Schlüsselsätze gab, einen Zettel mit dem Hinweis darauf, dass die Bremsanlage nicht in Ordnung sei.

Der Beklagte zu 2) fand diese Nachricht noch am selben Tage vor und unternahm eine Probefahrt mit dem LKW. Die Bremsbeläge waren zu diesem Zeitpunkt nahezu vollständig abgefahren. Dies hätte der Beklagte zu 2) bei einer einfachen Sichtkontrolle bemerkt.

Die Klägerin, die sich den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Detmold (Urt. v. 21.06.2007, Az. 4 KLs 31 Js 325/04, Bl. 697, 698R ff.) zu eigen macht, ist der Ansicht, die Beklagten hätten den Tod des F billigend in Kauf genommen: der Beklagte zu 1), indem er jenen auf Tour geschickt habe, und der Beklagte zu 2), indem er sich der Entscheidung zum weiteren Einsatz des Fahrzeugs nicht widersetzt habe. Als Werkstattleiter habe der Beklagte zu 2) eine Garantenstellung inne.

Die Klägerin behauptet, der Fahrer des verunfallten LKW habe schon Wochen vor dem Unfall über Bremsprobleme des LKW geklagt. Bei der letzten Hauptuntersuchung sei nach Behebung geringer Mängel die Prüfplakette erteilt worden. Bei der letzten Sicherheitsüberprüfung sei die Sicherheitsplakette erst nach zweimaliger Nachbesserung erteilt worden.

Trotz der durchgeführten Reparaturen habe der verunfallte Fahrer gegenüber den Beklagten, seiner Ehefrau und einem Mitarbeiter geäußert, dass etwas mit den Bremsen nicht stimme, und die Zugmaschine ohne Auflieger beim Bremsen einseitig ziehe. Der Beklagte zu 2) habe das Problem auf den Einsteller an den Vorderradbremsen zurückgeführt und die schadhaften Teile nachbestellen wollen.

Als der Beklagte zu 2) nach dem Vorfinden des Zettels eine Probefahrt mit dem Fahrzeug unternommen habe, habe dieser bei ei...

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