Leitsatz (amtlich)

1.) Für eine Streitigkeit zwischen einem Verlag und einer Stadt, die im Rahmen ihres - zum Teil werbefinanzierten - Internetauftrittes einen "Marktplatz" vorhält, über welchen Onlinewerbung abrufbar war, ist der Zivilrechtsweg eröffnet.

2.) Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist nach § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 3 a UWG in Verbindung mit dem aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG folgenden Gebot der Staatsferne der Presse zu beurteilen. Bei dem aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG abzuleitenden Gebot der Staatsferne der Presse handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG.

3.) Für die konkrete Beurteilung kommunaler Publikationen mit Blick auf das Gebot der Staatsferne der Presse sind Art und Inhalt der veröffentlichen Beiträge auf ihre Neutralität sowie Zugehörigkeit zum Aufgabenbereich der Gemeinde zu untersuchen und ist unter Einbeziehung des äußeren Erscheinungsbilds eine wertende Gesamtbetrachtung vorzunehmen.

4.) Ob die öffentliche Hand eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG vornimmt, ist anhand einer umfassenden Würdigung der relevanten Umstände des Einzelfalls festzustellen.

 

Normenkette

GG Art. 5; UWG § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1, §§ 3a, 8 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Aktenzeichen 3 O 262/17)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Landgerichts Dortmund vom 26.06.2018 (3 O 262/17) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Rechtsweg zu den allgemeinen Zivilgerichten ist zulässig.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Der Beschwerdewert wird auf 100.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Parteien streiten im vorliegenden Beschwerdeverfahren über die Zulässigkeit des Zivilrechtsweges.

Die Klägerin ist ein Verlag, der unter anderem digitale Medien, wie etwa das digitale Nachrichtenportal "SNachrichten.de" verbreitet. Die Beklagte verantwortet das Internetportal "e.de", das jedenfalls am 15.05.2017 unstreitig in Teilen werbefinanziert war. Innerhalb des Onlineangebots war die Rubrik "N" zugänglich, über die Onlinewerbung abrufbar war.

Mit Klageschrift vom 21.08.2017 begehrt die Klägerin mit dem Hauptantrag, es der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen, das Telemedienangebot "e.de" vom 15.05.2017 zu verbreiten/verbreiten zu lassen und oder öffentlich zugänglich zu machen/machen zu lassen, wenn dies geschieht, wie auf dem "USB-Stick" Anlage K 1 zur Klageschrift wiedergegeben. Hilfsweise begehrt sie, es der Beklagten zu untersagen, die als Anlage K 2 - 20 einzeln aufgeführten Beiträge zu verbreiten/verbreiten zu lassen und oder öffentlich zugänglich zu machen/machen zu lassen, wenn dies geschieht, wie auf dem "USB-Stick" Anlage K 1 zur Klageschrift wiedergegeben. Zur Begründung des Antrags hat die Klägerin mit näheren Ausführungen geltend gemacht, dass die Beklagte durch die im Einzelnen beanstandeten redaktionellen Beiträge gegen das Gebot der Staatsferne der Presse verstoße. Sie sei eine Mitbewerberin der Klägerin und habe auch eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG vorgenommen und somit gegen eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG verstoßen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass der Zivilrechtsweg eröffnet sei. Zwischen den Parteien bestehe ein Wettbewerbsverhältnis. Schon aufgrund der Onlinewerbung der Beklagten konkurrierten die Parteien auf dem Werbemarkt. Mehrfach hat die Klägerin ausdrücklich klargestellt, dass streitbefangen allein die Frage sei, ob die Beklagte bezogen auf ihr kommunales Online-Portal die Grenzen wahre, die für staatliche Öffentlichkeitsarbeit vorgegeben seien. Insbesondere komme es darauf an, ob das Gebot der "Staatsfreiheit der Presse" hinreichend beachtet werde. Damit stehe ein Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung in Streit. Dagegen stehe außer Frage, dass die Beklagte grundsätzlich ein kommunales Internetportal vorhalten dürfe.

Die Beklagte hat sich mit näheren Ausführungen darauf berufen, dass letztlich die Frage, ob sie überhaupt ein auf die kommunalen Aufgaben und den Standort E ausgerichtetes redaktionell gestaltetes Internetangebot präsentieren dürfe, Gegenstand des Klagebegehrens sei. Damit richte sich der Klageantrag gegen eine Entscheidung, die von einem Hoheitsträger im Zusammenhang mit seiner Beschlussfassungs- und Organkompetenz getroffen worden sei. Da der Entschluss zu dieser staatlichen Tätigkeit ausschließlich auf öffentlich-rechtlichen Grundlagen beruhe, könne sich die Klägerin dagegen nur im Verwaltungsrechtsweg zur Wehr setzen. Das Klagebegehren basiere auf der unzutreffenden Annahme, dass jede Berührung des Gebots der Staatsferner der Medien eine Marktverhaltensregelung darstelle. Tatsächlich regelten die relevanten Normen nur die Reichweite des zulässigen Marktzugangs, so dass es sich um eine Marktzutrittsregelung handele. Ein Verstoß dagegen könne keinen Wettbewerbsverstoß begründen.

Das Landgericht hat durch Beschluss vom 26.06.2018 den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig e...

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