Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Aktenzeichen 9 O 136/03)

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin ist Insolvenzverwalterin über das Vermögen des A (nachfolgend: Schuldner).

Das Insolvenzverfahren wurde am 14.5.2001 eröffnet. Der Beklagte war Steuerberater des Schuldners. Er hatte mit diesem am 23.12.1997 einen Bauträgervertrag über zwei noch zu errichtende Eigentumswohnungen in der B-Straße, O1, geschlossen (Anlage K 6, Bl. 26 ff. d.A.). In § 6 dieses Vertrages heißt es, der Verkäufer trete alle Zahlungsansprüche aus der Urkunde an das bauzwischenfinanzierende Kreditinstitut ab (Bl. 35 d.A.). Die Zwischenfinanzierung dieses Objektes stellte die X-Bank (nachfolgend: Bank) aufgrund eines Vertrages vom 18.2./5.3.1998 (Bl. 332 ff. d.A.) bereit. Ausweislich S. 3 dieses Kreditvertrages (Bl. 334 d.A.) verpflichtete sich der Schuldner als Sicherheit u.a. zur Abtretung der Rechte und Ansprüche aus den Kaufverträgen mit sämtlichen Erwerbern; die Sicherungsabtretung vereinbarte er in einer gesonderten Urkunde gleichen Datums mit der Bank (Anlagen K 22, 23, Bl. 189 ff., 213 d.A.). Der Notar, der den Bauträgervertrag beurkundet hatte, übersandte der Bank erstmals unter dem 21.9.1998 (Anlage A 4, Bl. 340 d.A.) eine Kopie der Vertragsurkunde mit der Bitte um Erteilung einer Freistellungserklärung. Die Klägerin nimmt den Beklagten nunmehr auf Zahlung des aus dem Bauträgervertrag noch offenen „Kaufpreis"-Restes von 50. 100 DM (= 25.615,72 EUR) in Anspruch. Der Beklagte verteidigt sich im Wesentlichen mit einem Aufrechnungsvertrag, den er am 1.11.2000 mit dem Schuldner schloss (Anlage K 16, Bl. 119 d.A.); in diesem Vertrag einigten sich der Schuldner und der Beklagte auf eine gegenseitige Aufrechnung der streitgegenständlichen Rest-"Kaufpreis"-Forderung und gleich hoher Gebührenforderungen des Beklagten gegen den Schuldner. Die Parteien streiten u.a. um die Wirksamkeit dieses Aufrechnungsvertrages.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Mit ihrer im Wesentlichen auf Rechtsausführungen gestützten Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Antrag weiter, d. h. sie beantragt,

das landgerichtliche Urteil abzuändern und den Beklagten zur Zahlung von 25.615,72 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7.6.2003 zu verurteilen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das landgerichtliche Urteil.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.

1. Das Landgericht hat bereits zutreffend ausgeführt, dass der Klage angesichts der vom Beklagten erhobenen Einwände nicht deshalb das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, weil die Klageforderung in der notariellen Urkunde über den Bauträgervertrag tituliert ist. Dem ist auch angesichts des Berufungsvortrags des Beklagten nichts hinzuzufügen.

2. Die restliche Entgeltforderung aus dem Bauträgervertrag ist an sich unstreitig. Das Recht der Klägerin zur Einziehung dieser Forderung folgt aus § 166 Abs. 2 InsO, denn der Schuldner hatte diese an die Bank nur sicherungshalber abgetreten.

a) Eine Vollabtretung ist im landgerichtlichen Urteil nicht mit den Senat bindender Wirkung tatbestandlich festgestellt. Die tatbestandlichen Feststellungen zur Abtretung beschränken sich letztlich auf ein verkürzendes Zitat der in § 6 des Bauträgervertrages getroffenen Regelung, verhalten sich insbesondere nicht zu den der Abtretung zugrunde liegenden, also „kausalen” Abreden zwischen dem Schuldner und der Bank; nur anhand dieser Abreden kann zwischen Voll- und Sicherungsabtretung unterschieden werden.

b) Ausweislich der im Berufungsverfahren vorliegenden Urkunden handelte es sich um eine Sicherungsabtretung. Der Schuldner trat die Entgeltforderungen aus den Bauträgerverträgen einschließlich der Forderung gegen den Beklagten zur Sicherheit für das ihm von der Bank gewährte Zwischenfinanzierungsdarlehen ab. Der Beklagte hat eine Vollabtretung schon unzureichend behauptet, weil er auch nach dem Hinweisbeschluss des Senats vom 16.3.2005 (Bl. 309 f. d.A.) zu den der Abtretung zugrunde liegenden Abreden zwischen dem Schuldner und der Bank nichts vorgetragen hat. Hinzu kommt, dass auf der Grundlage der kaufvertraglichen Abtretungsklausel überhaupt kein Abtretungsvertrag zustande gekommen ist. In der Übersendung der Urkunde über den Bauträgervertrag durch den Notar am 21.9.1998 kann kein Angebot des Schuldners auf Abschluss eines Abtretungsvertrages gesehen werden, nachdem die Abtretung bereits in einer anderen Urkunde vereinbart worden und Zweck der Übersendung der Kaufvertragsurkunde allein war, die Freistellungserklärung zu erreichen; bei dieser Sachlage ist im Erhalt und Behalten der Kaufvertragsurkunde keine Annahme eines im Kaufvertrag enthaltenen Abtretungsangebotes durch die Bank zu sehen.

3. Die streitgegenständliche Entgeltforderung ist nicht durch den Aufrechnungsvertrag vom 1.11.2000 erloschen.

a) D...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge