Leitsatz (amtlich)

1. Hat die Anschlussbeschwerde künftig fällig werdenden Unterhalt zum Gegenstand, ist sie auch dann insgesamt zulässig, wenn zudem eine Verpflichtung zur Zahlung höherer Rückstände begehrt wird.

2. Tilgt einer der Ehegatten die Kosten für die Grundsteuer und die Grundbesitzabgaben einer im Miteigentum der Ehegatten stehenden Immobilie, befreit sie damit auch den anderen Ehegatten von dessen Verbindlichkeit. In einem solchen Fall ist die Berücksichtigung nach dem Gesamtschuldnerausgleich auch im Unterhaltsverfahren zuzulassen.

3. Das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen eines Pflichtigen erhöht sich, wenn ihm vom Arbeitgeber ein Dienstwagen auch für private Fahrten zur Verfügung gestellt wird, weil er insoweit eigene Aufwendungen erspart.

4. Grundsätzlich kann zur Bemessung der Höhe dieses Vorteils auf die steuerliche sogenannte 1%-Regelung zurückgegriffen werden.

5. Eine abweichende Bewertung kann dann angemessen sein, wenn es sich um einen besonders kostspieligen PKW handelt, der vorrangig Repräsentationszwecken im Rahmen des Arbeitsverhältnisses dient und den der Pflichtige ansonsten niemals angeschafft hätte.

 

Normenkette

BGB § 1361 Abs. 1; FamFG § 117 Abs. 2 S. 1; ZPO § 524 Abs. 2 Sätze 1-2

 

Verfahrensgang

AG Wetter (Aktenzeichen 5 F 332/21)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners vom 20.12.2022 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Wetter vom 24.11.2022 wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin wird der vorgenannte Beschluss - unter gleichzeitiger Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Antragstellerin - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin für die Zeit von August 2021 bis einschließlich Januar 2024 rückständigen Trennungsunterhalt in Höhe von 20.840,58 EUR zu zahlen.

Der Antragsgegner wird weiter verpflichtet, an die Antragstellerin für die Zeit ab Februar 2024 monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 129,13 EUR zu zahlen.

Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.

Die sofortige Wirksamkeit dieses Beschlusses wird angeordnet.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz hat der Antragsgegner zu tragen. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin 1/3 und der Antragsgegner 2/3.

Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 19.570,20 EUR (15.300,- EUR + 4.270,20 EUR) festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Trennungsunterhalt ab dem Monat August 2021.

Sie schlossen die Ehe im Dezember 2004. Aus dieser Ehe sind zwei gemeinsame Töchter hervorgegangen, nämlich die am 00.00.2005 geborene Tochter W. und die am 00.00.2008 geborene Tochter C.. Die Trennung erfolgte entweder im Juni oder im Juli 2021.

Die Töchter lebten anschließend bei der Antragstellerin. Sie bewohnte mit den Kindern zunächst bis einschließlich Juni 2022 die vormalige eheliche Immobilie, die im Miteigentum beider Eheleute stand. Dabei handelt es sich um eine Doppelhaushälfte mit einer Wohnfläche von ca. 150 qm in J.. Zu Juli 2022 zog sie mit den Kindern aus dieser Immobilie aus in eine Mietwohnung, für die sie seither eine Kaltmiete von 550,- EUR zahlt.

Bis einschließlich März 2023 tilgte der Antragsgegner das Darlehen für die gemeinsame Immobilie in Höhe von monatlich 1.182,16 EUR. Im März 2023 wurde die Immobilie sodann veräußert. Im Zuge dessen wurde auch das Darlehen abgelöst.

Die Antragstellerin ist beruflich als Bürokauffrau tätig. Bis einschließlich Juli 2022 arbeitete sie 20 Stunden pro Woche. Zu August 2022 weitere sie ihre Tätigkeit auf 30 Wochenstunden aus. Seit Januar 2024 ist sie in Vollzeit beschäftigt. Die Entfernung zwischen ihrer Wohnung und der Arbeitsstelle beträgt 27 Kilometer.

Der Antragsgegner arbeitet vollschichtig als Programmierer. Sein Arbeitgeber stellte ihm einen PKW M. mit einem Bruttolistenpreis von 90.000,- EUR als Firmenfahrzeug zur Verfügung. Dieses durfte der Antragsgegner auch für private Fahrten nutzen. Daneben verfügte die Familie noch über einen PKW R..

Seit Dezember 2022 stellt sein Arbeitgeber dem Antragsgegner statt des früheren Firmenfahrzeugs nunmehr einen PKW T. Hybrid zur Verfügung. Auch dieses darf der Antragsgegner privat nutzen.

Die ältere Tochter W. nahm im Oktober 2023 ein Studium auf und zog aus der Wohnung der Antragstellerin aus.

Die Antragstellerin hat in erster Instanz zunächst rückständigen Unterhalt für den Zeitraum August bis Dezember 2021 und im Übrigen Auskunft über das Einkommen des Antragsgegners begehrt. Nach Erteilung der Auskunft haben die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich des Auskunftsantrages übereinstimmend für erledigt erklärt. Zuletzt hat die Antragstellerin in erster Instanz begehrt, den Antragsgegner zu verpflichten, an sie rückständigen Unterhalt zu zahlen, und zwar für den Zeitraum von August bis Dezember 2021 einen Betrag von 3.372,- EUR und für den Zeitraum von Januar bis einschließlich Juni 2022 einen Betrag von 3.348,- EUR. Daneben hat sie die Zahlung laufenden Unterhalts in Höhe von monat...

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