Leitsatz (amtlich)

GbR: Zu den Voraussetzungen der Eintragung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters.

 

Normenkette

BGB § 2040 Abs. 1; GBO §§ 39, 47 Abs. 2; InsO § 32 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

AG Leipzig (Beschluss vom 14.07.2011; Aktenzeichen VO-641-12)

 

Tenor

Der Beschluss des AG Leipzig - Grundbuchamt - vom 13.7.2011 wird aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, auf Blatt ... des Grundbuchs von V. in Abt. 1 und zu Nr. 3a folgenden Vermerk einzutragen: Über das Vermögen des Schuldners ist durch Beschluss des AG D. vom 26.5.2011 das Insolvenzverfahren eröffnet worden (...).

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Eingetragene Eigentümer des im Grundbuch von L. V. auf Blatt ... vorgetragenen Grundstücks sind seit dem Jahr 2000 U. K. und J. G. "in Gesellschaft bürgerlichen Rechts". Über das Vermögen von U. K. ist durch Beschluss des AG D. vom 26.5.2011 das Insolvenzverfahren eröffnet worden (...). Mit am 14.6.2011 beim Grundbuch eingegangenem Schreiben beantragte das Insolvenzgericht, bei dem im Grundbuch von V. auf Blatt ... für den Schuldner eingetragenen Recht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens einzutragen. Diesen Antrag wies das Grundbuchamt durch die Urkundsbeamtin am 15.6.2011 unter Hinweis auf eine Entscheidung des OLG Dresden zurück. Gemäß § 39 GBO, § 32 Abs. 1 Nr. 1 InsO solle die Eintragung nur erfolgen, wenn der Insolvenzschuldner als Berechtigter eingetragen ist oder sich das Ersuchen gegen alle Gesellschafter der GbR richtet. Die Erinnerung des Insolvenzgerichts, das sich auf Literatur und Rechtsprechung berief, wies die Rechtspflegerin am 13.7.2011 zurück. Die Rechtslage habe sich durch die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR nicht geändert. Hiergegen legte das Insolvenzgericht mit am 29.7.2011 eingegangenem Schreiben mit ausführlicher Begründung Beschwerde ein. Dieser half das Grundbuchamt am 17.8.2011 nicht ab und legte die Sache dem OLG Dresden zur Entscheidung vor. Dieses hat den Mitgesellschafter J. G. angehört, welcher mitgeteilt hat, dass er den Beschluss des AG unterstütze.

II. Die zulässige Beschwerde, die insbesondere durch das Insolvenzgericht als antragsberechtigte Behörde eingelegt werden konnte (Demharter, GBO, 27. Aufl., § 71 Rz. 76), ist begründet. Das Grundbuchamt durfte die Eintragung des Insolvenzvermerks nicht ablehnen.

Die Frage, ob bei einem Grundstück, das im Eigentum einer Gesellschaft bürgerlichen Recht steht, im Falle der Gesellschafterinsolvenz ein auf seinen Anteil bezogener Insolvenzvermerk einzutragen ist, war vor der Anerkennung der Grundbuchfähigkeit der GbR und den nachfolgenden Gesetzesänderungen streitig. Der 3. Zivilsenat des OLG Dresden hat die Eintragung eines Insolvenzvermerks im Jahre 2002 abgelehnt (ZInsO 2002, 1031; ebenso OLG Rostock Rpfleger 2004, 94). Die Literatur war uneins (gegen Eintragungsfähigkeit: Holzer in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2008, § 32 Rz. 3g; Keller NotBZ 2001, 397 und Rpfleger 2000, 201; Schilken in: Jaeger, InsO, 2004, § 32 Rz. 8; Herzig in: Braun, InsO, 4. Aufl., § 32 Rz. 10; Schmerbach in: Wimmer, FK-InsO, 6. Aufl., § 32 Rz. 18; Hess, InsR, 2007, § 32 Rz. 16-18; Sprau in: Palandt, BGB, 70. Aufl., § 728 Rz. 2; für Eintragungsfähigkeit: Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 32 Rz. 8; Schöner/Stöber, GBR, 14. Aufl., Rz. 1635; Schmahl in MünchKomm/InsO, 2. Aufl., § 32, 33 Rz. 20; Kirchhof in: Kreft, InsO, 5. Aufl., § 32 Rz. 7; Texel in: Graf-Schlicker, InsO, 2007, § 32 Rz. 5 f.; Raebel, Grundbuchvermerke über Gesamthänderinsolvenzen, FS für Kreft 2004, S. 483 ff.). Der BGH hat zu einem im Eigentum einer Erbengemeinschaft stehenden Grundstück, welche mangels Rechtsfähigkeit nur bedingt vergleichbar ist (anders Suppliet NotBZ 2011, 331), entschieden, dass ein Insolvenzvermerk bei Insolvenz eines Miterben einzutragen ist (ZIP 2011, 212, 73; so auch OLG Dresden ZInsO 2005, 1220), weil es wegen § 2040 Abs. 1 BGB dem Schuldner ohne Eintragung eines Insolvenzvermerks möglich wäre, an gemeinschaftlichen Verfügungen über das Grundstück unter Umgehung des Insolvenzverwalters mitzuwirken, was gutgläubigen Erwerb eines Dritten gem. § 892 Abs. 1 S. 2 BGB ermöglichen würde. Zuletzt hat das OLG München (ZIP 2011, 375) den Insolvenzvermerk bei Gesellschafterinsolvenz für eintragungsfähig gehalten, um genau dies zu verhindern. Der Umstand, dass eingetragener Eigentümer nicht der Insolvenzschuldner, sondern die rechtsfähige GbR ist, stehe ungeachtet § 39 GBO nicht entgegen. Denn § 47 Abs. 2 GBO ordne neben der Eintragung der Gesellschaft auch die Eintragung der Gesellschafter an, so dass dann, wenn bei diesen Verfügungsbeschränkungen wie der Insolvenzvermerk eingetragen werden können, der Gleichklang zwischen Eintragung von Gesellschaft einerseits und Gesellschaftern andererseits im Gutglaubensschutz hinsichtlich der gesellschaftsrechtlichen Vertretungsverhältnisse (§ 899a S. 2, § 892 BGB) seine Entsprechung finde.

Diese Auffassung überzeugt. Wird die mangelnde Vertretungsmacht des insolventen Gesellschaft...

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