Entscheidungsstichwort (Thema)

Zwangsvollstreckung in ein durch Arrestvollziehung gesichertes Grundstück

 

Leitsatz (amtlich)

Auch die Staatsanwaltschaft selbst hat - wie andere Gläubiger - wegen § 111h Abs. 2 S.1 StPO kein Recht auf die Eintragung einer weiteren Sicherungshypothek in das Grundbuch, wenn das Grundstück bereits durch eine Sicherungshypothek aufgrund einer Arrestvollziehung durch die Staatsanwaltschaft gesichert ist.

§ 111h Abs. 2 S.1 StPO dient der Sicherung des grundsätzlichen Vorrangs der Verletzten vor anderen Gläubigern und der Gleichbehandlung der Tatgeschädigten.

Die Vorschrift soll darüber hinaus, im Hinblick auf das Erlöschen des Sicherungsrechts nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens (gem. § 111i Abs. 1 S.1 StPO), verhindern, dass durch Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen zwischen der Arrestvollziehung und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Absonderungsrechte einzelner Gläubiger entstehen, die die Vermögensmasse zu Lasten der Verletzten schmälern.

 

Normenkette

GBO § 38; StPO § 111f Abs. 2, § 111h Abs. 2 S. 1, § 111k Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Bremen (Aktenzeichen VL58-4266-7)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 06.07.2023; Aktenzeichen V ZB 68/22)

 

Tenor

Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft [...] gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bremen - Grundbuchamt - vom 14.06.2022 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin begehrt die Eintragung einer Sicherungshypothek in Höhe von 73.495,- EUR und eines Veräußerungsverbots im Grundbuch.

Mit Antrag vom 15.03.2022, gestützt auf einen vom Amtsgericht X mit Beschluss vom 01.02.2022 (...) erlassenen Vermögensarrest, hat die Antragstellerin das Grundbuchamt um die Eintragung einer Sicherungshypothek im Höchstbetrag von 100 Tsd. EUR mit entsprechendem Veräußerungsverbot ersucht. Der in dem Beschluss des AG X vom 01.02.2022 (...) festgesetzte Ablösungsbetrag lautete auf insgesamt 173.495,- EUR. Diesem Ersuchen hat das Grundbuchamt mit Eintragung vom 11.04.2022 stattgegeben (Veräußerungsverbot in Abt. II lfd. Nr. 4; Arresthypothek in Höhe von 100 Tsd. EUR in Abt. III Nr. 7).

Mit weiterem Eintragungsersuchen vom 31.05.2022 ebenfalls auf den vorerwähnten Arrestbeschluss des Amtsgerichts X gestützt, ersucht die Antragstellerin nunmehr die Eintragung einer weiteren Sicherungshypothek (in Höhe von 73.495,- EUR).

Dieses Eintragungsersuchen hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 14.06.2022 zurückgewiesen und dazu ausgeführt, aufgrund eines bereits eingetragenen Veräußerungsverbots (in Abt. II Nr. 4) nebst Sicherungshypothek zum Höchstbetrag (Abt. III Nr. 7) sei gemäß § 111 h Abs. 2 StPO die Eintragung weiterer Vollstreckungsmaßnahmen unzulässig. Dies gelte auch, wenn sich die weiter beantragte Arresthypothek auf den gleichen Arrestbefehl beziehe. Die Antragstellerin habe in ihrem Ersuchen die Eintragung eines "weiteren" Rechts beantragt, was aus den genannten Gründen unzulässig sei. Selbst eine Erhöhung des zuvor eingetragenen Rechts sei unzulässig, weil dies dem Wesen der Höchstbetragssicherungshypothek widerspreche.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 01.08.2022 beim Grundbuchamt eingegangene Beschwerde. Das Vollstreckungsverbot des § 111h Abs. 2 StPO unterbinde nur Zwangsvollstreckungen aus Rechten, die gegenüber dem in Vollziehung des Vermögensarrests entstandenen Sicherungsrecht der Staatsanwaltschaft nachrangig seien. Andere - z.B. nach § 10 ZVG vorrangige - Vollstreckungsmaßnahmen anderer Gläubiger blieben zulässig. Erst recht seien weitere Vollstreckungsmaßnahmen der Staatsanwaltschaft zulässig.

Das Grundbuchamt hat die Beschwerde, ohne ihr abzuhelfen, dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die statthafte Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig (§§ 71, 73 GBO), insbesondere ist die Staatsanwaltschaft zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens befugt, da sie gemäß §§ 111k Abs. 1 S.1 StPO, 38 GBO für die Einreichung eines Eintragungsersuchens zuständig und berechtigt ist (vgl. dazu OLG München Beschl. v. 22.12.2017 - 34 Wx 432/17 FGPrax 2018, 68 -zitiert nach beck-online). Es handelt sich auch um eine - fristungebundene - Beschwerde gemäß § 71 GBO und nicht etwa um eine sofortige Beschwerde gemäß § 793 ZPO, denn die Entscheidung über die Eintragung einer Sicherungshypothek erfolgt im Rahmen des Grundbuchverfahrens, das Grundbuchamt wird insoweit in erster Linie als Grundbuchbehörde tätig, es handelt sich nicht um eine Entscheidung im Vollstreckungsverfahren (vgl. OLG Köln FGPrax 2008, 193 Rn. 8, OLG Zweibrücken FGPrax 2007, 162 Rn. 4, Demharter, 32. Aufl. 2021, § 71 GBO Rn. 12).

Die Beschwerde ist allerdings nicht begründet, denn die Antragstellerin hat kein Recht auf Eintragung einer weiteren (oder höheren) Sicherungshypothek.

Ein solches ergibt sich insbesondere nicht aus dem mit Beschluss des AG X vom 01.02.2022 angeordneten Vermögensarrest aus § 111 f Abs. 2 StPO, wenn auch die Arrestschuldnerin Eigentümerin des Grundstücks ist. Denn dieses ist bereits durch die erste Sicherungshypothek der Staats...

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