Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, wann die Anerkennung der Vaterschaft unwirksam ist

 

Normenkette

BGB § 1598 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Frankfurt am Main (Beschluss vom 16.08.2018; Aktenzeichen 44 III 8/18)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 16. August 2018 wird aufgehoben.

Das Standesamt wird angewiesen, den Beteiligten zu 2 als Vater des Kindes im eingangs bezeichneten Geburtenregister einzutragen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Beschwerdewert: 5.000 EUR

 

Gründe

I. Die Kindesmutter hat das eingangs bezeichnete Kind am XX.XX.2018 Stadt1 geboren. Sie ist serbische Staatsangehörige, der unter dem 11. Dezember 2017 eine bis zum 22. Februar 2018 befristete und mit dem Ende der Mutterschutzfrist endende Duldung mit der Auflage der Wohnsitznahme nur in Stadt1 erteilt worden war.

Der Beteiligte zu 2, ein zuletzt in Stadt2 lebender deutscher Staatsangehöriger, hatte bereits vorgeburtlich am 6. November 2017 zu UR-Nr. .../2017 der Notarin A in Stadt1 mit Zustimmung der Kindesmutter die Vaterschaft für das von ihr erwartete Kind anerkannt, wobei für die nach eigenen Angaben der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtige Kindesmutter eine Bekannte als Dolmetscherin für die serbische Sprache hinzugezogen wurde.

Die Beteiligten zu 1 und 2 erschienen am 9. Januar 2018 wiederum in Begleitung dieser Bekannten als Dolmetscherin bei dem Standesamt und legten eine Ausfertigung der notariellen Vaterschaftsanerkennungsurkunde zur Eintragung des Vaters im Geburtenregister vor. Außerdem vorgelegt wurde die Duldung der Kindesmutter. Die Standesbeamtin fertigte einen Vermerk über ihre Notizen bei der Anhörung an. Danach erklärte auf die Frage nach dem Kennenlernen der Erschienene zu 2 nach einigem Zögern, man habe sich auf einer Feier in Stadt1 kennengelernt, während die Kindesmutter hierzu nichts sagte. Auf weiteres Befragen erklärte der Beteiligte zu 2, kein Serbisch zu sprechen und die Kindesmutter gab über die Dolmetscherin an, ein wenig Deutsch zu sprechen, was durch den persönlichen Eindruck der Standesbeamtin nicht bestätigt wurde. Auf die Frage, wie man sich miteinander unterhalte, erklärte der Beteiligte zu 2 nach einigem Zögern, es müsse viel übersetzt werden.

Die Standesbeamtin fragte daraufhin schriftlich bei der Urkundsnotarin an, ob der bei dem Standesamt entstandene Verdacht der missbräuchlichen Anerkennung der Vaterschaft zum Zwecke der Verschaffung eines Aufenthaltsrechtes für die Kindesmutter geteilt werde und ob bei der Beurkundung eine diesbezügliche Anhörung stattgefunden habe. Hierauf teilte die Notarin mit Schreiben vom 18. Januar 2018 zunächst mit, leider keine Erinnerung an die Angelegenheit zu haben. Unter dem 26. Februar 2018 teilte die zwischenzeitlich nicht mehr amtierende Notarin mit Hinweis auf die pränatal erfolgte Beurkundung ergänzend mit, ihre Erinnerung nach habe sich die Kindesmutter lediglich mit ihrem Pass ausgewiesen, da ihr anderenfalls wohl das Ende des Duldungstermins aufgefallen wäre und zu Nachfragen ihrerseits geführt hätte. Der Wohnsitz des Beteiligten zu 2 in Stadt2 habe zum Protokollierungszeitpunkt nicht gegen dessen Aufenthalt in Stadt1 gesprochen. Ob und wie die Eltern miteinander kommuniziert hätten, habe sie wegen der Hinzuziehung einer Dolmetscherin für die serbische Sprache nicht beobachtet.

Das Standesamt legte dem Amtsgericht die Sache mit der Bitte um Anweisung vor, ob die Vaterschaftsanerkennung im Geburtenregister einzutragen sei. Zur Begründung wurde ausgeführt, obwohl konkrete Anhaltspunkte für die Missbräuchlichkeit vorlägen, sei seitens der Notarin die Aussetzung der Beurkundung versäumt worden; § 1597a BGB lasse offen, ob in einem solchen Fall seitens des Standesamtes die Eintragung im Geburtenregister abzulehnen sei.

Der Verfahrensbevollmächtigte der Kindesmutter machte mit Schriftsatz vom 20. März 2018, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, im Wesentlichen geltend, das Standesamt könne sich auf die Neuregelung des § 1597a BGB, die einen präventiven Ansatz zur Verhinderung der Beurkundung missbräuchlicher Vaterschaftsanerkenntnisse verfolge, nicht berufen, da hier bereits eine form- gerechte und wirksame Anerkennung vorliege.

Nachdem der unter der in der Anerkennungsurkunde angegebenen Anschrift geladene Beteiligte zu 2 zu zwei vom Amtsgericht anberaumten Anhörungsterminen nicht erschienen war, ergab eine Einwohnermeldeanfrage in Stadt2, dass dessen Aufenthalt seit 15. März 2018 unbekannt ist.

Der Amtsrichter erließ sodann unter dem 16. August 2018 einen Beschluss, mit welchem er feststellte, dass die am 6. November 2017 erteilte Vaterschaftsanerkennung unwirksam sei. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Kindesmutter sei zum Zeitpunkt der Anerkennung vollziehbar ausreisepflichtig gewesen, zudem fehle es an einer persönlichen Beziehung zwischen der Kindesmutter und dem Beteiligten zu 2. Die Ausführungen der Notarin belegten, dass diese sich keine...

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