Leitsatz (amtlich)

Unterliegen die allgemeinen Ehewirkungen dem deutschen Sachrecht, bedarf ein vom Ehemann abgegebenes Morgengabeversprechen für seine Wirksamkeit der notariellen Beurkundung.

 

Normenkette

EGBGB § 5 Abs. 1 S. 2, § 14

 

Verfahrensgang

AG Wetzlar (Aktenzeichen 620 F 1131/17)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Auf den Widerantrag wird die Antragstellerin verpflichtet, an den Antragsgegner 167,83 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.5.2018 zu zahlen.

Im Übrigen werden der Widerantrag und die Anträge der Antragstellerin zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Die Kosten des zweiten Rechtszugs werden der Antragstellerin auferlegt. Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszugs bleibt es bei der Kostenentscheidung im angefochtenen Beschluss.

Der Verfahrenswert wird für den zweiten Rechtszug festgesetzt auf 22.792,66 Euro.

 

Gründe

I. Die Beteiligten sind seit x.y.2018 rechtskräftig geschiedene Eheleute mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland. Die Antragstellerin ist türkische Staatsangehörige, der Antragsgegner deutscher und türkischer Staatsangehöriger.

Ihrer standesamtlichen Eheschließung am x.y.2016 ging eine islamische Eheschließung am x.y.2016 voraus. In deren Rahmen fragte der Imam die Antragstellerin, was sie im Falle des Scheiterns der Ehe begehre. Sie antwortete spontan "5.000,- Euro.", was der Antragsgegner, mit dem die Antragstellerin vorab nicht über eine Morgengabe (Mehir) gesprochen hatte, akzeptierte. Der Imam trug daraufhin auf einer von ihm handschriftlich verfassten, als Vertrag (Nikah Akid Senedi) bezeichneten Urkunde, deren Kopie als Bl. 64 der Akte vorliegt, ein: "Mehir: 5555,55 EUR". Die Urkunde wurde von beiden Beteiligten oberhalb dieses Eintrags unterschreiben und von zwei Zeugen und dem Imam unterhalb dieses Eintrags.

Anlässlich der Hochzeitsfeierlichkeiten erhielt die Antragstellerin den in ihrem Herausgabeantrag näher bezeichneten Goldschmuck im Wert von mindestens 17.000,- Euro geschenkt. Teile des Schmucks trug die Antragstellerin anschließend wiederholt an Festtagen, letztmals auf einer Hochzeitsfeier am 9.7.2017. Am 3.8.2017 ließ sie sich mit Teilen des Schmucks in der ehelichen Wohnung fotografieren.

Am 13.8.2017 kam es nach einer Auseinandersetzung der Beteiligten in dem vom Antragsgegner damals betriebenen Imbiss zur Trennung der Beteiligten. Die Antragstellerin begab sich aus dem Imbiss in Begleitung zweier von ihr benannter Zeuginnen zur gemeinsamen Ehewohnung, um dort ihre persönlichen Sachen abzuholen. Die Ehewohnung hat sie seitdem nicht mehr betreten. Vor Verlassen der Ehewohnung, bei welchem der Antragsgegner nicht zugegen war, zerstörte sie ein in der Wohnung befindliches Sofa. Ob das Sofa im Allleineigentum des Antragstellers oder im Miteigentum beider Ehegatten stand, ist zwischen den Beteiligten streitig. Ob die Antragstellerin auch weitere Einrichtungsgegenstände zerstörte, ist ebenfalls streitig, ist aber nicht mehr Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.

Nach ihrem Auszug übersandte die Antragstellerin dem Antragsgegner eine WhatsApp-Nachricht mit folgendem, ins Deutsche übersetzten Inhalt:

"Ihr seid eh keine Familie, die betet, und ihr wisst nicht, was helal oder haram ist. Du bist jetzt traurig wegen des Hauses. Benutzt das Haus, wie ihr es wollt. Und noch was, deine Mutter soll das Gold so benutzen, wie sie es will, aber mein Mehir will ich haben. Wenn ihr mir mein Mehir nicht rausgebt, soll jeder Cent eine Sünde sein. Ihr betet eh nicht, ihr wisst nicht, was helal oder haram ist."

Der Verbleib des der Antragstellerin zur Hochzeit geschenkten Goldschmucks ist zwischen den Beteiligten streitig. Die Antragstellerin forderte den Antragsgegner mit Schreiben vom 8.9.2017 zur Herausgabe des Schmucks auf, woraufhin der Antragsgegner mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 13.9.2017 erwiderte, er sei nicht in Besitz des Schmucks. Diesen habe die Antragstellerin bei ihrem Auszug mitgenommen.

Mit ihrem am 10.11.2017 beim Amtsgericht eingegangenen und dem Antragsgegner am 9.3.2018 zugestellten Antrag hat die Antragstellerin die Herausgabe ihres Goldschmucks, hilfsweise die Zahlung eines Betrags von 17.000,- Euro, sowie die Zahlung einer Morgengabe von 5.555,- Euro begehrt.

Der Antragsgegner hat seinerseits mit Widerantrag vom 3.5.2018, der Antragsgegnerin zugegangen am 11.5.2018, die Zahlung von 3.890,- Euro als Schadensersatz für die von der Antragstellerin bei ihrem Auszug zerstörten Haushaltsgegenstände verlangt. Die Antragstellerin hat den Kaufpreis des Sofas unter Vorlage einer Rechnung vom 16.9.2016, Bl. 70 der Akte, mit 699,- Euro einschließlich Mehrwertsteuer angegeben. Wegen der Berechnung des vom Antragsgegner vorgenommenen Abzugs "neu für alt" wird auf den Schriftsatz vom 3.5.2018 Bezug genommen. Die Antragstellerin hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 15.5.2018, in welchem der Widerantrag gestellt worden ist, auf eine förmliche Zustellung der Wider...

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