Leitsatz (amtlich)

Einer nicht am Verfahren beteiligten Person steht ein Beschwerderecht gegen die Zurückweisung des Antrags auf Akteneinsicht zu. Jedenfalls bei einem nach Verfahrensabschluss gestellten Akteneinsichtsantrag folgt dies aus § 23 EGGVG. Denn die Entscheidung des Gerichts über die Gewährung des Akteneinsichtsrechts gegenüber einem Dritten ist keine Endentscheidung i.S.v. § 58 FamFG sondern ein Justizverwaltungsakt nach § 23 EGGVG.

 

Normenkette

FamFG § 13 Abs. 2; EGGVG § 23

 

Verfahrensgang

AG Marl (Beschluss vom 13.05.2011; Aktenzeichen 36 F 280/09)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Marl vom 13.5.2011 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten für das Beschwerdeverfahren nach einem Gegenstandswert von 1.000 EUR.

 

Gründe

I. Durch Beschluss vom 30.4.2010 hat das AG Marl im vorliegenden Verfahren auf den Antrag des Notars C in C2 (Urk-Nr. 573/2009) die Annahme der am 15.3.1941 geborenen Frau F, durch Frau U, geb. 11.7.1922, als Kind ausgesprochen.

Bereits am 31.7.2008 hatte die Annehmende der Anzunehmenden eine notariell beurkundete Altersvorsorgevollmacht erteilt. Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Jahr 2010 veranlasste die Anzunehmende die Unterbringung der Annehmenden im I-Seniorenzentrum in C2. Bei einer richterlichen Anhörung der Annehmenden im Seniorenzentrum am 25.1.2011 in dem Betreuungsverfahren AG Bochum 17 XVII T 606 (vormals 18 XVII T 606) ergab sich der Eindruck einer fortgeschrittenen Demenz.

Die Antragstellerin ist die Schwester der Annehmenden. Sie hat in dem beim AG Bochum anhängigen Betreuungsverfahren beantragt, der Annehmenden einen Betreuer zu bestellen. Die Unterbringung im Seniorenzentrum sei gegen den Willen ihrer Schwester erfolgt. Hierbei habe die Anzunehmende eigene Interessen verfolgt. Bereits zum Zeitpunkt der Erteilung der Altersvorsorgevollmacht sei die Annehmende wegen ihrer Demenzerkrankung geschäftsunfähig gewesen.

Im vorliegenden Verfahren begehrt die Antragstellerin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 8.3.2011 Akteneinsicht. Die Anzunehmende habe dadurch, dass sie die - nach ihrer Behauptung - bereits seinerzeit demenzkranke Annehmende zur Adoption veranlasst und sie später gegen ihren Willen in einem Seniorenzentrum untergebracht habe, um das Haus der Annehmenden für sich zu nutzen, Straftatbestände erfüllt. Sie betreibe derzeit den an eigenen Interessen ausgerichteten Umbau der Immobilie der Annehmenden in der Erwartung, dass diese nicht mehr in ihr Heim zurückkehre.

Das AG hat den Akteneinsichtsantrag zurückgewiesen, da die Beteiligten des Adoptionsverfahrens der Akteneinsicht nicht zugestimmt haben und besondere Gründe des öffentlichen Interesses nicht vorliegen würden. Auch würde der Antragstellerin als Schwester der Annehmenden kein Antragsrecht in einem Aufhebungsverfahren nach § 1760 BGB zustehen.

II.1. Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig.

Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass einer nicht am Verfahren beteiligten Person ein Beschwerderecht gegen die Zurückweisung des Antrags auf Akteneinsicht zusteht, wobei dieses nach einer Auffassung aus § 58 FamFG hergeleitet wird (so etwa Keidel/Sternel, FamFG, 16. Aufl., § 14 Rz. 72, Bumiller/Harders, FamFG, 3. Aufl., § 13 Rz. 18, Prütting/Helms/Jennissen, FamFG, § 13 Rz. 49) und nach einer anderen Auffassung aus § 23 EGGVG (so etwa Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 2. Aufl. Rz. 23, Meysen/Niepmann, Das Famililenverfahrensrecht-FamFG, § 13 Rz. 14), wobei teilweise § 23 EGGVG erst bei einem nach Verfahrensabschluss gestellten Akteneinsichtsgesuch für einschlägig gehalten wird (so Musielak/Borth, Familiengerichtliches Verfahren, 2. Aufl., § 13 Rz. 1, Bassenge/Roth, FamFG/RPflG, 12. Aufl., § 13 FamFG Rz. 13 und wohl auch Zöller/Lückemann, ZPO, 28. Aufl., § 23 EGGVG Rz. 12).

Der Senat folgt der letztgenannten Ansicht, wobei hier angesichts des Umstandes, dass das Akteneinsichtsgesuch erst nach Abschluss des Adoptionsverfahrens gestellt worden ist, offen bleiben kann, ob die Vorschriften der §§ 23 ff. EGGVG nur bei einem nach Verfahrensabschluss gestellten Akteneinsichtsantrag Anwendung finden.

Eine Statthaftigkeit der Beschwerde nach § 58 FamFG ist deswegen nicht gegeben, weil nach dieser Vorschrift die Beschwerde nur gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen stattfindet und es sich bei der hier verfahrensgegenständlichen Entscheidung über ein Akteneinsichtsgesuch nicht um eine solche handelt. Endentscheidungen sind solche Entscheidungen, durch die der Verfahrensgegenstand ganz oder teilweise erledigt wird, § 38 FamFG. Durch sie wird die Instanz ganz oder - bei einer Teilentscheidung - zumindest für einen Verfahrensgegenstand abgeschlossen, wobei in der Regel über die Hauptsache entschieden wird; allerdings stellen auch die Instanz abschließenden Kostenentscheidungen Endentscheidungen dar (Zöller/Feskorn, ZPO, 28. Aufl., § 58 FamFG Rz. 3, § 38 FamFG Rz. 3). Die Entscheidung über die Gewährung eines Akteneinsichtsrechts stellt da...

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