Entscheidungsstichwort (Thema)

Markenrecht: Auswirkungen einer nur teilweise rechtserhaltenden Benutzung auf die Kollisionsprüfung; Markenmäßige Benutzung einer Modellbezeichnung für Hosen; Anspruch auf Urteilsveröffentlichung; Unterscheidungskraft; Hudson

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ist eine Unionsmarke nur für einen Teil der Waren, für die sie eingetragen ist, rechtserhaltend benutzt worden, ist im Verletzungsprozess für die Kollisionsprüfung derjenige Warenbegriff zugrunde zu legen, auf den im Löschungsverfahren die Eintragung im Wege der Teillöschung zu reduzieren ist; die Grundsätze aus der Entscheidung "Ichthyol II" des Bundesgerichtshofs (GRUR 2006, 937 [BGH 29.06.2006 - I ZR 110/03] Rn. 21) finden jedenfalls im Unionsmarkenrecht keine Anwendung.

2. Wird eine fremde Marke als Modellbezeichnung für Bekleidungsstücke verwendet, liegt darin in der Regel eine markenmäßige, d.h. die Herkunftsfunktion der Marke beeinträchtigende Benutzung. Etwas anderes gilt allenfalls dann, wenn der angesprochene Durchschnittsverbraucher auf Grund einer ihm bekannten verbreiteten Branchenübung weiß, dass derartige Modellbezeichnungen - etwa als Bestellzeichen - allein dazu dienen, das Modell von anderen Modellen desselben Anbieters zu unterscheiden (im Streitfall verneint).

3. Das Zeichen "Hudson" verfügt für Bekleidungsstücke über originäre Unterscheidungskraft; an dem Zeichen besteht auch kein Freihaltebedürfnis.

4. Nach Verletzung einer Unionsmarke ist auf die Folgeansprüche deutsches Recht anzuwenden, wenn der Beklagte seinen Sitz in Deutschland hat und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Verletzungshandlungen ihren Ursprung außerhalb Deutschlands hatten.

5. Ein Ausspruch über die Befugnis zur Urteilsveröffentlichung (§ 19c MarkenG) kommt nur in Betracht, wenn die Veröffentlichung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände erforderlich und geeignet erscheint, um einen durch die Kennzeichenverletzung eingetretenen Störungszustand zu beseitigen. Daran fehlt es, wenn über mehrere Jahre keine Verletzungshandlungen mehr in größerem Umfang stattgefunden haben.

 

Normenkette

MarkenG §§ 19c, 14; ROM-II-VO Art. 8 Abs. 2; UMV Art. 9

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 22.06.2016; Aktenzeichen 2-6 O 130/15)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 22.6.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt, 6. Zivilkammer (Az. 6 O 130/15) teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

I. Die Beklagte wird verurteilt,

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihren gesetzlichen Vertretern, zu unterlassen,

Jeans unter der Bezeichnung HUDSON im Gebiet der Europäischen Union anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, einzuführen, auszuführen, zu bewerben oder die Bezeichnung auf Jeans, ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen, in der nachstehenden Form:

((Abbildungen))

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus den in Ziffer I. beschriebenen, seit dem 20.9.2013 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für die Zeit ab dem 20.9.2013 Auskunft über Herkunft und Vertriebswege der nach Ziffer I. gekennzeichneten Jeans zu erteilen, insbesondere Angaben zu machen über Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzer sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für welche Jeans bestimmt waren, über die Menge der hergestellten Jeans sowie über die Preise, die für die Jeans bezahlt wurden.

IV. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über Art und Umfang der in Ziffer I. beschriebenen, seit dem 20.9.2013 begangenen Handlungen zu erteilen, und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich die mit den Jeans nach Ziffer I. erzielten Umsätze und die Gestehungskosten einschließlich aller Kostenfaktoren, jeweils aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren, sowie Art und Umfang der betriebenen Werbung, gegliedert nach Werbeträgern, Auflagenzahl, Aufrufzahlen von Internetseiten, Erscheinungszeit und Verbreitungsgebiet, ergeben.

V. Die Beklagte wird verurteilt,

a) die unter Ziffer I. bezeichneten, in Verkehr gebrachten Jeans gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich (Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 22. Juni 2016) festgestellten markenverletzenden Zustand der Jeans und mit der verbindlichen Zusage schriftlich zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen;

b) die im Gebiet der Europäischen Union in ihren unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen unter vorstehend Ziffer I bes...

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