Leitsatz (amtlich)

Während der Trennungszeit folgt der Anspruch auf Nutzungsvergütung auch im Falle freiwilliger Überlassung der im Miteigentum der Ehegatten stehenden Ehewohnung aus § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB als lex specialis zu § 745 Abs. 2 BGB. Im Rahmen des Kriteriums der Billigkeit als einer Konkretisierung des Grundsatzes von Treu und Glauben zu prüfen, ob dem weichenden Ehegatten aufgrund der sonstigen Umstände, die auch durch die Besonderheiten der Trennung der Ehegatten beeinflusst sind, und unter Beachtung der beiderseitigen Interessen die Hinnahme der Alleinnutzung ohne Gegenleistung nicht mehr zumutbar ist. Bei einem treuwidrig widersprüchlichen Verhalten, bei dem einerseits Nutzungsvergütung verlangt wird und andererseits dem in der Ehewohnung bleibenden Ehegatten die Nutzung des im Miteigentum stehenden Ferienhauses vereitelt wird, ist es nicht unbillig, dem weichenden Ehegatten zuzumuten, die alleinige Nutzung der Ehewohnung ohne Ausgleichszahlung hinzunehmen.

 

Normenkette

BGB § 745 Abs. 2, § 1353 Abs. 1 S. 2, § 1361b Abs. 3 S. 2

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Beschwerdewert: 3.000 EUR

 

Gründe

Die Beteiligten streiten für die Zeit des Getrenntlebens um die Vergütung für die Nutzung der früheren Ehewohnung, die sich in dem im Miteigentum der Beteiligten stehenden Haus in O1 befindet, das der Antragsgegner seit dem Auszug der Antragstellerin, der nach dem widersprüchlichen Vortrag der Beteiligten im ... 2008 nach einem im Einzelnen ... streitigen Vorfall stattfand, allein mit einer neuen Lebensgefährtin bewohnt. Der objektive Mietwert der 140 qm großen Ehewohnung beträgt insgesamt 600 EUR, was die Antragstellerin im Laufe des Verfahrens zugestanden hat, nachdem sie zunächst von 700 EUR ausging. Die Antragstellerin hat in der Zwischenzeit persönliche Sachen aus dem Haus abgeholt, eine abschließende Hausratsteilung steht aus. Inzwischen soll die Ehe nach dem Vortrag der Parteien rechtskräftig geschieden sein.

Das hälftige Miteigentum an dem Haus erwarb die Antragstellerin vom Antragsgegner mit notariellem Schenkungsvertrag vom -.-. 1994. Zur Begleichung der Finanzierungskosten des Hauses, das der Antragsgegner ursprünglich allein erworben hatte, gewährten ihm die Eltern der Antragstellerin ein zinsloses Darlehen über 90.000 DM, das der Antragsgegner in monatlichen Raten á 600 DM in der Vergangenheit vollständig tilgte.

Während der Ehezeit erfolgten am Haus verschiedene Investitionen und Instandhaltungsmaßnahmen, u.a. für Terrasse, Bad, Hoftor, Zaun und Haustür. Für diese und weitere Maßnahmen (u.a. ...) will die Antragstellerin - streitig - 60.000 DM und 5.000 EUR ausgegeben haben, während der Antragsgegner den wesentlichen Teil der Kosten gezahlt haben will. Der Antragsgegner trägt die Kosten für Wartung der Heizung, Schornsteinfeger, Brandversicherung, Grundsteuer und Gebäudeversicherung und will im April 2009 - streitig - eine Dacherneuerung durchgeführt haben, die fast 8.000 EUR (Gerüst 2.300 EUR; Ziegel 5.497,31 EUR, Abdeckplane 99,90 EUR) gekostet haben soll.

Die Beteiligten erwarben ferner das hälftige Miteigentum an einem 180 qm großen luxuriösen Ferienhaus in Land1 auf einem 740 qm großen Grundstück. Die Erstellung des Hauses erfolgte im Rahmen eines Bauträgervertrages. Hierfür zahlten die Eltern der Antragstellerin sukzessive insgesamt 480.000 DM. Das Haus wurde früher und wird bis in die Gegenwart im Wesentlichen von den Eltern der Antragstellerin genutzt. Nur zu Ferienzeiten nutzten es die Beteiligten. Eine Fremdvermietung fand nicht regelmäßig statt. Der Mietwert des Hauses ist zwischen den Beteiligten streitig. Während der Antragsgegner davon ausgeht, dass in der Hauptsaison 1000 EUR/Woche und in der Nebensaison 700 EUR/Woche zu erzielen seien, meint die Antragstellerin, dass kein Mietwert erzielbar sei und ein Nutzungswert auch nicht an einem Vermietwert berechnet werden könnte, keinesfalls sei er höher als der Nutzungswert der früheren Ehewohnung.

Die Eltern der Antragstellerin haben gegen den Antragsgegner vor dem LG Gießen (Az ...) Klage auf Rückzahlung der diesem für den Erwerb der Immobilie in Land1 überlassenen Mittel in Höhe der Hälfte von Gesamtkosten i.H.v. 323.971 EUR erhoben, die auf den Rechtsgrund der Rückgabe einer gewährten Schenkung gestützt sein soll.

Dem Antragsgegner, der inzwischen persönliche Gegenstände aus dem Ferienhaus abgeholt hat, wird von der Antragstellerin die Herausgabe eines 2. Satzes Schlüssel und damit der Zugang zum Haus verweigert. Nach ihrer Vorstellung scheidet eine Nutzung des Hauses durch den Antragsgegner vollständig aus.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das AG - Familiengericht - Büdingen hat nach wiederholter mündlicher Erörterung mit dem angefochtenen Beschluss den auf der Basis eines Mietwertes von 700 EUR errechneten Antrag auf Zahlung seit Janu...

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