Entscheidungsstichwort (Thema)

Zu den Voraussetzungen einer "Krise" i.S.v. § 32a GmbHG

 

Normenkette

BGB § 390; GmbHG § 32a a.F.

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 03.04.2009)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 11.10.2011; Aktenzeichen II ZR 18/10)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 3.4.2009 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. (Einzelrichter) abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 911.290,45 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.11.2007 sowie weitere 6.747,06 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.4.2008 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Mit der Berufung wendet sich der Kläger gegen die Abweisung seiner Klage auf Zahlung von 911.290,45 EUR. Zugrunde liegt ein vermeintlich eigenkapitalersetzendes Darlehen der Beklagten an die Schuldnerin.

Wegen des Sachverhalts wird zunächst Bezug genommen auf die Ausführungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils. Hervorzuheben ist folgendes:

Die Schuldnerin und die Beklagte sind Schwesterunternehmen. Die Beklagte vertrieb Fahrräder, die Schuldnerin arbeitete in ihrem Auftrag. Sie bekam Teile von der Beklagten geliefert und montierte Fahrräder. Für die Montage eines Fahrrades wurde während der Dauer des Lohnfertigungsvertrags pro montiertem Fahrrad ein Betrag von 18 EUR zugunsten der Schuldnerin in das gemeinsame Verrechnungskonto eingestellt.

Die Schuldnerin machte seit Aufnahme des Geschäftsbetriebs am 7.11.2005 permanent Verluste, die Verbindlichkeiten wurden durch Stützmaßnahmen der Beklagten aufgefangen.

Auf dem Forderungskonto standen Forderungen der Beklagten von Januar 2006 bis Dezember 2006 i.H.v. durchschnittlich 911.290,45 EUR, dies ist die Klageforderung. Die Beklagte machte diesen Saldo über Monate nicht geltend, angeblich im Hinblick auf die ausstehende Abrechnung der Fahrradmontage. Im März 2007 stellte die Schuldnerin eine Forderung in das Verrechnungskonto von 1.379.423 EUR. Zugrunde liegt dem die Differenz zwischen den ursprünglich in das Verrechnungskonto eingestellten Montagekosten von 18 EUR pro Stück und den tatsächlich, aufgrund geringerer Gesamtstückzahl erhöhten Montagekosten pro Stück von 27,28 EUR, die erst nach Ablauf des Lohnfertigungsvertrages ermittelt werden konnten.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, das Stehenlassen der Forderung i.H.v. durchschnittlich 911.290,45 EUR sei als eigenkapitalersetzendes Darlehen anfechtbar. Er hat dazu vorgetragen, die Schuldnerin sei von vornherein nur durch Gesellschafterdarlehen lebensfähig gewesen. Bankdarlehen hätte sie von Beginn an nicht erhalten. Bereits kurz nach ihrer Gründung sei sie überschuldet gewesen und bis zur Insolvenz geblieben. Das Eigenkapital sei bereits am 31.12.2005 vollständig aufgezehrt gewesen. Für das Rumpfgeschäftsjahr vom 2.9. bis 31.12.2005 sei ein Jahresfehlbetrag von 249.000 EUR und ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von 224.000 EUR ausgewiesen.

Im Geschäftsjahr 2006 habe die Schuldnerin weiter Verluste erwirtschaftet, die Gewinn- und Verlustrechnung für 2006 weise einen Verlust von 1.001.775,15 EUR aus, wie sich aus der Berechnung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft X ergebe (Anlage BB1). Er hat weiter behauptet, der Überschuldungsstatus zum 31.12.2006 weise einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 4.386.987,39 EUR aus (Anlage BB2). Dies zugrunde gelegt wäre auch unter Berücksichtigung der Rangrücktrittserklärungen ein nicht gedeckter Fehlbetrag von 1.041.139,39 EUR zu verzeichnen.

Beweis für die Richtigkeit des Status: Sachverständigengutachten

Die Beklagte hat behauptet, es sei vereinbart gewesen, dass die für die Montage konkret anfallenden Kosten vollständig von der Beklagten gezahlt würden. Die Schuldnerin habe kostendeckend arbeiten sollen. Die monatlich pro montiertem Fahrrad eingestellten 18 EUR seien auf der Basis von 200.000 montierter Fahrräder kalkuliert worden. Erst nach Ablauf des Lohnfertigungsvertrages zum 30.11.2006 habe dann rückwirkend anhand der tatsächlich montierten Anzahl an Fahrrädern der wirkliche für die Schuldnerin kostendeckende Preis ermittelt werden und der sich ergebende Saldo (für wen auch immer) in das Forderungskonto eingestellt werden sollen.

Der Kläger hat in erster Instanz beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 911.290,45 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.11.2007 sowie weitere 6.747,06 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (17.4.2008) zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das LG hat Beweis erhoben...

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