Normenkette

EuGVÜ Art. 13 Abs. 1 Nr. 3, Art. 14; BGB § 661a

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2/23 O 88/01)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 02.12.2002; Aktenzeichen II ZR 101/02)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 30.8.2001 verkündete Urteil des LG Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer beträgt 15.338,76 Euro.

 

Tatbestand

Es handelt sich um die Einforderung eines gemachten Gewinnversprechens.

Im August 2000 übersandte die Beklagte der Klägerin sowie einer Vielzahl anderer Empfänger eine Gewinnbestätigung, die wie folgt lautet: „Im Rahmen einer Vorabziehung wurde für diese Gewinnsumme i.H.v. 30.000 DM die Nr. 1008 gezogen und eindeutig als Gewinnnummer festgelegt”. Es heißt dann weiter: „Es wird festgestellt, dass die Gewinnnummer 1008 auch für Frau G. – die Klägerin – gezogen wurde. Damit ist Frau G. eindeutig als Gewinner ermittelt.” Darunter befinden sich drei Unterschriften, davon die eines Rechtsanwaltes, der als Hauptjuror der Gewinnabteilung bezeichnet ist (Bl. 13 d.A.). Beigefügt war eine Karte, auf der die Empfänger ankreuzen konnten, ob sie eine echte Bernsteinkette 30 Tage zur Ansicht (für 39,95 DM) oder die Bargeldauszahlung wünschten. Am linken Rand der Gewinnbestätigung wird recht klein gedruckt darauf hingewiesen, dass Gewinnnummern auch mehrfach vergeben und bei mehreren Gewinnanforderungen der Betrag unter den Einsendern aufgeteilt werden könne; Gewinne unter 5 DM würden nicht ausgezahlt, sondern als Jackpot für die nächste Veranstaltung zur Verfügung gestellt. Wegen des Wortlauts des genannten sowie eines mehrfach mit dem Begriff Gewinnvergabe versehenen Schreibens wird auf Bl. 13 und 14 d.A. verwiesen. Genannt werden zusätzlich die Namen von zwei Frauen, die 15.000 DM und 20.000 DM gewonnen hätten (Bl. 15 d.A.). Auf dem Blatt „Test- und Bargeld-Gewinn-Anforderung” findet sich rechts unten der Hinweis, die Gewinnbedingungen gelesen und anerkannt zu haben (Bl. 17d.A.).

Eine Gewinnauszahlung erfolgte nicht. Die Beklagte teilte mit, es seien so viele gültige Gewinnanforderungen bei ihr eingegangen, dass der auf die Klägerin entfallende Anteil unter 5 DM liege.

Die Beklagte, eine schweizerische, offenbar nur aus einem Inhaber bestehende, AG hat die internationale und die örtliche Zuständigkeit des LG gerügt und dargelegt, dem Schreiben lasse sich nicht entnehmen, dass die Klägerin 30.000 DM gewonnen habe.

Das LG hat seine internationale Zuständigkeit nach §§ 13 Nr. 3, 14 EuGVÜ (Übereinkommen der EG über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen) i.V.m. dem im Wesentlichen gleich lautenden und für die Schweiz verbindlichen Luganer-Abkommen vom 16.9.1988 (BGBl. II 1994, 2658 – s.a. BLAH unter „Anerk. Vollstr. Abk.”) für den geltend gemachten Anspruch aus § 661a BGB bejaht. Zumindest sei aber bei Annahme eines (quasi) deliktischen Anspruchs die internationale und örtliche Zuständigkeit aus Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ gegeben.

Die Klage sei begründet, weil sich der Klägerin der Eindruck habe aufdrängen müssen, sie sei als Gewinnerin von 30.000 DM ermittelt worden. Es falle zwar auf, dass der Gewinnanteil für die Nr. 1008 „auch” für die Klägerin gezogen worden sei und die 30.000 DM nur zu dieser Gewinnnummer in Bezug gesetzt werden. Der Empfänger habe aber nicht damit rechnen müssen, dass a.E. nur noch eine anteilige Summe von weniger als 5 DM übrig bleibe. Die Erwartung größeren Gewinnes werde dadurch gefördert, dass hohe Gewinnsummen ausdrücklich genannt worden seien.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer zulässigen Berufung.

Sie meint, laut internationaler Zuständigkeit könne sie nur in der Schweiz verklagt werden. Nach den Maßstäben des Europäischen Rechts müsse von einem aufgeklärten, misstrauischen Verbraucher ausgegangen werden, der erkannt habe, dass er nur als einer von vielen an einer Gewinnsumme von 30.000 DM beteiligt sei. Die Situation sei nicht anders zu bewerten als beim Lotto.

Die Beklagte beantragt, das am 30.8.2001 verkündete Urteil des LG Frankfurt am Main abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie behauptet, die Beklagte müsse mehrere zehntausendmal Gewinnbestätigungen mit der Nr. 1008 versandt haben, sonst wären nicht mehr als 6.000 Gewinnanforderungen zurückgeschickt worden. Im Übrigen verteidigt sie das angefochtene Urteil und vertieft ihren bisherigen Vortrag.

 

Entscheidungsgründe

Das Rechnungsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Zur Frage der Zuständigkeit folgt der Senat dem LG. Es erscheint nicht fern liegend, vorliegend zumindest von einem angestrebten Vertragsabschluss betreffend die Lieferung einer beweglichen Sache gem. Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ auszugehen, bei dem nach Art. 14 Abs. 1 auch vor den Gerichten des Vertragsstaates geklagt werden kann, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat. Ob das auch für ein Verhalten gilt,...

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