Entscheidungsstichwort (Thema)

Gerichtsgebührenbefreiung einer gemeinnützigen Stiftung im Erbscheinsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Eine als gemeinnützig i. S. d. §§ 51 ff. AO anerkannte Stiftung ist im Erbscheinsverfahren auch dann gemäß § 7 JKostG HE von der Erhebung von Gerichtsgebühren befreit, wenn sie einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält.

 

Normenkette

JKostG HE § 7

 

Verfahrensgang

AG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 08.03.2018; Aktenzeichen 51 VI 4162/16 Ko)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 18.06.2018 wird der Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 08.03.2018 abgeändert.

Der Kostenansatz des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 01.12.2017 - Kostenrechnung mit Kassenzeichen ... wird aufgehoben.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin ist eine Stiftung des bürgerlichen Rechts. Sie ist Trägerin eines Krankenhauses, das sie als Zweckbetrieb im Sinne des § 67 der Abgabenordnung betreibt. Gemäß der Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2015 vom 21.07.2017 (Bl. 389 d. A.) ist hinsichtlich der Steuerpflicht Folgendes festgestellt: "Die Steuerpflicht erstreckt sich ausschließlich auf den von der Körperschaft unterhaltenen (einheitlichen) steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Im Übrigen ist die Körperschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit, weil sie ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigten gemeinnützigen Zwecken im Sinne der §§ 51 ff. AO dient".

Die Antragstellerin beantragte mit notarieller Urkunde vom 20.12.2016 die Erteilung eines Erbscheins, der sie aufgrund eines privatschriftlichen Testaments vom 30.04.2014 als Alleinerbin ausweist. Mit Beschluss des Nachlassgerichts vom 16.10.2017 (Bl. 387 d. A.) hat das Nachlassgericht die für die Erteilung des von der Antragstellerin beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet und den Erbschein am 25.10.2017 (Bl. 391 d. A.) erteilt.

Die Antragstellerin hat mit Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 13.10.2017 (Bl. 388 d. A.) im Hinblick auf ihre Anerkennung als gemeinnützige Stiftung um Prüfung gebeten, ob hinsichtlich der Gerichtskosten eine Gebührenbefreiung vorliege. Das Nachlassgericht hat mit Verfügung vom 05.10.2017 (Bl. 394 d. A.) mitgeteilt, dass die Voraussetzungen für eine Gebührenfreiheit nach § 7 Abs. 1 des Hessischen Justizkostengesetzes nicht vorliegen würden. Die Stiftung müsse insgesamt als mildtätig oder gemeinnützig anerkannt und ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige oder mildtätige Zwecke verfolgen. Die erforderliche Ausschließlichkeit sei nicht gegeben, da die Antragstellerin auch einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb verfolge, welches sich aus der vorgelegten Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid 2015 ergebe.

Die Antragstellerin macht hierzu geltend, dass die Erbschaft dem Bereich der Vermögensverwaltung und nicht einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzurechnen wäre. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stehe ein umfangreicher steuerlich begünstigter wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (Zweckbetrieb nach §§ 65 ff. AO) der Annahme der Gemeinnützigkeit nicht entgegen.

Die Bezirksrevisorin bei dem Amtsgericht hat in der Stellungnahme vom 20.11.2017 (Bl. 401 d. A.) die Auffassung vertreten, dass sich die Erbenstellung auf die gesamte Körperschaft, die teilweise einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalte, erstrecke. Eine Differenzierung, ob der Nachlass in den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb falle oder nicht, könne nicht erfolgen, so dass die Erhebung der Gerichtsgebühren zu erfolgen habe.

Mit Kostenrechnung vom 01.12.2017 (Vorblatt III Bd. I d. A.) wurde der Antragstellerin eine Verfahrensgebühr i.H.v. 9.955 EUR in Rechnung gestellt. Gegen die Kostenrechnung hat die Antragstellerin mit Schreiben ihres neuen Verfahrensbevollmächtigten vom 11.12.2017 (Bl. 410 der Akte) Erinnerung eingelegt.

Mit Beschluss vom 05.02.2018 (Bl. 484 d. A.) hat die Rechtspflegerin der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache dem Richter vorgelegt.

Das Nachlassgericht hat mit Beschluss vom 08.03.2018 (Bl. 485 d. A.) die Erinnerung gegen den Kostenansatz vom 01.12.2017 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Antragstellerin ausweislich des vorgelegten Körperschaftsteuerbescheides hinsichtlich des von ihr geführten wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes, bei dem es sich um einen Klinikbetrieb handeln dürfte, der Steuerpflicht unterliege und im Übrigen von der Körperschaftssteuerpflicht befreit sei, da sie ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigten gemeinnützigen Zwecken im Sinne der §§ 51 ff. AO diene. Da die Rechtsnachfolge von der Antragstellerin als Ganzes angetreten werde, könne eine Aufspaltung in einen gemeinnützigen und einen wirtschaftlich tätigen Teil nicht denkbar sein, so dass von Erbschaftsangelegenheiten stets auch der wirtschaftliche ...

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