Leitsatz (amtlich)

Zur Wirksamkeit und Beendigung einer in Algerien im Jahr 2014 geschlossenen Ehe mit einer damals 15-Jährigen mit deutscher und algerischer Staatsangehörigkeit.

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird in Ziffer 1 abgeändert.

Die am XX.XX.2014 vor dem Standesbeamten des Standesamtes in Stadt1/Algerien (Heiratsregister Nr. .../14) geschlossene Ehe der Beteiligten wird aufgehoben.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten beider Rechtszüge werden gegeneinander aufgehoben.

Der Beschwerdewert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die am XX.XX.1998 in Stadt2 geborene Antragstellerin und der am XX.XX.1985 geborene Antragsgegner schlossen am XX.XX.2014 in Stadt1/Algerien die Ehe miteinander. Der Antragsgegner verfügt über die algerische Staatsangehörigkeit, die Antragstellerin verfügte bereits zu dieser Zeit sowohl über die deutsche als auch die algerische Staatsangehörigkeit. Im Hinblick auf die damalige Minderjährigkeit der Antragstellerin war dieser seitens des zuständigen algerischen Gerichts eine Befreiung vom Erfordernis der Volljährigkeit nach Maßgabe des algerischen Rechts erteilt worden. Bei der Eheschließung legte sie ausschließlich ihren algerischen Reisepass vor, sowie eine vom algerischen Konsulat ausgestellte Geburtsurkunde. Als Ehevormund trat der Onkel der Antragstellerin mit einer Vollmacht auf.

Aus der Ehe resultiert das minderjährige Kind A, geb. am XX.XX.2015.

Zu einem zwischen den Beteiligten streitigen Zeitpunkt im Jahr 2016 bzw. 2017 trennten sich die Eheleute.

Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 14.06.2017 beantragte die Antragstellerin, die geschlossene Ehe der Beteiligten zu scheiden. Gleichzeitig hatte die Antragstellerin mit ihrem Ehescheidungsantrag die Zuweisung der Ehewohnung für den Fall der Ehescheidung beantragt.

Der Antragsgegner trat dem Scheidungsantrag entgegen und bestritt den von der Antragstellerin behaupteten Trennungszeitpunkt.

Auf Anfrage des Amtsgerichts teilte die Antragstellerin mit, dass sie die deutsche Staatsangehörigkeit habe. Mit Verfügung vom 27.02.2018 wies das Amtsgericht die Beteiligten darauf hin, dass nach seiner Ansicht die Ehe nach § 1303 BGB unwirksam sei und verwies auf die Möglichkeit einer gerichtlichen Feststellung nach § 121 Nr. 3 FamFG.

Mit Schriftsatz vom 22.03.2018 beantragte die Antragstellerin sodann festzustellen, dass die Ehe der Beteiligten nicht bestehe und beantragte darüber hinaus die am XX.XX.2014 geschlossene Ehe der Beteiligten aufzuheben, soweit die Ehe nicht unwirksam sei.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht beantragte die Antragstellerin, festzustellen dass die Ehe nicht besteht und hilfsweise die geschlossene Ehe der Beteiligten aufzuheben.

Der Antragsgegner beantragte, die Anträge zurückzuweisen.

Mit Beschluss vom 14.05.2018 stellte das Amtsgericht fest, dass die zwischen den Beteiligten geschlossene Ehe nicht besteht und wies darüber hinaus die "Ehewohnung" der Antragstellerin für die Zeit der Trennung zu.

Gegen die Feststellung der Unwirksamkeit der Ehe richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, der mit dieser geltend macht, dass die Eheschließung nicht rechtlich unwirksam sei, weil sie nach algerischem Recht wirksam geschlossen worden sei. Außerdem verwies er darauf, dass die Antragstellerin entgegen ihrem Vorbringen im ersten Rechtszug auch über die algerische Staatsangehörigkeit bereits zum Zeitpunkt der Eheschließung verfügt habe, was die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren eingeräumt hat.

Die Entscheidung über die Ehewohnung wurde von den Beteiligten nicht angegriffen, wobei die Antragstellerin heute auch nicht mehr dort lebt.

Der Beschwerdeführer beantragt,

den Beschluss des Amtsgerichts Offenbach vom 14.05.2018 zu Ziffer 1 aufzuheben und die Anträge zurückzuweisen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt

die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise die zwischen den Beteiligten geschlossene Ehe aufzuheben, hilfsweise sie zu scheiden.

Der Senat hat im Beschwerdeverfahren das Regierungspräsidium Stadt3 über den Antrag der Antragstellerin unterrichtet. Einen Antrag hat die Verwaltungsbehörde nicht gestellt.

II. Die nach §§ 58 ff. zulässige Beschwerde des Antragsgegners hat insoweit Erfolg, als das Amtsgericht zu Unrecht festgestellt hat, dass die zwischen den Beteiligten geschlossene Ehe unwirksam sei.

Soweit das Amtsgericht es verabsäumt hatte, gemäß § 129 Abs. 2 FamFG die zuständige Verwaltungsbehörde über den Antrag der Antragstellerin zu unterrichten, ist dieser Verfahrensmangel im Beschwerdeverfahren durch den Senat geheilt worden.

Nach dem zum 22.07.2017 in Kraft getretenen Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen (BGBl. 2017 I, 2429) ergibt sich zwar aus § 1303 BGB, dass eine Ehe nicht vor Eintritt der Volljährigkeit geschlossen werden kann und dass Ehen, die mit einer Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, eingegangen worden sind, unwirksam sind.

Keiner nähren Überprüfung hat das Amtsgericht aber dem Umstand gewidmet, dass die Beteiligten ebenfalls über die alg...

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