Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendbarkeit des § 1379 BGB n.F. bei vor dem 1.9.2009 beendetem Güterstand

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 1379 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts vom 6.7.2009 ist auf alle seit dem 1.9.2009 anhängigen Verfahren über den Zugewinnausgleich anwendbar, und zwar unabhängig davon, ob die Beendigung des Güterstandes bereits vor dem 1.9.2009 eingetreten ist.

2. Ob dieser Grundsatz für sämtliche materielle Güterrechtsvorschriften des Reformgesetzes gilt, braucht nicht entschieden zu werden.

 

Normenkette

BGB § 1379; EGBGB Art. 229 § 20

 

Verfahrensgang

AG Borken (Beschluss vom 18.03.2010; Aktenzeichen 32 F 170/09)

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Teilanerkenntnis- und Teilbeschluss des AG - Familiengericht - Borken vom 18.3.2010 wird zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussbeschluss vorbehalten.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten im Wege der Stufenklage um Ansprüche auf Zugewinnausgleich.

Die am 1.3.1959 geborene Antragstellerin und der am 15.10.1962 geborene Antragsgegner haben am 30.12.1997 geheiratet. Es bestand der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Aus der Ehe sind die gemeinsamen Kinder D und M, beide am 7.11.1993 geboren, hervorgegangen. Die Parteien trennten sich am 30.11.2007. Der Scheidungsantrag des Antragsgegners wurde der Antragstellerin am 4.12.2008 zugestellt. Die Ehe der Beteiligten wurde durch Urteil des AG Borken vom 30.7.2009 - 32 F 199/08 -, seit dem gleichen Tage rechtskräftig, geschieden.

Die Antragstellerin hat mit dem am 16.12.2009 eingeleiteten Verfahren Auskunft über das Vermögen des Antragsgegners zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages und auch zum Zeitpunkt der Trennung verlangt. Sie hat die Auffassung vertreten, die zum 1.9.2009 in Kraft getretene Änderung des § 1379 BGB sei rückwirkend auch auf zu diesem Zeitpunkt bereits geschiedene Ehen anzuwenden, so dass nach neuem Recht auch Auskunft zum Zeitpunkt der Trennung zu erteilen sei.

Der Antragsgegner hat den Auskunftsanspruch bezogen auf den Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages anerkannt und ist im Übrigen der Rechtsauffassung der Antragstellerin entgegen getreten.

Das AG, das wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Beschwerde zugelassen hat, hat durch den angefochtenen Beschluss dem Auskunftsverlangen der Antragstellerin in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Antragstellerin könne über das Anerkenntnis hinaus auch Auskunft über das Vermögen des Antragsgegners zum Zeitpunkt der Trennung verlangen. Die Vorschrift des § 1379 BGB sei gem. Art. 229 § 20 Abs. 2 EGBGB in der zum 1.9.2009 in Kraft getretenen Fassung anzuwenden. Die damit einhergehende echte Rückwirkung sei nicht verfassungswidrig. Das Vertrauen auf den Fortbestand der lediglich eingeschränkten Auskunftspflicht sei nicht schutzwürdig. Eine einschränkende Auslegung widerspreche dem Gesetzeswortlaut und liefe auf eine unzulässige richterliche Gesetzeskorrektur hinaus.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, soweit er dadurch verpflichtet worden ist, Auskunft über sein Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung zu erteilen. Er trägt unter Berufung auf Braeuer, NJW 2010, 351 ff. vor, bei einer Beendigung des Güterstandes durch rechtskräftige Scheidung vor Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung zum Zugewinnausgleich finde lediglich das alte Recht Anwendung. Mit Hauß, FamRB 2009, 394 ff. und Kogel, FamRB 2010, 87 ff. sei davon auszugehen, dass mit Beendigung des Güterstandes die Zugewinnausgleichsforderung entstanden sei. Der Ausgleichspflichtige sei deshalb schutzwürdig in seinem Vertrauen auf den Umfang der Ausgleichsforderung. Der Wortlaut der Übergangsregelung müsse darum verfassungskonform ausgelegt werden.

Demgegenüber verteidigt die Antragstellerin die angefochtene Entscheidung und vertritt die Auffassung, die begehrte Auskunft sei deshalb zu erteilen, weil das Verfahren erst nach dem 1.9.2009 anhängig geworden sei. Die in der Verpflichtung zur Auskunftserteilung liegende Rückwirkung sei zulässig; ein Vertrauen auf den Fortbestand der nach altem Recht bestehenden Manipulationsmöglichkeiten sei nicht schutzwürdig.

II. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Teilanerkenntnis- und Teilbeschluss des AG Borken ist zulässig, aber unbegründet.

1. Auf das am 16.12.2009 eingeleitete Verfahren findet gem. Art. 111 Abs. 1 FGG-RG das FamFG Anwendung. Die danach als Rechtsmittel gegebene Beschwerde ist zulässig. Der Beschwerdewert des § 61 FamFG ist zwar nicht erreicht. Das AG hat die Beschwerde jedoch gem. § 61 Abs. 3 Nr. 1 FamFG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Hieran ist das Beschwerdegericht gem. § 61 Abs. 3 FamFG gebunden. Die Beschwerde ist auch fristgerecht gem. § 63 Abs. 1 FamFG bei dem gem. § 64 Abs. 1 FamFG zuständigen AG Borken eingelegt und innerhalb der Frist des § 117 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 112 Nr. 2 FamFG begründet worden.

2. In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg. ...

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