Leitsatz (amtlich)

1. Der Verkäufer einer Eigentumswohnung, der dem Erwerber im Rahmen der Beratung eine "Musterrentabilitätsrechnung" vorlegt, in der die Aufwendungen für den Erwerb den Einnahmen gegenübergestellt werden, verletzt seine Beratungspflicht, wenn er bei dem für den Erwerber nach Abzug von Mieteinnahmen, Steuerersparnis etc. verbleibenden Eigenaufwand nicht unmissverständlich darauf hinweist, dass dieser Aufwand sich wegen kontinuierlich ansteigender Raten von Bausparverträgen, die zur Ablösung des den Erwerb finanzierenden Vorausdarlehens dienen, in den Folgejahren erhöhen wird. Das gilt jedenfalls dann, wenn der dem Grundstückserwerb dienende Darlehensvertrag, aus dem sich das Ansteigen der Bausparraten ergibt, erst nach dem Vertrag über den Erwerb der Eigentumswohnung geschlossen wird.

2. Tritt der Erwerber einer Eigentumswohnung einem Mietpoolvertrag bei, durch den er auch das Risiko des Leerstandes anderer Wohnungen der Anlage mit übernimmt, so muss bei der Berechnung des dem Erwerb dienenden Eigenaufwandes ein angemessener Abschlag von den Einnahmen oder ein Zuschlag bei den monatlichen Belastungen erfolgen. Der Veräußerer verletzt seine Beratungspflichten, wenn eine derartige Berücksichtigung des Mietpoolrisikos unterbleibt, der Mietpool vielmehr seit Erwerb strukturell unterdeckt ist, so dass die kalkulierten Mieteinnahmen nicht erreicht werden und von einem von Anfang an unrealistischen Eigenaufwand auszugehen ist.

 

Verfahrensgang

LG Verden (Aller) (Urteil vom 24.05.2006; Aktenzeichen 8 O 154/05)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 18.07.2008; Aktenzeichen V ZR 70/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 24.5.2006 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Verden unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin zu Händen eines von der Klägerin zu beauftragenden Notars 80.651,18 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.1.2005 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abgabe folgender notarieller Erklärung der Klägerin und des Drittwiderbeklagten vor dem beauftragten Notar:

"Wir sind eingetragene Eigentümer des im Wohnungsgrundbuch des AG E. von E. BlatT. eingetragenen Wohnungseigentums, bestehend aus einem 112/10.000stel Miteigentumsanteil an dem Grundstück im Rechtssinn, Gemarkung E., Flur ..., Flurstücke ..., verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Gebäude G.-Str. ..., im Erdgeschoss links Nr. ... des Aufteilungsplanes.

Wir verpflichten uns hiermit, das vorbezeichnete Wohnungseigentumsrecht auf die K. & Co. KG, vertreten durch ihren Geschäftsführer, sowie auf H. K. zu übertragen, frei von allen Lasten in Abteilung II und III des Wohnungsgrundbuchs.

Wir erteilen hierzu der K. & Co. KG und H. K. die Vollmacht, in unserem Namen unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, die Auflassung zu erklären.

Wir erteilen unser Einverständnis mit einer Weisung der K. & Co. KG und H. K. an den unterzeichnenden Notar, den eingehenden Zahlungsbetrag zur Ablösung der in Abteilung III des Wohnungsgrundbuchs eingetragenen Grundschuld der ...-Hypothekenbank zu verwenden.

Wir bewilligen die Eintragung der K. & Co. KG und H. K. als Eigentümer unter der aufschiebenden Bedingung, dass Zahlungseingang in Höhe des durch die Klage geforderten Betrages nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.1.2005 auf dem Konto des unterzeichnenden Notars erfolgt und ein etwaig überschießender Betrag an uns auszukehren ist."

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten auch zum Ausgleich des Weiteren Vermögensschadens verpflichtet sind, soweit die im Klageantrag zu 1 näher bezeichnete Wohnung betroffen ist und der Schaden mit dem Erwerb dieser Wohnung, ihren laufenden Unterhaltskosten und einer eventuell zu zahlenden Vorfälligkeitsentschädigung zusammenhängt;

3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagten im Annahmeverzug befinden.

4. Die Klage im Übrigen und die Drittwiderklage werden abgewiesen.

Die durch die Anrufung des unzuständigen LG Aurichs entstandenen Kosten werden den Klägern auferlegt. Die übrigen Kosten beider Rechtszüge haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Gebührenstreitwert zweiter Instanz wird wie folgt festgesetzt:

Klageantrag zu 1) 80.651,81 EUR

Klageantrag zu 2) 5.000 EUR

Klageantrag zu 3) 500 EUR

Drittwiderklage(§ 45 Abs. 1 S. 3 GKG) 0 EUR

Summe 86.151,81 EUR

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt von den Beklagten aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannes, des Drittwiderbeklagten, im Wege des Schadensersatzes wegen Falschberatung die Rückabwicklung eines im Jahr 1999 geschlossenen Kauf...

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