Verfahrensgang

LG Essen (Urteil vom 08.02.2007; Aktenzeichen 6 O 391/05)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 11.02.2010; Aktenzeichen IX ZR 42/08)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 8.2.2007 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Bielefeld wird zurückgewiesen.

Der Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

(§ 540 ZPO):

A. Die Klägerin ist Insolvenzverwalterin über das Vermögen der L GmbH.

Die Schuldnerin unterhielt bei der Beklagten ein Kontokorrentkonto mit einer Kreditlinie von 400.000 EUR, welches durch eine auf dem Privatgrundstück des Gesellschafters L1 L lastende Grundschuld i.H.v. 400.000 EUR nebst Zinsen sowie eine Bürgschaft des L1 L besichert war.

Die Beklagte gewährte den Kredit bis zum 31.3.2003. Zu einer Vereinbarung über eine Vertragsverlängerung kam es nicht, die Beklagte ließ aber auch in der Folgezeit noch Verfügungen über das Konto zu. Am 29.7.2003 wies das Konto einen Sollstand von 257.075 EUR auf.

Am 26.8.2003 zahlte die Tochter des Schuldners, Frau L, einen Betrag von 233.000 EUR unter dem Verwendungszweck "RÜCKZHLG. DARL. L1 L" auf das Konto ein. Am gleichen Tag verpfändete der Vater des Schuldners, Herrn L sen., ein Festgeld i.H.v. 167.000 EUR zur Absicherung des Kontos der Schuldnerin. Damit war der Restsaldo des Kontos der Schuldnerin aus Sicht der Beklagten ausreichend besichert, woraufhin die Beklagte die Grundschuld freigab. Das Festgeldkonto wurde am 28.8.2003 aufgelöst und i.H.v. 167.000 EUR mit dem Kontokorrent verrechnet.

Die Klägerin hat die von der Beklagten vorgenommenen Verrechnungen der Zahlungseingänge vom 26. und 28.8.2003 mit dem Debetsaldo des Kontokorrentkontos angefochten und verlangt den Betrag von 257.075 EUR, welcher dem Sollstand vom 29.7.2003 entspricht, nebst Zinsen zur Insolvenzmasse erstattet.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Wegen der dazu getroffenen tatsächlichen Feststellungen und der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter, während die Beklagte das landgerichtliche Urteil verteidigt. Wegen des Berufungsvorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Der Senat hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen Q. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk vom 15.1.2008 verwiesen.

B. Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.

I. Der Klägerin stehen Ansprüche aus Insolvenzanfechtung nicht zu.

1. Aus § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO lässt sich das Anfechtungsrecht nicht herleiten. Denn bei der Befriedigung der Beklagten handelt es sich nicht um einen Fall der inkongruenten Deckung.

a) Ob die Rückführung eines Bankkredites als eine kongruente oder inkongruente Deckung anzusehen ist, hängt davon ab, ob die Bank zu dem Zeitpunkt eine Rückführung verlangen konnte. Die ungekündigte Kontokorrentabrede einschließlich der Inanspruchnahme einer genehmigten Überziehung rechtfertigt für sich genommen nicht die Kreditrückführung durch Verrechnung (BGH NJW 2003, 360, 361). In diesen Fällen sind Verrechnungen mit dem Saldo in der Regel inkongruent, es sei denn, die vereinbarte Kreditlinie selbst wird geändert. Anders liegt der Fall, wenn und soweit das Konto gekündigt oder ungenehmigt überzogen ist. Dann liegt in der Verrechnung der Zahlungseingänge mit dem jederzeit fälligen Überziehungskredit auch dann ein kongruentes Deckungsgeschäft, wenn der Kredit damit endgültig zurückgeführt wird (BGHZ 138, 40, 47; Uhlenbruck/Hirte, InsO, § 130 Rz. 14). Diese Grundsätze hat der BGH mit seiner Entscheidung ZIP 2005, 585 noch einmal bestätigt.

b) In dem hier vorliegenden Fall handelt es sich vom rechtlichen Ansatz her zunächst um eine genehmigte Überziehung. Denn ausweislich der vorgelegten Kontoverdichtung (GA 9 ff.) wurde in der Folgezeit nach dem 31.3.2003 keineswegs nur der Saldo zurückgeführt, sondern es wurden über Monate hinweg weiterhin auch vielfältige Belastungen des Kontos zugelassen. Damit handelt es sich eine fortgesetzte Kreditgewährung, die eine jederzeitige Rückführung durch Verrechnung nicht zuließ, sondern gesondert hätte gekündigt werden müssen. Ohne eine solche Kündigung war die Rückführung der Kredite grundsätzlich inkongruent und im Rahmen der Monatsfrist nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar.

c) Allerdings haben die Schuldnerin und die Beklagte am 26.3.2003 eine ausdrückliche Vereinbarung über die Rückführung des Kredites getroffen, um damit die Freigabe der als Sicherheit dienenden Grundschuld zu bewirken.

Zur Überzeugung des Senats steht aufgrund der glaubhaften Bekundungen des Zeugen Q fest, dass sich der Geschäftsführer der Schuldnerin, L1 L, an die Be...

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